Menschen mit seelischen Problemen neigen dazu, vieles nur aus der
„Innenperspektive“ zu erleben. Weil es dort (vorübergehend) dunkel ist,
glauben Sie, dass die ganze Welt in Dunkelheit versinkt. Weil Sie sich
selbst nicht helfen können, vermuten Sie, dass Ihnen generell nicht mehr
zu helfen ist. Wollen Sie nicht auch Ihre eigene Gesundheit (Ihr
Funktionieren in der Welt) fördern und sich in sozialen Beziehungen noch
kompetenter verhalten? Dann sollten Sie es sich zur Regel machen, das
gleiche Geschehen nicht nur aus der Innen-, sondern möglichst immer auch
aus der Außenperspektive zu betrachten (von der es immer unzählige
Varianten gibt!). Phantasieren Sie einmal, Sie wären ein neutraler
Berater, der Sie kritisch, aber wohl gesonnen im weiteren Leben
begleitet. Stellen Sie sich dazu zwei Stühle vor: einen für sich und
einen für den Berater. Setzen Sie sich auf den Berater-Stuhl und
sprechen Sie aus dieser Position zu sich selbst. Auch folgende Phantasie
ist manchmal nützlich: Stellen Sie sich vor, sie schwebten wie ein Vogel
in deutlichem Abstand über sich. So haben Sie die Gelegenheit, in Ruhe
die gesamte Szene zu betrachten und sich darüber zu wundern, was sich da
so an Erstaunlichem unter Ihnen abspielt. Ein solches Gedankenexperiment
kann regelrecht „beruhigen“ und zeigt im wahrsten Sinne des Wortes neue
Perspektiven auf.
Sich selbst
begleiten
Menschen, die alles nur
aus einer – nämlich meist der inneren - Perspektive sehen, sind oft sehr
einsam. Ihnen fehlen gleichsam verinnerlichte Stimmen (ehemals äußere
„Eltern“ oder „Lehrer“), die Ihnen verdeutlichen, dass man den gleichen
Sachverhalt oder ein bestimmtes Problem, durchaus auch anders sehen und
verstehen kann. Das muss nicht so bleiben. Üben Sie sich darin, zu Ihrem
eigenen Begleiter zu werden, der Ihre Gedanken, Handlungen und Gefühle
wohlwollend-kritisch aus einer Außenperspektive kommentiert. In diese
Außenperspektive sollten möglichst immer auch die Erlebnisweisen anderer
Menschen und deren Lebenssituation wie auch die momentane
gesellschaftliche Lage einfließen.
Sich in
andere versetzen
Manchen Menschen fällt
es schwer, vorübergehend zu sich selbst „auf Distanz zu gehen“, sprich
„aus der eigenen Haut“ zu schlüpfen und neben sich zu treten. In solchen
Fällen ist es hilfreich, sich eine Person auszusuchen, zu der man großes
Vertrauen hat. In der Phantasie kann man sich dann fragen, wie man in
einer bestimmten Situation wohl von dieser Person gesehen und welche
nützlichen (durchaus kritischen) Rückmeldungen man von ihr erhalten
würde. Noch günstiger ist es, sich einen „neutralen Berater“
vorzustellen und in diesen zu schlüpfen, da Freunde ja für einen selbst
Partei ergreifen und deshalb aus Rücksichtnahme mitunter nützliche
Kritik unterlassen.
Psychotherapie („Coaching“) nutzen
Nicht jedem fallen die
beiden vorgenannten Übungen leicht, vor allem wenn sie einem nie
vorgelebt wurden. Diese Lücke lässt sich durch Psychotherapie bzw.
Coaching füllen. Bei beiden Angeboten übernimmt ein professioneller
Berater vorübergehend die Aufgabe, Ihnen „von außen“ Rückmeldungen zu
Ihrer Person zu geben.
Über sich
selbst schmunzeln können
Humor ist eines der
genialsten Mittel, um zu sich selbst eine heilsame Distanz herzustellen:
Wer über sich schmunzeln kann, ist schon weit davon entfernt, alles nur
verbissen aus der Ego-Perspektive zu betrachten und zu erleben.
Humorvolle Menschen sehen immer mehrere Möglichkeiten (davon lebt
Humor). Sie sind daher meist freier und dadurch kreativer und
glücklicher.
In die
Zukunft reisen
Wer sich gedanklich in
die Zukunft versetzt (z.B. in ein Alter von 70 Jahren) und fragt, wie er
von diesem Standpunkt die heutige Situation (z.B. Alter 35 Jahre)
beurteilen würde, muss dafür zwangsläufig aus der momentanen Haut
schlüpfen. Eine der heftigsten Varianten dieser Übung besteht darin,
eine Grabrede über das eigene Leben zu verfassen (mit der Frage: Was
möchte ich, dass ein anderer bei meiner Beerdigung über mich sagt?).
Diese Aufgabe hat schon manchem geholfen, „Verrücktes“ wieder ins Lot zu
rücken.
Tagebuch oder
Briefe an sich selbst schreiben
Auch diese Übungen
erleichtern es, die „Außenperspektive“ einzunehmen und sich einmal
selbst klaren Wein einzuschenken. Tagebücher ähneln „inneren Fotoalben“,
da sie mögliche Entwicklung en abbilden. Nutzen Sie möglichst beide
Techniken.
Verantwortung
übernehmen