Im Verlauf
einer Psychotherapie ist es immer wieder sinnvoll, kritisch Bilanz zu
ziehen und sich - im Falle einer tiefenpsychologisch fundierten
Psychotherapie - unter anderem folgende Fragen zu stellen:
1. Warum hatte ich mich ursprünglich entschlossen, eine Psychotherapie
zu beginnen? Was wollte ich für mich erreichen?
Erste Motivation für
eine Therapie (nicht bei Herrn Dr. Mück): Probleme in der Beziehung.
Fragestellung: Warum schaffe ich es nicht, mich von meinem Freund zu
trennen, meinen Freund loszulassen?
Bewältigung der
häufigen traurigen Stimmungen, Unzufriedenheiten, der Situationen, bei
denen ich das Gefühl hatte, in die Ecke gedrückt zu werden (Wurmrolle)
Dann: große Angst vor
einer neuen Situation, Veränderung → stationäre Behandlung;
Beginn der Therapie
bei Dr. Mück: Nachbetreuung der stationären Behandlung; Wunsch, mit meinem
Selbstwertproblem besser umgehen zu können, meine negativen Gefühle
verstehen und dadurch bewältigen bzw. akzeptieren zu können.
2. Was habe ich durch die bisherige Therapie für mich erzielt? Was
erlebe ich jetzt anders und was mache ich bereits anders? Welche
neuen Verhaltensmöglichkeiten und Sichtweisen stehen mir jetzt zur
Verfügung?
Ganz besonders spielt
das Thema „Erwachsen werden“, sich erwachsen geben, fühlen, handeln immer
wieder eine Rolle; durch die vielen Übungen habe ich die Opferrolle/
Wurmrolle ein Stück bewältigt, weniger Ängste, abgelehnt bzw. nicht
gemocht zu werden. Das gibt mir mehr Handlungsspielraum. Ich vertrete
meine Meinung in der Regel selbstbewusster und auch für andere klarer
verständlich, was mir die Interaktion mit anderen leichter macht
Was ich als sehr schön
empfinde ist, die Tatsache, dass ich es jetzt viel leichter und
selbstverständlicher schaffe, anderen beim Gespräch in die Augen zu
schauen. Ich werte das Wegschauen der Anderen auch i.d.R. nicht mehr als
Ablehnung mir gegenüber, sondern sehe oft auch die Unsicherheit der
anderen. Insgesamt gelingt es mir, Dinge viel seltener persönlich zu
nehmen oder selbst wenn unangenehme Aussagen persönlich gemeint sind, sie
nicht als Wahrheit, sondern als Meinung eines einzelnen zu empfinden.
Eine weitere positive
Entwicklung ist die, dass ich mich nicht mehr ständig schuldig fühle (v.a.
in der Beziehung zu meinem Freund). Ich gebe mir nicht mehr ständig selbst
die Schuld, wenn wir Streit haben, sondern sehe aus dem Abstand, dass mein
Freund eben auch seine Probleme hat und darauf mit Aggressionen reagiert,
die er oft an mir ablässt.
Weitere Thematik:
Loslassen – kann ich schon besser, fällt mir aber immer noch schwer. Gut
waren die Übungen, dass ich mich einfach mal von einigen sachlichen Dingen
getrennt habe. Insbesondere aber der Aspekt, dass ich auch meine
Probleme, kreisenden Gedanken loslassen kann wie einen Gegenstand hat mir
sehr geholfen, in vielen Situationen souveräner zu agieren.
Neue für mich zentrale
Thematik:
Achtsam sein – heißt insbesondere auch: auf mich selbst
aufpassen; im Zusammenhang mit dem sich entwickelnden Gefühl „ich bin
etwas wert“ ergänzt sich das gut; „Ich bin es wert, mit mir selbst achtsam
zu sein.“ Das überträgt sich dann automatisch auch auf andere.
Schön ist, dass ich
mich in vielen Situationen mittlerweile
selber coachen kann.
Zum selbst Coachen
gehört dabei ein riesiges Verhaltensrepertoire oder eher
„Bilderrepertoire“; jedes hat zu seiner Zeit seinen Stellenwert:
- das Bild mit den
Spiegelnervenzellen
(hier fehlt mir noch der zweite Textteil.. wollten Sie mir geben, wenn ich
so weit bin… Bin ich das jetzt?) – hierfür war es wichtig, Situationen aus
der Vergangenheit genauer zu beleuchten, um das Anspringen der
Spiegelnervenzellen in der jeweiligen Situation identifizieren zu können.
- das
Bild
mit den blauen und den roten Gehirnzellen – die blauen als Pferde, die
roten als Kutscher
- das Spiel mit dem Ball: „Sprich von Herzen und fasse dich kurz.“ – hilft
besonders in Situationen, bei denen ich Gefahr laufe, zuviel zu reden…
- das innere Parlament, das ich aber immer weniger bewusst befleißige
- das Bild mit den Wachtürmen – erst mal nachschauen, prüfen, ob die
andere Person Dinge wirklich so sieht wie ich das meine…. Hierbei hat
natürlich das
Anti-Scham-Training besonders geholfen. Durch dieses Training
traue ich mich jetzt insgesamt öfter nachzufragen….
3. Inwieweit hat sich mein Befinden geändert?
Insgesamt grübele ich
viele weniger; hänge nicht mehr so oft durch, gehe negative Stimmungen
offensiver und konstruktiver an und fühle mich viel seltener traurig
Außerdem gehe ich
öfter offensiv auf Menschen zu, lächele Sie an, ohne das Dauergefühl, dass
meine Sympathie nicht auf „Gegenliebe“ stößt. Ich gebe mich in Beziehungen
„gleichberechtigter“, ordne mich seltener unter… Leider sind die
alten
Verhaltensmuster noch (auch so ein Wort, das ganz wichtig
für mich geworden ist) ein wenig vorhanden, aber das nimmt
beständig ab und ich schaffe es leichter, diese zu identifizieren, zu
benennen und damit die negativen Gefühle zu beeinflussen
4. Wie erkläre ich mir mittlerweile, warum und wie ich zu dem Menschen
geworden bin, der ich heute bin?
Mein
geringes Selbstwertgefühl resultiert aus ganz vielen Erfahrungen
von Ablehnung und Abwertung; trotzdem habe ich das große Glück, dass ich
mich durch meine Eltern geliebt fühle, wenn auch nicht immer akzeptiert.
Ich glaube, daher habe ich ein grundlegendes Gespür dafür entwickelt, was
mir gut tut und kann das jetzt auch einsetzen, wenn ich mich selber
coache.
Meine Kind- und
Opferrolle war für mich jahrelang ein Rückzugspunkt. Ich glaube, dadurch
musste ich keine Verantwortung für mein Verhalten übernehmen oder viel
mehr dafür, was mit mir gemacht wurde. Ich habe das dann einfach
akzeptiert. Außerdem war das Verhalten gestützt durch die verschiedenen
Sorgen v.a. meiner Mutter; Verlustängste, Berührungsängste mit Neuem/
Unbekanntem
5. Welche Ereignisse und Personen haben im Rückblick eine besondere Rolle
in meinem Leben gespielt ( Kindergarten, Schule, Beruf, Unfälle,
Krankheiten, Geschwister, Großeltern, Tanten, Onkels)? Warum waren diese
für mich so bedeutsam?
Als erstes fällt mir
da immer mein Bruder ein, der mit seinen jahrelangen Entwertungen
sicherlich einen großen Effekt auf mein Selbstbewusstsein hatte.
Zusätzlich habe ich ihn dabei auch immer noch bewundert, wollte ihm
nacheifern statt mich abzugrenzen.
Meine Mutter hat durch
ihr ständigen Sorgen, was alles passieren könnte, wenn … viele mir
wichtige Bedürfnisse nicht unterstützt und wahrgenommen. Ich glaube, sie
hat ihre eigenen Vorstellungen, wann eine Frau glücklich ist und vergisst
dabei die Individualität…. Insbesondere im sportlichen Bereich/
Bewegungsbereich war sie immer besorgt, wir könnten uns was brechen….
Mein Opa war für mich
lange Zeit eine Person, die mich getröstet hat, wenn ich traurig war.
Insgesamt habe ich
mich über lange Strecken sehr allein und unverstanden gefühlt, was
sicherlich typisch ist in der Pubertät. Trotzdem hatte das auf mich wohl
eine selbstbewusstseinsmindernde Auswirkung
Eine Freundin, die ich
seit Kleinkindzeiten kenne und zu der immer eine
„Konkurrenzfreundschaft“ bestanden hat. Diese Freundin hat mit ihrer
älteren Schwester ähnliche Erfahrungen wie ich mit meinem älteren Bruder –
wir haben damals wohl beide unsere Strukturen in diese „Freundschaft“
mitgebracht und eine Art „Hassliebe“ aufgebaut. Bekanntes Muster……
Eine Mitschülerin, die
durch ihre Art „Gift zu versprühen“ (zumindest nach meinem Empfinden) viel
dazu beigetragen hat, dass ich mich in vielen Kreisen unwohl und gänzlich
unattraktiv gefühlt habe.
Eine Schulfreundin,
mit der ich dann auch im Studium zusammengewohnt habe, war eine der
ersten, von der ich mich dann mal verstanden fühlte – leider hat das
direkt zu einer Art „Abhängigkeit“ geführt, v.a. da meine Mutter aus Angst
um mich alles daran gesetzt hat, dass ich weiter in einer Wohnung mit ihr
zusammen wohne.
Diese Abhängigkeit
ging dann bei meinem Freund weiter. Ihm verdanke ich einerseits ganz viele
neue Impulse und Anregungen, die mein Selbstbewusstsein stärken/ gestärkt
haben, andererseits gibt er mir durch seine Reaktionen aber auch immer
wieder das Gefühl der Unzulänglichkeit.
Eine Freundin, die ich
nach der Ausbildung kennengelernt habe. Auch von ihr habe ich mich
irgendwie zeitweise abhängig gefühlt, habe alle meine Probleme mit ihr
ausführlich besprochen und mich dabei im Kreis gedreht. Schön ist, dass
ich im Laufe der Therapie dieses Verhalten innerhalb der Freundschaft
ändern konnte. Diese Freundin hat mir immer das Gefühl gegeben, ihr auch
wichtig zu sein und von ihr „wertgeschätzt“ zu werden.
Eine weitere Bekannte,
die eine für mich ganz ungesunde Mischung von Eigenschaften in sich trägt
– übertriebenes Pflichtbewusstsein, Kontroll“zwang“(→ sehe ich so…) aber
auch im privaten etwas Umsorgendes. Dass der Einfluss so groß war, habe
ich erst gemerkt, als der Kontakt nachließ und ich dieses als Befreiung
wahrgenommen habe – ich befürchte, ich habe sie in eine Art „Mutterrolle“
gesteckt….. Dadurch habe ich mich selber aber dann auch immer blockiert….
Ich könnte noch viele
weitere Personen nennen, aber ich stelle immer wieder ähnlich Mechanismen
fest. Eigentlich ist das ja gut, da ich diese dann ja ganz konkret weiter
angehen kann.
6. Weshalb erscheint es mir sinnvoll, die Therapie fortzusetzen bzw. sie
zu beenden? Was verspreche ich mir davon? Was genau möchte ich für
mich selbst noch erreichen? Was möchte ich künftig können?
Ich möchte die
Therapie noch fortsetzen, aber durchaus weiter im 4-Wochen-Rhythmus, da
mir ihre Rückmeldung bzgl. meines Eigencoachings noch sehr gut tut. Ich
befürchte, dass ich bei einer zu frühen Beendigung nicht gefestigt genug
bin, um das Gelernte dauerhaft für mich zu behalten bzw. umzusetzen.
Außerdem möchte ich in der Beziehung zu meinem Freund, aber auch zu
Männern allgemein noch freier werden. Frei, selbst zu entscheiden, ob ich
bleiben möchte, freier beim Flirten, ohne das Gefühl zu haben, evtl.
abstoßend zu wirken (auch da habe ich als Teenie ja einige unangenehme
Erfahrungen gemacht..)
Ein Ziel, dass ich
noch nicht erreicht habe, ist in Diskussionen (v.a. mit meinem Freund)
meine Meinung frei zu bilden (!!), äußern und zu vertreten. Es
gibt natürlich immer auch noch andere Situationen, bei denen ich meine
Meinung nicht so vertrete wie ich mir das von mir selbst wünsche, aber
insgesamt geht das schon immer besser.
Es ist mir ganz
wichtig, dieses zu lernen, auch gegen emotionale Widerstände und die Angst
vor dem Ende der Beziehung bestehen zu können. Ich denke, dass ich
insgesamt schon gelernt habe, besser meine Meinung zu vertreten,
aber irgendwie ist in stark „(Verlust)-Angst“(?) besetzen Situationen noch
der Wurm drin…
Wahrscheinlich ist das
mal wieder eine Wechselwirkung: in Situationen bestehen und Verschwinden
der Angst. Lassen sich solche Situationen auch im Therapeutengespräch
üben? Das wäre ein großer Wunsch meinerseits!!!
Wenn ich mir das so
durchlese, stört mich immer noch, dass ich meine Gedanken immer noch so
sehr auf „den einen Partner“ konzentriere, der in der Lage ist mein
Gefühlsleben zu bestimmen, Eine noch größere innere Autonomie würde ich
mir in dieser Hinsicht auch noch wünschen.
Ich würde mir für eine
weitere Sitzung wirklich nochmals wünschen, über mein Verhältnis zu und
mein Gefühl gegenüber Männern, die ich attraktiv finde, zu sprechen. Mir
scheint bei näherem Überlegen, dass ich da immer noch nicht die
erwachsene, selbstbewusste Frau bin, die auf vielen anderen Ebene schon
einen großen Teil meiner Persönlichkeit ausmacht.
7. Welche Stunden, Erlebnisse, Erkenntnisse und Sichtweisen in der
Therapie waren besonders bedeutsam? Worauf bin ich besonders stolz? Wovon
wünsche ich mir in der Therapie noch mehr?
Da gibt es so vieles –
die ganze Therapie kommt mir vor wie ein großes Puzzle, wo eins zum
anderen gehört und sich v.a. eins aus dem anderen entwickelt. Meine ganz
spontanen Einfälle:
Bilder: blaue und rote
„Gehirnzellen“; meine kleine Welt; Bild mit den Wächtern im Turm
Erkenntnisse:
verstehen, was Erwachsensein und sich erwachsen verhalten bedeutet und
damit bewusst umzugehen und das auch umzusetzen
Erlebnisse:
Anti-SchamTraining; Urkunde „Lizenz zum Verrücktsein“; Boxen; als Coach
mit Ihnen über unsere gemeinsame Klientin zu sprechen (Distanz)
Sichtweisen: der
innere Coach (für mich eine Weiterentwicklung des inneren Parlaments) und
die Achtsamkeit
Ich frage mich gerade,
worauf ich stolz bin… eigentlich vor allem darauf, dass ich es (mit ihrer
Hilfe) geschafft habe, mich viel seltener gehen zu lassen, öfter meine
Meinung zu sagen, von Ihnen die Lizenz bekommen zu haben… es sind aber die
ganzen kleinen Alltagssituationen, die ich jetzt besser bewältige, auf die
ich stolz bin und das mache ich mir auch immer wieder klar
Ich glaube, besonders
stolz bin ich darauf, mich mittlerweile wirklich erwachsen zu fühlen und
mich in der Regel auch so zu verhalten
Noch mehr…. ? –
Besonders geholfen haben mir die praktischen Dinge (Boxen) – vielleicht
gibt es da ja noch mehr…. Ansonsten sollte ich (unabhängig von der
Therapie) vielleicht öfter mal Anti-Scham-Übungen in meinen Alltag
einfließen lassen.
8. Was hat mir an der Therapie bzw. dem Therapeuten missfallen? Was
könnte man noch ändern? Worauf habe ich meinen Therapeuten noch nicht
angesprochen?
Tja, ich komme mir
jetzt ziemlich unkritisch vor…. Mir fällt nicht wirklich viel ein, was mir
missfallen hätte. Zu Anfang hatte ich ja das Gefühl, sie machen mir zu
viel Druck, aber selbst das war ja im Nachhinein betrachtet ganz gut, da
mir dadurch klar wurde, dass diese Therapie auch Arbeit ist…. Außerdem
haben Sie sich dann ja auch mit besserem Kennenlernen auf mich stärker
eingestellt, so dass ich die ganze Therapie doch als sehr individuell
empfinde bzw. empfunden habe….
Angesprochen habe ich
Sie auch meistens auf alles… Ich glaube wirklich, dass ich mein Verhältnis
zu Männern noch mal entkrampfen möchte. (s. unter 6.). Außerdem möchte ich
die Betrachtung von Situationen von außen, das „mich selbst beobachten“
weiter üben. Und vielleicht geht das ja mit einem Konflikttraining noch
mal …
9.
Was konnte ich in der Therapie darüber lernen, wie ich mich in Beziehungen
verhalte? Inwieweit bin ich mit meinem Therapeuten ähnlich umgegangen, wie
ich mit anderen Menschen umgehe?
GANZ neu in der
Therapie war wirklich die Reflexion meines „Kind-Verhaltens“, das ich ja
auch Ihnen gegenüber oft gezeigt habe, Leider ertappe ich mich immer noch
manchmal bei der Anwendung meiner Piepsstimme, aber i.d.R. habe ich das
ganz gut im Griff und merke es auch oft!
Vielleicht auch die
nicht immer ganz pünktlichen Feedbacks ihnen gegenüber sind ein Zeichen,
wie ich mich in Beziehungen allgemein verhalte. Es tut mir leid, wenn Sie
sich Sorgen gemacht haben (wie z.B. beim letzten Mal) – da war ich dann
wohl etwas gedankenlos; bin ich manchmal auch in anderen Beziehungen, z.B.
bei Geburtstagsgratulationen… Ein bisschen anders möchte ich meine
Prioritäten da noch setzen und bewusster entscheiden, statt mich in eine
Situation zu stürzen.
Ich habe auch in der
Therapie – vor allem am Anfang - das Gefühl gehabt, dass ich von Ihnen
gemocht werden möchte. Dadurch habe ich einige Situationen erstmal nicht
erzählt, die mir unangenehm waren/ sind.
Ich glaube aber schon,
dass ich Ihnen gegenüber immer ehrlich war. Das haben Sie mir aber auch
immer leicht gemacht…. Das ist sicherlich in anderen Beziehungen manchmal
schwieriger. Aber ich bemühe mich insgesamt schon sehr um Ehrlichkeit.
Im übrigen würde mich
bei dieser Frage auch IHR Statement interessieren. |