Lieber Herr Dr. Mück,
ich hoffe, Sie hatten ein
schönes Wochenende.
Danke für die hilfreiche
Anmerkung, dass es Hänger geben darf. Dadurch fällt mir das momentane
Aufwachen mit negativen Gedanken leichter, denn spätestens nach dem ersten
Kaffee sind diese fast immer verschwunden.
Ein wenig komme ich mir
von Ihnen ausgetrickst vor. Dies ist aber 100% positiv gemeint.
Durch die Geburt des
inneren Coach kann ich mich nicht mehr verstecken. Diese Ehrlichkeit fällt
mir nicht ganz leicht. Zum Umgang mit Hilflosigkeit sage ich irgendwann
einmal mehr.
In der länger
zurückliegenden Vergangenheit war es manchmal eine Entlastung, die
Verantwortung abzugeben. Jetzt ist es so, dass ich das Werkzeug habe und
nicht mehr behaupten kann, dass ich es nicht kenne. Vielleicht ist es wie
mit dem Fahrradfahren. Wenn ich es einmal gelernt habe, kann ich nicht mehr
behaupten, dass ich es nicht kann. Was mich tröstet, dass ich das
Fahrradfahren auch nicht von Beginn an beherrschte und es auch mit großem
Können noch zu Unfällen kommen kann.
Noch nie habe ich mich so
auf die Spritzen gefreut. Da noch größere Komplikationen befürchtet
werden, kommt es nicht zu einer Kurznarkose. Prof. F. meinte, dass ich es
auch ganz ohne Medikamente probieren könnte. Mit der Vorstellung geht es
mir nicht gut. Letzte Nacht hatte ich sogar einen Alptraum.
Wenn ich nicht mit Ihnen
darüber gesprochen hätte, würde ich mich wahrscheinlich genau wie die
letzten Male verhalten. Ich gebe zu, dass diese Alternative noch immer in
meinen Gedanken ist. Es erscheint mir die einfachste Lösung. Nun möchte
ich Ihnen aber auch nicht das nächste Mal gegenübersitzen und sagen, es
ist eben wieder passiert, sondern ich will etwas anders machen. Zerrissen
ist wohl der treffendste Ausdruck für meine Gedanken- und Gefühlswelt. Ich
weiß, dass Sie mir auch nicht die Lösung liefern können. Die Spannung baut
wird sich über die nächsten Tage aufbauen. Erst ist es die Angst, ob und
wie viele Eizellen sich entwickelt haben, dann die OP, die Ergebnisse der
Befruchtung gefolgt von der Entwicklung, schließlich der Transfer und die
Wartezeit auf das Endergebnis. Ich habe Angst vor der Belastung, momentan
spüre ich diese sehr real.
Eigentlich möchte ich Sie
um etwas bitten, möchte Sie aber nicht noch mehr beanspruchen, als ich
dies bis jetzt schon gemacht habe. Auch auf die Gefahr hin, dass Sie es
ablehnen, möchte ich es versuchen. Ich möchte gerne gezielt den inneren
Coach in der Zeit der Behandlung einsetzen. Dies möchte ich machen, indem
ich mir Zeit dazu nehme mich auf einen extra freigeräumten Stuhl setze und
die Situation von Frau X. vorstelle. Dazu brauche ich kein Feedback von
Ihnen, nur die Gewissheit, dass ich es nicht nur für mich mache. Ich
möchte dadurch sicherstellen, dass ich nicht ohne nachzudenken wieder
"etwas" mache. Würde ich es nur für mich niederschreiben, hätte es keine
Konsequenzen für mich, denn dann habe ich das Wissen nur mit mir geteilt.
Ihnen werde ich aber irgendwann gegenübersitzen und auch wenn Sie mich
dafür nicht verurteilen oder bestrafen würden, so würden Sie es aber
wissen. So, jetzt ist es raus und es geht schon etwas besser.
Letztes Wochenende habe
ich mir unsere bisherige Korrespondenz angesehen und war sehr positiv
überrascht, was sich verändert hat. Was ich auch gesehen habe, dass ich
Sie sehr gefordert habe. Ich möchte, dass Sie wissen, dass ich Ihr
Engagement keinesfalls als selbstverständlich ansehe, sondern mir dessen
immer wieder aufs Neue gewahr werde.
Viele Grüße
X.Y.
Liebe Frau X.,
danke für das
hervorragend ergänzte Sitzungsprotokoll, das jetzt aus sich heraus (also
ohne besondere Vorkenntnisse) verständlich erscheint. Danke für Ihre Mühe.
Sie haben richtig
verstanden, dass ich Sie mit dem "inneren Coach" nicht "austricksen"
wollte - die Zeit war einfach reif für seine Geburt (das ist auch ein
wenig die Kunst der Psychotherapie: den richtigen Moment für die richtige
Intervention zu finden). Ich froh, dass Sie mir dies auch erleichtern.
Warum muss sich denn eine
Spannung über die nächsten Tage aufbauen? So mag es ja in der
Vergangenheit gewesen sein, aber das heißt nicht, dass es erneut so sein
muss: Sie und Ihr Coach haben die Entwicklung durchaus in der Hand. Nach
wie vor gilt mein (therapeutischer) Wunsch: Setzen Sie sich an Ihre
Dissertation und schreiben Sie weiter erste Anläufe, wann immer ein
Schatten oder Zweifel sich im Horizont zeigen will.
Bei unserem nächsten
Treffen, sollten wir unbedingt das Thema "Vertrauen" vertiefen (auch wenn
es dafür keine so geniale Intervention wie den inneren Coach gibt). Hier
lautet die Lösung: Vertrauensvolle neue Erfahrungen, die mit den alten
nicht nur in Konkurrenz treten, sondern irgendwann diese auch "in Pension
schicken" können.
Und vielleicht das
Wichtigste: Gerne nehme ich Ihre Bitte an, mir Ihre Dialoge mit dem
inneren Coach schicken zu dürfen. Ich werde diese alle sorgfältig lesen
und Ihnen zumindest den Eingang bestätigen, so dass Sie sicher sein
können, dass der Coach "nicht umsonst" arbeitet.
Sehr gefreut hat mich,
dass Sie unsere Korrespondenz noch einmal durchgelesen haben (das machen
viel zu wenige meiner Patienten, obwohl in dieser Korrespondenz Schätze
stecken). Wenn Sie möchten - und vielleicht motiviert das sogar mehr als
die Einladung zum Schreiben an der Dissertation - können Sie sich jetzt
schon an eine Aufgabe machen, die ich Ihnen ohnehin in nächster Zeit
anbieten würde: Verfassen Sie eine erste "Zwischenbilanz" unserer
Zusammenarbeit oder genauer gesagt Ihrer Entwicklung. Stellen Sie sich
dabei vor, Sie wären der innere Coach, der bei der Versicherung einen
Verlängerungsantrag stellen und dabei die Entwicklung der Patientin
beschreiben und den noch zu bewältigenden Weg skizzieren muss. Bei dieser
Übung würden Sie unsere rund 9-monatige "Leistung" (auf die Sie wirklich
stolz sein können) auf den Punkt bringen. Schreiben Sie lieber mehr als
weniger. Dieses Dokument wird Sie lebenslang begleiten und kann Teil eines
"Notfallplans" werden (= wichtige Information zum Nachlesen).
So viel für heute. Zum
Umfang unserer Korrespondenz: Ich glaube auch, dass Sie die Patientin
sind, mit der ich bislang die intensivste schriftliche "internetgestützte
Psychotherapie" realisiert habe. Ich bin mir fast sicher, dass es eine
Ausnahme bleiben wird, weil sich ein derartiger Einsatz nur beschränkt
neben der "Standardarbeit" leisten lässt. Jedenfalls engagiere ich mich
gerne für Sie, weil ich Sie sehr schätze.
Viele Grüße
Dr. H. Mück
Lieber Herr Dr. Mück,
vielen Dank für ihre
aufbauende Mail. Klar mache ich mich an die Zwischenbilanz. Eigentlich
hatte ich Angst davor, aber nachdem ich letztes Wochenende unsere
Korrespondenz las, brauche ich die eigentlich nicht zu haben. In einer
Situation sehr starker Anspannung habe ich heute den inneren Coach das
erste Mal eingesetzt. Jetzt fühle ich mich leichter.
Viele Grüße
X. Y.
Bericht von inneren Coach
Frau X. hat mich heute zu
Rate gezogen. Sie berichtet davon, dass sie sich derzeit nur schwer
entspannen kann. Sie hängt teilweise in einem Grübelzwang fest und hofft,
dass alles schon vorbei wäre.
Eigentlich kann sie heute
stolz auf sich sein, denn sie konnte in einer schwierigen Situation mit
einem Kunden durch Faktenkenntnis für das gesamte Team punkten. Sie wurde
von Kundenseite mit sehr vertraulichen Daten bedacht und wurde bereits
letzte Woche zu einer Strategiesitzung für das untersuchte Medikament
eingeladen. Für dieses Projekt war es das höchste Ziel. Frau X. fällt es
"noch" schwer, dies auf der Habenseite zu verbuchen, sondern sieht sich
von der Angst der bevorstehenden OP gefangen. Insgeheim hat sie mir
verraten, dass sich sehr auf das Gruppengespräch morgen freut, aber die
Sorgen empfindet sie als übermächtig. Sie hat Angst und fühlt sich
ausgeliefert. Sie hat Angst, dass sie wieder versagt.
Der lange Spaziergang
brachte Erleichterung, doch die Anspannung kam schnell zurück. Ich habe
ihr geraten, sich auf den morgigen Tag mit der Fokusgruppe und das
Strategiegespräch am Donnerstag zu konzentrieren. Sie sollte sich
möglichst viel beschäftigen und ihren Grübelzwang besser auf die Promotion
richten. Ich hoffe, dass sie diese Tipps weiterbringen, denn die
ansteigende Verzweiflung ist zu spüren. Mich erstaunt aber immer wieder,
wie sie diese Sorgen bei den beruflichen Herausforderungen ausblenden
kann.
Ich denke, dass das
Gespräch mit dem inneren Coach geholfen hat - zumindest für den heutigen
Tag.
Lieber Kollege-Coach,
Kompliment zu Ihrer
feinfühligen Begleitung von Frau X. Worüber grübelt denn Ihre Klientin so
dauerhaft? Haben Sie Ihr die Technik mit den Alternativgedanken noch nicht
schmackhaft genug machen können?
Hat Frau X. denn auf
Ihren Vorschlag angesprochen, sich lieber mehr mit der Promotion zu
beschäftigen?
Aus meiner Sicht können
Sie Ihrer Klientin ruhig noch mehr positive Rückmeldungen zu Ihren
beruflichen Leistungen geben, denn auf diesem Auge ist sie wohl immer noch
betriebsblind bzw. (völlig unnötig) defizitorientiert. Außerdem scheint
Sie Ihre "Versagensangst" von privaten Erfahrungen (wo sie ihre Impulse in
früheren Zeiten tatsächlich nicht so gut im Griff hatte)
unverständlicherweise auf Berufliches zu übertragen, wo sie doch in vielen
Jahren schon durchweg eindrucksvolle Leistungen erzielt hat und alle Welt
mit ihr sehr zufrieden ist. Vielleicht sollten Sie morgen ein wenig mit
Frau X. im Anschluss an das Z-Gruppengespräch feiern gehen.
Mit herzlichen
kollegialen Grüßen
Ihr Dr. H. Mück
Hallo Coach-Kollegin,
wie
lief die Z-Gruppensitzung? Wie entwickelt sich unser gemeinsamer
Schützling?
Kollegiale Grüße
Dr.
H. Mück
Lieber Herr Dr. Mück,
über
Ihre Nachfrage freue ich mich ganz besonders. Die Technik der
Alternativgedanken ist ihr leider „noch“ nicht so vertraut. Vorteilhaft
ist, dass sie die letzten Tag sehr eingespannt war und deshalb kaum Zeit
zum grübeln hatte. Jetzt auf das Wochenende hin könnte es wieder mehr
werden. Ich werde ihr die Promotion noch einmal an Herz legen. Vielleicht
sollte ich sie bitten, bis zur OP ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Gerade habe ich mich mit Frau X. zusammengesetzt. Sie ist ziemlich
erschöpft von der Strategiesitzung und auch das Z-Gruppengespräch mit
anschießenden Abendessen ging sehr lange.
Es
ist nicht ganz einfach, Details aus ihr herauszubekommen, vor allem wenn
es um wertende Beschreibungen geht. Daraufhin habe ich sie gefragt,
welches Feedback ihr Kollege der gegeben hat. Er meinte, dass er ohne sie
ganz schön aufgeschmissen gewesen wäre. Ein wenig überrumpelt war sie
angesichts der Tatsache, dass allen drei Ärzten ein Wirkmechanismus nicht
bekannt war und sie diesen spontan erklären musste. Die drei Berater,
davon ein PD, lauschten ganz gespannt und es gab anschließend sogar noch
Nachfragen. Berührt war sie angesichts der Tatsache, dass Typen von
Müttern beschrieben wurden und sie sich vorstellte, in welchen Typus sie
irgendwann einmal eingeordnet wird. Der Gedanke, demnächst vielleicht
Mutter zu sein, beschäftigte sie, aber angenehm.
Heute gab es zu Beginn des Tages wieder ein wenig Panik angesichts der
näher rückenden OP und sie wünscht sich, dass sie zumindest ein wenig
„nachhelfen“ darf angesichts ihrer Angst. Daher wünscht sie sich einen
Vorschlag, wann und wie viel sie einnehmen dürfte. Ich kenne mich hier
nicht so gut aus und weiß, dass Frau X. dazu neigt, in solchen Situationen
viel zu viel zu sich zu nehmen. Hätten Sie hier vielleicht einen Rat?
Dennoch hat sie mir von Gedanken berichtet, dass sie sich zutraut, dass es
nächste Woche nicht eskalieren wird. Morgen wird sie ein Gespräch mit dem
Narkosearzt haben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es keine Kurznarkose
geben wird. Angst hat sie vor dem Kontrolltermin morgen, weil sich dann
erst herausstellt, ob sie überhaupt genügend Einzellen produziert hat.
Leider denkt sie noch immer, dass für das Ergebnis verantwortlich ist.
Zur
Promotion ist sie aus Zeitgründen nicht gekommen, da für heute die
Strategiesitzung anstand. Momentan ist sie sehr erschöpft und sie wollte
sich garnicht dazu äußern, aber wieder habe ich sie um die Kommetare ihres
Kollegen gebeten. Sie möchte sie eigentlich nicht weitergeben, weil sie
nicht prahlen möchte und es ihr tendenziell leichter fällt, über Negatives
als über Positives zu berichten. Durch das gute Vertrauensverhältnis
berichtete sie mir schließlich doch von Aussagen ihres Kollegen: Er
meinte, dass sie die einzige im Raum mit 12 Personen war, die so gut über
das Medikament und die Stärken und Schwächen Bescheid wusste. Die Leiterin
der Geschäftseinheit hatte bei ihren Ausführungen ungläubige, aber
positive Blicke. Innerhalb von 3 Stunden wurde das gesamte Produkt
besprochen und anschließend eine Positionierungsstrategie verabschiedet.
Frau X. traute sich ohne Probleme, dem Außendienstleiter zu widersprechen,
da sie selbst kleinste Details kannte, wie bspw. die
Anwendungsbeschreibung, den Wirkungseintritt, die Halbwertzeit und die
Vorteile zu anderen Präparaten. Dabei überrumpelte sie die Anwesenden
nicht, sondern bezog jeden mit seinen Argumenten ein. Alle Substanzklassen
hatte sie im Kopf, konnte sie problemlos aussprechen und sogar
vergleichen. Ihr selbst ist das Wissen garnicht aufgefallen. Wieder einmal
musste sie von der Sitzungsleiterin und ihrem Kollegen daraufhin
angesprochen werden. Was mir Frau X. aber eingestand, dass es für sie die
größte Herausforderung seit ihrem Zusammenbruch 2001 war und auch eines
der schönsten Erlebnisse im Berufsleben. Diese Ereignisse hab es in den
letzten Wochen häufiger, aber jetzt gab es noch eine Steigerung. Ich habe
sie damit konfrontiert, dass es doch garnicht so einfach ist, sich in neue
Themengebiete einzulesen und sie nicht auf Basiswissen zurückgreifen kann.
Aber Sie wissen ja, dass Sie enorme Schwierigkeiten hat, dies für sich zu
verbuchen. Bislang hat sie ihrem Mann, der ihr dies schon häufiger
darlegte, auch nicht geglaubt. Sie selbst dachte von sich, dass sie ihren
negativen Bias abgelegt hat. Daraufhin entgegnete ich, dass sie zwar schon
gute Fortschritte gemacht hat, aber noch weiter daran arbeiten muss. Ich
habe ihr nochmals das Bild mit den eingetretenen Wegen dargestellt. Sie
muss die neuen Wege für sich erst ebnen. Sie will darüber nachdenken.
Worüber sie begeistert gesprochen hat, ist die Zusammenarbeit mit dem
Kollegen. Es ist eine gegenseitige Wertschätzung, die die Motivation noch
mehr nach vorne bringt.
Frau
X. hat die Tendenz, die Defizite deutlich zu sehen. Beispielsweise ist sie
jetzt gerade ein wenig geknickt, dass sie zwar wunderbare Vorschläge für
die weitere Vorgehensweise hatte, aber erst einmal kein Anschlußauftrag
herauskam. Hier habe ich Frau X. um ein wenig mehr Geduld gebeten. Der
Kunde war begeistert, da sollte es nur eine Frage der Zeit sein, bis es
weitergeht. Außerdem ist das Projekt auch noch nicht beendet, es stehen
noch die Expertengespräche an. Auf jeden Fall hat sie mir bestätigt, dass
die letzten beiden Tage sehr gut für ihr Selbstbewusstsein waren.
Jetzt habe ich Frau X. gebeten, für heute einen Gang runterzuschalten,
denn sie hat nach der Sitzung regelrecht geglüht. Ein wenig Ruhe und
Entspannung werden ihr guttun. Über morgen soll sie sich heute noch keine
Gedanken machen, denn Einfluß hat sie darauf sowieso keinen. Ich hoffe,
dass dies bei ihr ankommt.
Ich
denke, dass die nächsten Tage mit Frau X. ziemlich aufregend werden und
ich hoffe für, dass sie immer einen klaren Kopf bewahren wird und sie
wenig Anlaß für die Ausbreitung ihrer Angst findet, sondern besser die
Gedanken der Philosophie zuwendet.
Mit
besten Grüßen Ihrer jetzt auch ermüdeten Kollegin
C.v.F.X. (Coach von Frau X.)
Liebe Kollegin C. v. F.F.,
gestern haben Sie ja richtig professionell gewirkt und eine super Arbeit
vorgelegt. Kompliment! Kein Wunder, dass Sie erschöpft waren. Konnten Sie
wenigstens ruhig durchschlafen oder hat Frau X. Sie geweckt? Ich bin ja so
froh, dass Sie mich jetzt entlasten – vor allem weil Sie als Frau doch
einen viel direkteren Zugang zu Frau X. zu haben scheinen. Was Frau X.
Ihnen alles anvertraut, ist schon sensationell. Passen Sie nur auf, dass
sich da nicht eine Frauenfreundschaft zwischen Ihnen beiden entwickelt.
Denn als Coach muss man ja immer die nötige Distanz wahren.
Bitte begleiten Sie heute Frau X. zu den wichtigen Terminen und halten Sie
ihr notfalls die Hand. Wenn Sie das nicht zu oft, aber in den
entscheidenden Momenten machen, ist das für einen Coach okay.
Also
ich muss schon sagen, dass wir beide auf unsere Klientin ziemlich stolz
sein können. Was die da so alles in der Strategiesitzung aus der Hand
geschüttelt hat und damit die anderen „Fachleute“ ziemlich blass aussehen
ließ! An Frau X. scheint ja eine klasse Medizinerin verloren gegangen zu
sein. Andererseits ist es natürlich toll, dass sie diese Kompetenz mit
ihren Wirtschaftskenntnissen verbinden kann. Das schützt vor
Betriebsblindheit. Es ist schon seltsam, dass sich Frau X. so schwer tut,
das Besondere Ihrer eindrucksvollen Leistungen zu erkennen und zu
würdigen. Aber Sie als Coach vermitteln Ihr das sehr feinfühlig, man merkt
halt doch, dass auch Sie ein Profi sind (Haben Sie das bei der TS
gelernt?). Auch wie Sie ihr das mit den Anschlussaufträgen vermittelt
haben, das war professionelle Spitze!!
Bleibt nur zu hoffen, dass Sie bald auch Frau X.s private Sichtweisen
etwas realitätsnäher gestalten können: So ein Unsinn, sich für die
medizinischen Ergebnisse der sie betreuenden Ärzte verantwortlich zu
fühlen! Aber vielleicht verwässert sich der Blick von Frau X. dadurch,
dass sie in der Vergangenheit durch manche (leider schädliche)
Verhaltensweise durchaus immer wieder mal ihren eigenen Gesundheitszustand
beeinträchtigt hat (dafür war sie dann natürlich verantwortlich).
Hoffentlich können Sie Ihr den Unterschied verständlich genug vermitteln.
Haben Sie Frau X. schon konkrete Vorschläge gemacht, wie Sie mit der
Dissertation jetzt beginnen kann (um ihre Energie auf Sinnvolles zu
lenken)?
Ich
wünsche Ihnen beiden „nicht so aufregende Tage“ und bin froh, Frau X. bei
Ihnen in so guten (liebevollen und kompetenten) Händen zu wissen. Danke
für Ihre professionellen Ausführungen, aus denen ich auch noch manches
lernen kann.
Mit
kollegialen Grüßen
Ihr
Dr. H. Mück
Lieber Herr Dr. Mück,
vielen Dank für den Hinweis mit der Distanz. Das ist so eine Sache, denn
das Leben von Frau X. ist ziemlich spannend, dem kann ich mich nur
schlecht entziehen, denn ich muss an dieser Stelle zugeben, dass ich
ausgesprochen neugierig bin. Die vielen Themen und das Leben dieser Frau
sind wie Zapping durchs Abendprogramm ohne Werbeunterbrechung.
Ich
wünsche Frau X. von Herzen, dass sie die nächste Zeit gut übersteht, denn
dies könnte sie wieder einen großen Schritt in Richtung Selbstsicherheit,
vor allem auch in schwierigen Situationen, bedeuten. Wie ich vernommen
habe, ist dies ja eines der großen Therapieziele in Köln. Auch wenn Frau
X. Frauenfreundschaften schätzt, so ist sie doch froh, einen männlichen
Therapeuten zu haben. Sie meinte, dass es ihr dadurch der Respekt leichter
fällt. Da ich aber viel einfacher und häufiger greifbar für sie bin,
begnügt sie sich zwischendurch gerne mit mir. Da sie weiß, dass ich mich
ständig fortbilde und der eine oder andere Ratschlag doch sehr hilfreich
ist, baut sich der Respekt bzw. die Anerkennung für mich mehr und mehr
auf. Die Bezeichnung Profi ehrt mich, ich würde mich als ambitionierten
Amateur bezeichnen. Solange es Frau X. hilft, setze ich mich sehr gerne
für sie ein.
Heute habe ich sehr gute Nachrichten. Zunächst wollte sie sich fast einem
Gespräch entziehen, da es ihr so gut geht. So ist das mit den Klienten.
Kaum geht es ihnen besser, machen sie sich aus dem Staub und wenn es dann
wieder etwas zu kitten gibt, klopfen sie umso heftiger an. Frau X. ist ja
bekannt für ihre extremen Schwankungen nach oben und untern. Ich sehe mein
Hauptziel darin, mit ihr die extremen Spitzen abzubauen. Jetzt zu den
heutigen Fakten: Es haben sich ausreichend Eizellen entwickeln (5-7) und
es wird so etwas Ähnliches wie eine Kurznarkose geben. Sie hat sich
besonders darüber gefreut, dass sich der behandelnde Arzt selbst darum
gekümmert hat, dass sich die Anästhesisten etwas für sie überlegen.
Lustigerweise ist es genau das Präparat, welches ihr Mann vorgeschlagen
hat. Sie fühlt sich erleichtert und läuft jetzt den ganzen Tag sehr
beschwingt durch die Gegend. Am Montag wird es noch eine Kontrolle geben,
am Mittwoch wird die OP stattfinden. Sie kann sich nicht erklären warum,
aber momentan hat sie nur wenig Angst davor. Hierzu habe ich mit ihr den
Alternativgedanken „Diesmal schaffe ich alles und vertraue auf mich“
entwickelt.
Ihr
Mann hat Frau X. als Doktorin h.c. bezeichnet. Sie freut sich sehr
darüber, dass die beiden sich auch so gut über berufliche Themen
unterhalten können. Sie sieht die Ursache ihrer Sicherheit auch in der
Tatsache, dass sie einen excellenten Fachmann im Hintergrund hat, den sie
jederzeit zu medizinischen Belangen fragen kann. Übrigens macht es Frau X.
heute fast garnichts mehr aus, dass sie nicht die abschließenden
Expertengespräche mit den Beratern führt. Manchmal wird aus einem
aufkommenden Sturm am Ende doch nur eine leichte Brise. Ich wünsche mir,
dass sie sich dieses Wissen zu Gemüte führt, wenn es in Zukunft mit
Sicherheit wieder einmal zu einer solchen „Störungen“ kommen sollte.
An
diesem Wochenende habe ich sie um die Bearbeitung eines Kapitelpunktes
gebeten. Sie soll das für sie motivierendste heraussuchen und die ersten
Seiten niederschreiben. Dabei habe ich an 5 Seiten gedacht. Ich hoffe,
dass sie von dem Thema so eingefangen wird, dass sie möglichst wenig an
die Herausforderungen der nächsten Woche denkt.
Ich
kann bei der Aussage zur Vergangenheitsorientierung von Frau X. nur
zustimmen. Es wäre schön, wenn sie ihr Glück nur noch in der Gegenwart
suchen würde. Genau jetzt kann sie etwas verändern. Aber wir sind ja alle
nicht perfekt und zumindest sehe ich bei ihr einen guten Willen. Manche
Dinge aus der Vergangenheit holen sie immer mal wieder ein, aber es wird
erfreulicherweise weniger.
Wie
sie ja wissen, hängt sich Frau X. immer mal wieder an der
Borderline-Diagnose auf. Hierzu hatte ich folgende Übung. Sie sollte sich
die gestrige Sitzung noch einmal vorstellen und die Kommentare ihres
Kollegen und den anderen Anwesenden virtuell anhören. Dann bat ich sie,
einen Moment darüber nachzudenken. Der Abschluß der Aufgabe bestand darin,
darüber nachzudenken, was jeder Teilnehmer gesagt hätte, wenn er Frau X.
eine Diagnose hätte verpassen können. Wäre dann Borderline oder die
sonstigen Diagnosen aufgetaucht. Mit diesen Gedanken habe ich sie dann ins
Wochenende entlassen.
Mit
besten kollegialen Grüßen und viel Entspannung für Sie und Ihre Frau
verabschiede ich mich.
C.v.F.X.
Liebe C. v. F. X.,
Vorsicht: Sie scheinen sich offenbar schon Ihrer Klientin anzupassen,
liebe Frau Kollegin: Genau wie Ihre Klientin beginnen Sie nämlich, zum
Understatement zu neigen und Ihre fantastischen Interventionen absolut zu
unterschätzen. Also, Ihre Intervention zu dem ewigen Borderline-Thema von
Frau X. (nervt Sie die ewige und unnötige Wiederholung nicht auch schon??)
war einfach „genial!“, auch wenn Sie es vielleicht nicht so gerne hören.
Ich bin ja gespannt, wie Frau X. diese Aufgabe, mit der sie von Ihnen ins
Wochenende entlassen wurde, „lösen“ wird. Jedenfalls alle Achtung: Was Sie
da vor allem spontan und schnell für Frau X. entwickeln ringt mir ehrliche
Hochachtung ab.
Auch
mir bereiten Sie mit den vielen guten Nachrichten ein schönes Wochenende.
Ich kann mich doch auf Sie verlassen, dass Sie nicht alles zwischen uns
Ausgetauschte an Frau X. weitergeben? Denn ich war mir fast sicher, dass
die medizinischen Ergebnisse des heutigen Tages erfreulich ausfallen
würden („mein Bauchgefühl“) und heimlich habe ich Frau X. die Daumen
gedrückt, dass es mit der Narkose vielleicht doch noch klappt. Das sind ja
nun mal keine wissenschaftlichen Verhaltensweisen von mir und deshalb ist
es gut, wenn Frau X. nichts davon erfährt. Sie schreiben ja selbst, wie
wichtig der „Respekt“ für Frau X. ist und ich möchte nicht, dass Sie
diesen vor mir verliert.
Tja,
mit einer Doktorin h.c. werde ich ja demnächst eine weitere Kollegin
bekommen (neben Ihnen liebe C. v. F. F.), allerdings diesmal auf dem
medizinischen Bereich. Frau X. und Ihr Mann scheinen ja ein ziemlich gutes
Team zu sein. Übrigens würde mich interessieren, ob der Ehemann von Ihrer
Existenz bereits weiß? Meine wird dem Ehemann nämlich bis heute
verschwiegen, dabei üben wir doch beide einen ehrenwerten Beruf aus – oder
sehen Sie das anders? Und wäre es nicht schön, wenn wir beide – die wir
doch offenkundig unsere Teamarbeit sehr schätzen – noch einen dritten ins
Boot holen könnten? Na ja, Sie als Frau werden Frau X. vielleicht besser
verstehen als ich.
Nun
bin ich gespannt, ob es nächste Woche tatsächlich schon die ersten Zeilen
der Dissertation geben wird. Sie können ja mal vorsichtig bei Frau X.
anfragen, ob Sie in diesem frühen Stadium mir mal die eine oder andere
Seite schicken will. Aber beurteilen Sie selbst, wann der beste Zeitpunkt
für eine solche Anfrage ist. Frau X. sollte auf keinen Fall unter
unnötigen Druck gesetzt werden.
Damit will ich es für heute belassen. Hat Ihnen den Frau X. für das
Wochenende ein paar Stunden frei gegeben? Wenn Sie an der Dissertation
arbeitet und sich ganz darauf konzentriert, vielleicht sogar Freude daran
findet, müssen Sie ja nun wirklich nicht dauernd daneben sitzen. Wir
wissen doch selbst, dass Frau in diesen Dingen total souverän und
kompetent ist. Lassen auch Sie mal Ihre Seele baumeln, schließlich muss
ein guter Coach auch bei sich selbst Psychohygiene betreiben.
Jedenfalls haben Sie mich in den letzten Tagen durch Ihre gute Arbeit
schon extrem entlastet und ich weiß gar nicht, wie ich mich dafür bei
Ihnen bedanken kann.
Mit
herzlichen kollegialen Grüßen
Ihr
Dr. H. Mück
Lieber Herr Dr. Mück,
Sie
haben mich heftig dissoziieren lassen. Klarer ausgedrückt: Ich habe
herzhaft gelacht. Ich schätze Ihr Feedback außerordentlich.
Bleiben wir zunächst bei den guten Nachrichten. Es könnten 6-8 Eizellen
werden. 8 wären laut dem behandelnden Arzt die ideale Anzahl für jede
Behandlung. Die OP ist auf Freitag verschoben worden. Frau X. hätte es
zwar gerne hinter sich, aber über die gute Ausbeute freut sie sich. Schön,
dass Sie an den Erfolg geglaubt haben, doch Frau X. erklärte mir, dass es
bislang das zweitbeste Ergebnis ist und nicht selbstverständlich ist. Sie
war ein wenig traurig, dass es nicht der Valentinstag sein wird. An dieser
Stelle musste ich garnichts sagen, denn sie hat mir von selbst erklärt,
dass sie gelernt hat, dass solche Tage sowieso ein Konstrukt sind und
deswegen der Freitag nicht schlechter ist. Der Vorteil ist, dass ihr Mann
am Mittwoch bereits einen freien Tag genommen hat sie diesen nun gemeinsam
verbringen werden.
Am
Wochenende wäre ich besser mehr an der Seite von Frau X. geblieben, denn
sie hat sich leider hängen lassen. Sie hat zwar sehr viel gelesen, nur
viel zu wenig zielorientiert. Es war ihr sehr, sehr unangenehm, dass sie
nichts verschriftlicht hat. Wieder einmal hat ihr Abgrenzungsproblem sie
daran gehindert, sich ihren eigenen Herausforderungen zu stellen. Mehr
mochte sie auch mir dazu auch nicht mitteilen, es ist ihr unangenehm.
Als
einzigste Entschuldigung die ich für sie gelten lasse, sind ansteigende
Schmerzen durch die Behandlung und eine gewisse Stimmungsverschlechterung,
vielleicht durch die Hormone. Frau X. ist sehr unzufrieden mit der
Leistung vom Wochenende und will auch nicht, dass ich Ihnen dies mitteile.
Sie möchte nicht als Faulenzer dastehen. Ich habe ihr noch erklärt, dass
eben nicht alle Tage gut verlaufen und die letzte Woche in der Bilanz
schließlich hervorragend war. Damit war sie versöhnlich gestimmt, hat sich
heute in die Arbeit gestürzt und durchaus respektable Ergebnisse erzielt.
Zur
Einbeziehung ihres Mannes kann ich nur sagen: Frauen brauchen ein
Geheimnis. Im Ernst: Meine Existenz ist ihrem Mann ebenfalls nicht
bekannt. Zwischendurch war sie immer wieder kurz davor, ihm zumindest von
Ihnen zu berichten, doch dann fand sie die Situation am Telefon unpassend
und die beiden sehen sich nicht so oft. Frau X. möchte gerne alles alleine
schaffen und nicht zugeben, dass sie in mancherlei Hinsicht „noch“ Hilfe
braucht. Dies hat vielleicht auch damit zu tun, dass ihr Mann nie
besonders viel von der vorhergehenden Therapie mit Dr. H. gehalten
hat. Immer wieder kam die Bemerkung: „Hat er das noch immer nicht bei dir
hinbekommen.“ Damit meinte er ihre Selbstabwertungen. In ihrer stationären
Zeit gab es einige Konflikte zwischen ihrem Mann und Dr. S. Vor allem als
es in der Klinik zu einem Suizidversuch kam, drohte er mit Klage. Ferner
hat sich ihr Mann in ihrer schwierigen Zeit total von ihr abgegrenzt. Frau
X. schätzt Ihre Arbeit sehr und ist stolz darauf, einen so hervorragenden
Therapeuten gefunden zu haben. In letzter Zeit hat sie ihren Mann immer
mal wieder gefragt, ob ihm denn keine Veränderung an ihr aufgefallen ist.
Er hat es bejaht. Frau X. möchte es ihrem Mann sehr gerne sagen, hat aber
Bedenken, dass er es nicht versteht. Diese mögliche negative Erfahrung
möchte sie sich ersparen. Hier ist das letzte Wort auf jeden Fall noch
nicht gesprochen.
Vielen Dank für Ihr Lob hinsichtlich meiner Intervention, aber das
Understatement war angebracht, denn Frau X. hängt noch immer an der
Aufgabe, da kann die Intervention nicht so gut gewesen sein. Frau X. ist
im Hinblick auf Borderline ein absolut harter Knochen. Zumindest kann sie
sich jetzt eingestehen, dass sie mehr Fähigkeiten als Defizite hat. Mich
nervt das Thema auch, aber es wird mich wohl immer mal wieder
beschäftigen. Meine Hoffnung ist, dass andere Themen sie einfach viel
stärker beschäftigen werden und dadurch diese leidige Thema sich von
selbst erledigt.
Mit
besten kollegialen Grüßen
C.v.F.X.
Lieber Herr Dr. Mück,
langsam wird mir Frau X.
zu anstrengend. Heute habe ich sie über 3 Stunden in den Wald geschickt,
aber sie klagt noch immer über Anspannung. Die Hunde liegen entspannt in
ihren Körbchen, aber Frau X. ist noch immer unruhig. Sie wünscht sich
sehr, dass schon alles vorbei wäre. Eigentlich sollte sie sich jetzt
körperlich etwas schonen, aber das geht garnicht. Es ist schon blöd, da
hat sie eine wunderbar lange Liste gemacht, aber schafft es momentan nur
schwer, etwas davon umzusetzen. Aus diesem Grund habe ich sie gebeten,
jetzt bei allem was sie macht Achtsamkeit anzuwenden.
Viele Grüße
C.v.F.X.
Liebe Kollegin C.v.F.X.
Bitte entschuldigen Sie,
dass ich mich erst jetzt wieder melde. Aber ich weiß ja Frau X. bei Ihnen
in kompetenten Händen und kann daher aus meiner Sicht die Zügel deutlich
lockerer lassen als noch vor einigen Monaten. Bitte richten Sie Frau X.
meinen herzlichen Dank für den zugesandten Text "Gewalt der Sprache" aus.
Es ist schon toll, wenn man von Klienten so mit interessanten Anregungen
verwöhnt wird. Dabei müssen wir ja als Profis darauf achten, dass sich
unsere Klienten nicht irgendwann zu solchen Zusatzleistungen verpflichtet
fühlen. Aber da habe ich bei Frau X. ja keine Sorge.
Ich bin ja so froh, dass
Sie Frau X. immer wieder an die Möglichkeit der Achtsamkeit erinnern.
Leider sehen wir ja, wie schnell sie auch schon die Anregungen ihrer
Notfallliste vergessen zu haben scheint. Auch greift offenbar der
Vorschlag nicht, endlich die ersten konkreten Seiten Ihrer Doktorarbeit
"anzuschreiben". Dabei bin ich schon so neugierig darauf! Wie geht es
Ihnen, liebe C.v.F.X., mit dem Disserationsthema. Begleiten Sie dieses
Projekt nur aus Pflichtgefühl oder finden Sie es selbst auch spannend?
Gegebenenfalls könnten Sie ja die ersten paar Zeilen für Frau X.
schreiben, damit die Sache endlich in Gang kommt.
Da Sie ja zurzeit näher
an Frau X. sind als ich, können Sie vielleicht auch beurteilen, welche
Maßnahmen der Notfallliste wir Frau X. schmackhaft machen könnten. Was
würden Sie als geeignet für unsere gemeinsame Klientin ansehen?
Vielleicht sollten wir
Frau X. auch immer wieder klar machen, dass es einen ganz entscheidenden
Unterschied zu den früheren OPs gibt: Diesmal hat Sie erstmalig ein
kompetentes und für sie engagiertes Begleiterteam! Sie ist alles andere
als allein. Vermutlich vergisst sie das immer wieder. Meinen Sie könnten
für die nächsten 48 Stunden auch den Ehemann ein wenig einbinden?
Soviel fürs erste. Leider
wartet hier schon der nächste Klient und damit darf ich die Verantwortung
für Frau X. vorerst wieder ganz Ihnen anvertrauen. Jedenfalls freue ich
mich schon auf den Tag, wenn wir Frau in unsere Zweiergespräche persönlich
einbeziehen können. Ich traue ihr durchaus zu, dass sie dann auf
professionellem Niveau mit uns beiden mitdiskutiert, so dass wir in
absehbarer Zeit sogar zu einem Dreierteam werden.
Mit kollegialen Grüßen
Ihr Dr. H. Mück
p.s. Bitte vergessen Sie
nicht, meine Grüße an Frau X. weiterzugeben und ihr mitzuteilen, dass ich
mir nach wie vor sicher bin, dass diesmal alles erfreulich gut am Freitag
verlaufen wird.
Lieber Herr Dr. Mück,
ich bin Ihnen zu Dank
verpflichtet, dass Sie mir so unerwartet umfangreich und mit vielen
wertvollen Ratschlägen ausgeholfen haben. Nach dem morgigen Tag wird es
endlich wieder etwas ruhiger und ich werde wieder alleine mit ihr
klarkommen. Sie ist in der Tat sehr froh darüber, kompetente Helfer zu
haben und ist dadurch auch zuversichtlicher, dass morgen alles besser
verläuft.
Mit dem Einbinden des
Mannes wird es etwas schwierig, denn gestern gab es einen unangenehmen
Streit. Zwar ist der wieder geschlichtet, aber Frau X. hat gemerkt, dass
ihr Mann mit ihren Ängsten und der Anspannung nicht viel anfangen kann.
Beinahe hätte sie ihm von der Zusammenarbeit mit Ihnen berichten, doch
dann kam es zum Streit.
Frau X. wünscht sich,
heute Abend ein Medikament zur Entlastung, zumindest die Option. Bislang
hat sie noch nichts genommen. Können Sie mit einem Ratschlag aushelfen?
Das Dissertationsthema
ist absolut spannend. Es gibt auch schon erste Zeilen und heute werden
noch weitere folgen.
Für morgen hat sich Frau
X. vorgenommen, ein Bild von ihrem Hund mitnehmen, Atemübungen zur
Entspannung probieren und an die Herausforderungen danach denken. Ganz
optimistisch hat sie ihren Mann gebeten, nach der OP doch frühstücken zu
gehen. Er meinte, wenn sie danach nicht zu "dormelig" wäre, könnten sie
das durchaus machen. Ist doch garnicht so schlecht, oder?
Übrigens brauchen Sie
sich wegen des Artikels absolut nicht zu sorgen, denn es ist für Frau X.
eine Gewohnheit und keine Verpflichtung. In der täglichen Zusammenarbeit
mit ihren neuen Kollegen und ihrem Mann ist dieser Austausch von
Informationen ebenfalls ganz alltäglich. In dieser Hinsicht sind Sie einer
von Vielen. Dennoch ist es sehr interessant, Ihre Sichtweise
kennenzulernen. Was Frau X. keinesfalls möchte, wäre Sie damit zu
überfordern.
In dem vorliegenden Fall
ist Frau X. erst durch Ihre Anregung darauf gekommen, weiter nachzufragen.
Aus der Beschäftigung mit dem Thema ist übrigens noch viel mehr
entstanden. Sie hat in einem Forum um die Zusendung von genau dem
Gegenteil gebeten: Und zwar Worte und Sätze, die für die Menschen positiv
sind. Angefangen hatte sie mit ihren eigenen Worten. Ich kenne die
Zusammenstellung der kompletten Liste und bin begeistert, denn die meisten
Worte der Anderen wirken auch auf mich positiv. Ich will diese Worte für
die Arbeit bei der TS einsetzen, denn wenn Worte wie Schläge wirken
können, dann können sie vielleicht auch das Gegenteil. Außerdem ist es
doch eine wunderbare Begebenheit, dass ich nur durch das stille
Aussprechen von Worten auch mich in einen anderen Zustand versetzen kann.
Wenn es Sie interessiert, lasse ich Ihnen die Liste bei Gelegenheit
zukommen.
Jetzt habe ich noch eine
kleine Begebenheit zum leidigen Thema Borderline: Durch meine Arbeit bei
der TS habe ich immer mal wieder Borderliner am Telefon. Für manche meiner
Kollegen ist diese Diagnose ein Reizwort und die Gespräche werden sehr
schnell beendet. Aus diesem Grund und auch um mit vielleicht in der
Zusammenarbeit mit Frau X. weiterzukommen, wollte ich einige Fakten
zusammentragen und über die Erfahrungen von Krisentelefonen der Kliniken
berichten, damit die Kollegen vielleicht einen anderen Zugang zu den
Anrufern finden. Dazu habe ich spontan Prof. B. per Email angeschrieben
und ihn gebeten, mir Informationen zukommen zu lassen. Von meiner
Klientin, die immer wieder mit dieser Diagnose hadert, habe ich
selbstverständlich nichts erwähnt. Eigentlich wollte ich nur Unterlagen,
doch Prof. B. hat sofort geantwortet und fand die Idee klasse und er habe
sowieso schon ein Konzept im Hinterkopf, um TS-Mitarbeiter zu schulen.
Trotz meines Hinweis, dass ich ja nur ein kleines Licht und nur
Ehrenamtliche bin, bat er um einen telefonischen Austausch, der gestern
stattfand. Das Gespräch war sehr erhellend. Er sprach von typischen
Verhaltensweisen von Borderlinern, wie unter Druck setzen, große
Aggression, schlechte Compliance und nicht bereit sein, etwas zu ändern.
Der weitere Verlauf würde jetzt zu viel Raum einnehmen. Ein erfreuliches
Resultat: Frau X. ist ziemlich wütend auf die Menschen, die ihr diese
Diagnose gestellt haben. Sie hat in der Klinik nie irgendwelche Tests
gemacht und die Wut bezieht sich darauf, dass sie in diese Schublade
gesteckt wurde. Ich hoffe, dass diese Intervention für die nächste Zeit
ausreicht.
Die Einbindung von Frau
X. ist ok, aber bitte erst nach der OP, denn momentan ist sie nicht zu gut
zu "gebrauchen". Übrigens führt sie am Montag das letzte Expertengespräch
alleine. Ihnen hat sie es zu verdanken, dass sie nicht weiter den
Watzlawickschen Hammer angewendet hat, sondern abgewartet hat und jetzt
die gänzlich positive Entwicklung genießt.
Mit besten kollegialen
Grüßen
C.v.F.X.
Lieber Herr Dr. Mück,
ich wollte Ihnen nur
mitteilen, dass es mir noch ganz gut geht. Heute Abend werde ich ins Kino
gehen und morgen um 7.00 Uhr muss ich dann vor Ort sein. Wenn ich nach dem
Kino noch unruhig bin, möchte ich gerne etwas einnehmen, damit ich nicht
noch kurz vor Schluß mir selbst Probleme mache. Vielen Dank für Alles und
morgen lasse ich mir die Hand von meinem Coach halten.
X. Y.
Liebe Frau X.,
weiß Ihr Coach, dass Sie
sich mit mir kurzschließen? Jedenfalls freue ich mich, mal wieder direkt
zu Ihnen Kontakt zu haben und zu lesen, dass es 24 Stunden vor der OP
weiterhin gut geht (in diesem Fall würde ich das Wort "noch" auf keinen
Fall benutzen, da wir dem Unbewussten sonst suggerieren, dass es bald auf
schlecht umstellen soll).
Es ist ganz in Ordnung,
wenn Sie "etwas" nehmen - ich würde es Ihnen sogar empfehlen.
Haben Sie sich einen
guten Film ausgesucht?
Ihrem Coach werde ich
natürlich weiterhin schreiben.
Symbolisch möchte auch
ich Ihnen (zusätzlich zum Coach und Ihrem Mann) die Hand halten.
Alles Gute - ich habe
weiterhin ein "gutes Bauchgefühl".
Viele Grüße
Dr. H. Mück
Liebe Kollegin C.v.F.X.,
sicher haben Sie schon
mitbekommen, dass Frau X. sich ausnahmsweise direkt an mich gewandt hat.
War das abgesprochen? Kommen Sie mit dieser Eigeninitiative von Frau X.
gut zurecht? Ich fand die Anfrage jedenfalls passend und war so frei, Frau
X. in Ihrem Vorhaben zu bestärken, sich eine medikamentöse Hilfe zu
gönnen. Mittlerweile bin ich mir schon sehr sicher, dass Frau X. bereits
über längere Zeit sehr verantwortungsvoll mit Arzneimitteln umgeht.
Worüber hat Frau X. denn
mit Ihrem Mann gestritten? Ach, vielleicht muss ich ja nicht alles wissen
- zumal der Streit ja geschlichtet ist (dank Ihrer Intervention?) Haben
Sie schon mal überlegt, Frau X. und Ihrem Mann eine Paarberatung
anzubieten? Trauen Sie sich so etwas im jetzigen Stadium Ihrer
Coachausbildung bereits zu? Notfalls kann ich Ihnen Tipps geben.
Die Idee mit dem
Frühstück nach der OP gefällt mir - sie klingt so wunderbar gesund. Und
ich kann mir vorstellen, dass die zwei das morgen auch hinbekommen.
Mit der Dissertation
spannen Sie mich ja jetzt richtig auf die Folter: Sie haben die ersten
Zeilen schon gelesen und wollen mir partout nichts verraten?! Ob das so
kollegial ist?
Übrigens wollte ich Ihnen
noch eine kleine Kritik nachreichen, sofern Sie dafür momentan überhaupt
ein offenes Ohr haben, weil Sie sich ja fast rund um die Uhr um Frau X.
bemühen. Jedenfalls wählten Sie in Ihrer Mail vom Montag die Formulierung
"Als einzigste Entschuldigung die ich für sie gelten lasse,..." Also aus
meiner Sicht klingen solche Formulierungen ziemlich und zugleich unnötig
streng. Denn aus meiner Sicht geht Frau X. schon selbst streng genug mit
sich um und da müssen wir als ihre therapeutischen Begleiter doch nicht
noch "einen drauf setzen"! Bitte bedenken Sie, dass wir beide immer auch
Vorbilder für F. sein und ihr daher einen freundlichen Umgangsstil
vorleben sollten. Als Profi werden Sie meine Rückmeldung sicher verstehen
und nicht verstört darauf reagieren.
Sind Sie nicht auch immer
wieder von der Kreativität und der Energie unserer Klientin begeistert? Da
engagiert sie sich an einem Tag für sprachliche Themen und forscht nach
positiver Sprache und am nächsten Tag ruft Sie direkt einen Experten zum
(leidigen!!) Thema "Borderline" an, um dabei zu erleben, dass ein
Borderline-Experte kompetent mit ihr diskutiert und offenbar alles andere
als eine Borderlinerin in unserer Klientin sieht. Also, wenn dieses Thema
endlich erledigt ist, werde ich auch tief durchatmen. Immerhin scheint
Frau momentan doch schon ziemlich ernst zu erwägen, diese Diagnose für
immer aus Ihrem weiteren Leben zu entsorgen. Drücken wir ihr gemeinsam die
Daumen.
Als nächstes gilt es
jedoch, die OP zu einem angenehm bedeutsamen Erlebnis zu gestalten.
Vielleicht können Sie Frau X. dies erleichtern, indem Sie ihr nicht nur
die Hand halten, sondern gemeinsam mit ihr achtsam diese Momente
verfolgen, in denen ein Wunder vorbereitet wird: die Entstehung neuen
Lebens. Gibt es nichts Schöneres? Dabei haben wir Menschen
(glücklicherweise?!)
nicht alles in der Hand und müssen uns letztendlich alle höheren Mächten
anvertrauen.
Schon heute möchte ich
mich herzlich für Ihren Einsatz für Frau X. bedanken. Ohne Ihre liebevolle
und wertschätzende Begleitung wären die letzten Tage mit Sicherheit nicht
so eindrucksvoll gut verlaufen (im Vergleich zu vorherigen OPs). Sie
können auf Ihre Coaching-Leistung wirklich STOLZ sein.
Lassen Sie mich wissen,
wie Frau X. den morgigen Tag gestaltet und erlebt hat. Meine Gedanken
werden bei Ihnen drei sein.
Mit kollegialen Grüßen
Dr. H. Mück
Lieber Herr Dr.
Mück,
alle sind
wohlbehalten zurück und waren auch frühstücken. Der Film gestern hieß
übringes 4 Minuten.
Jetzt zum
wichtigsten: Es gab keinen Zwischenfall durch ihre
Einwirkung, nur ein wenig Probleme mit dem Kreislauf und eben die normalen
Schmerzen jetzt im Anschluß. Alle waren wirklich sehr, sehr nett. Sie hat
an alle virtuellen Hände gedacht und kam sich gut behandelt vor.
Letztendlich
konnten 5 gute Eizellen gewonnen werden. Es gab ein wenig Schmerzen
während der OP, allerdings keine traumatischen und bei Bedarf hätte man
die Dosis auch erhöhen können. Beim anschließenden Frühstück war sie
ziemlich müde und hat sich ein paar Stunden hingelegt.
Sie hatte während
und vor der Puunktion diese schönen Gedanken, dass Leben gezeugt wird und
vor allem hat ihr geholfen, dass alle sehr nett waren, Dr. Y. besonders.
Zwar ist die Situation in einem großen Operationszentrum nicht so schön,
aber es musste sein. Dr. X. war auch erleichtert, dass sie diesmal
ziemlich schnell wieder auf den Beinen war. Es hab noch einen
Zwischenfall, weil angenommen wurde, dass sie umgekippt ist, dabei war sie
nur eingeschlafen. Dies zeigte ihr, wie besorgt das Team war. Morgen ruft
Dr. Y. an, wieviele Eizellen sind haben befruchten lassen und am Montag
wird dann höchstwahrscheinlich der Transfer stattfinden.
Da ich mich mit
Medikamenteneinsatz nicht gut auskenne, habe ich die Kontaktaufnahme mit
Ihnen angeregt. Das war völlig in Ordnung.
Sie haben Recht,
dass ich streng bin, da kann ich noch etwas von Ihnen lernen. Vielen Dank
für das Feedback. Paartherapie kann wahrscheinlich nicht schaden, doch
jetzt möchte Frau X. erst einmal auf die Beine kommen. Der Streitanlass
ist ein wenig kompliziert und schwierig mit Worten zu beschreiben, weil
eben viele Emotionen reinspielen. Ich erläutere Ihnen das gerne einmal
persönlich.
Klar bekommen Sie
etwas von der Dissertation, aber Frau X. ist da doch ziemich
perferktionistisch. Sie werden auf jeden Fall zu den Ersten gehören.
Das Telefonat mit
Prof. B. war sensationell. Frau X. dachte darüber nach, dass sie ihr die
Aktivitäten garnicht abnehmen und wollte bereits den Emailschriftverkehr
an Sie zwecks Beweis weiterleiten. Daran habe ich sie gehindert und ihr
gesagt, dass sie immer offen und ehrlich war und Dr. Mück keinen Zweifel
daran hat.
Jetzt sind wir
doch alle ziemlich erschöpft, gehen noch kurz zur Familienfete und dann
ins Bett. Ich möchte Ihnen noch einmal ganz, ganz herzlich für Ihre
Begleitung in dieser schwiergien Situation danken, die uns vielleicht
einen schönen Schritt weitergebracht hat, im Aushalten von schwierigen
Situationen.
Wir werden nie bei
Ihnen auslernen, aber das ist auch das spannende am Leben. Auf jeden Fall
freuen wir uns sehr auf nächste Woche.
C.v.F.X.
Liebe Kollegin C.v.F. F.,
Glückwunsch, Sie und Frau X. haben Spitzenarbeit geleistet und waren ein
hervorragendes Team. Nun bin ich erleichtert, weil ich weiß, dass ich
wirklich nicht mehr in alle Vorgänge eingeschaltet werden muss, weil das
Team aus Ihnen beiden schon ziemlich autonom wirkt. Das beruhigt mich sehr
und macht mich auch ein wenig stolz, denn schließlich sind Sie auch ein
bisschen bei mir in die Coaching-Lehre gegangen.
Werden Sie, liebe C.v.F.X., jetzt auch ein paar Stunden frei von Frau X.
erhalten? Die hätten Sie redlich verdient. Und außerdem haben wir beide ja
beobachten können, dass Frau X. jetzt in vielen Dingen schon sehr gut
alleine zurechtkommt. Wir müssen ihr also nicht mehr auf Schritt und Tritt
folgen, denn auf Frau X. scheint schon in vielerlei Hinsicht ziemlich
Verlass zu sein. Selbstverständlich werden wir ihr natürlich weiter bei
größeren Aktionen in bewährter Form zur Seite stehen. Aber, wie wir ja
wissen, kann zu viel Helfen hilflos machen – und das wollen wir Frau X. ja
ersparen.
Nun
wünsche ich Ihnen beide ein erholsames Wochenende und vielleicht sogar ein
bisschen Spaß während der närrischen Tage. Gerne können Sie sich nächste
Woche wieder melden, wenn es Neues vom Transfer gibt oder Frau X.
besonderen Beratungsbedarf signalisiert.
Herzliche kollegiale Grüße
Dr.
H. Mück
Lieber Herr Dr. Mück,
jetzt bin ich erst einmal
schwanger ;-)
Das habe ich bei den
letzten Malen auch immer gedacht. Jetzt gebe ich mir Mühe, nicht an die
letzten Male zu denken. Ich habe mich sehr gefreut, dass Sie an den
Transferneuigkeiten interessiert sind.
Das Ergebnis lässt sich
sehen, denn es haben sich von 5 punktierten Eizellen 4 befruchten lassen.
Heute habe ich 3 zurückbekommen, eine ist tiefgefroren. Dr. Y. war
ziemlich erleichtert, dass die OP diesmal so komplikationslos verlief. Er
fragte noch einmal nach, ob ich wirklich 3 haben möchte. Aber das Risiko
einer Drillingsschwangerschaft ist verschwindend gering. Außerdem sind
nicht alle gleich entwickelt. Es sind ein 4-Zeller, ein 5-Zeller und ein
8-Zeller. Dr. Y. meinte zwar, dass Frauen auch schon mit einem 2-Zeller
schwanger wurden, aber das halte ich schon für die absolute Ausnahme.
Am Samstag habe ich
heftig gefeiert, vielleicht das letzte Mal für die nächsten Monate. Zuvor
waren wir 4,5 Stunden mit den Hunden unterwegs, von OPnachwehen also fast
keine Spur. Normalerweise trinke ich sehr wenig Alkohol, aber Samstag war
das absolut nicht der Fall. Ich wollte einfach mal richtig Spaß haben und
den hatte ich auch. Mein Mann war ein wenig geschockt, hat aber
letztendlich auch viel mitgetanzt. Gestern und heute gab es zwischendurch
ziemlich schlechte Stimmung, aber jetzt ist sie weg und ich habe mich beim
Hundspaziergang in Achtsamtkeit geübt. Dies will ich mir auch für die
nächste schlechte Stimmung vornehmen. Wirklich nur der Augenblick zählt
und nicht die Sorgen der Vergangenheit und Zukunft. Heute habe ich
TS-Nachtdienst und werde mich vorher noch ein wenig ausruhen.
Viele Grüße
X. Y.
Liebe Frau X.,
ist Frau C.v.F.X. noch im
Karnevalsurlaub? Schön, dass Sie sich als Hauptperson gemeldet und mir
gleich so gute Nachrichten geschickt haben. Nun lassen Sie uns gemeinsam
darauf hinwirken, dass aus "den Kleinen" auch wirklich etwas wird. Sie
selbst räumen ja ein, dass nicht alle die gleiche Chance haben. Das ist
sehr schade, aber offenbar vom "Leben" gewollt. Dennoch können wir unser
Bestes geben, allen dreien den Weg optimal zu ebnen.
Es freut mich, dass Sie
so ausgelassen feiern konnten - denn Grund hatten Sie ja genug. Ab jetzt
sind Sie - wie Sie selbst schreiben - in die mütterliche Verantwortung
genommen. Was nicht heißt, dass es sich Mütter nicht gut geht lassen
dürfen. Das Gegenteil ist der Fall! Nur sollte es halt immer auch den
heranwachsenden Kindern gleichermaßen gut gehen. Aber da habe ich bei
Ihnen wirklich keine Sorge.
Wir werden uns ja schon
in Kürze wieder treffen. Bitte laden C.v.F.X. ein mitzukommen.
Einen guten TS-Dienst
wünscht Ihnen
Dr. H. Mück
Lieber Herr Dr. Mück,
ich wünsche mir auch
sehr, dass C.v.F.X. nachhaltige Wirkung hat. Gestern bin ich bei
herrlichem Sonnenschein zurückgefahren, keine Spur von
Höchstgeschwindigkeit.
Mit dem Coaching der
Kleinen tue ich mich noch etwas schwer, aber ich bleibe dran. Die Aufgaben
an sich ist bezaubernd und ich hoffe, dass ich sie noch länger haben darf.
Viele Grüße X. Y.
Lieber Herr Dr.
Mück,
der nächste
Auftrag ist fast unterzeichnet. Das Thema geht weiter ;-) Diesmal für
Erwachsene.
Heute morgen
wollte ich meine Existenzängste nicht zulassen und hatte zwischendurch
einen kurzen aber heftigen Durchhänger, weil die Medikamente momentan
ziemlich unangenehm sind. Habe heute meine letzte Spritze gesetzt. Aber
kaum komme ich vom Hundespaziergang zurück, kommt die nächste Anfrage von
Abbott, die auch wieder sehr zügig erledigt werden soll. Aufträge scheinen
für mich Medizin zu sein. Es ist schon toll, dass unser Wissen gefragt
ist.
Diese positive Nachricht wollte ich Ihnen einfach nicht vorenthalten.
Seitdem ich Sie kenne, habe ich Massen von schlechten Gedanken und
Prognosen und seit kurzer Zeit auch Taten nicht mehr gewähren lassen. Die
hätten bestimmt gereicht, um eine Kleinstadt unglücklich zu machen.
Keine Angst, dass ich zu sehr von Ihnen begeistert bin, ich werde mich
bestimmt irgendwann noch einmal über Sie ärgern – versprochen ;-)
Viele Grüße
X. Y.
Liebe Frau X.,
danke für die
verschiedenen Mails vom heutigen Tag. Vorab möchte ich Sie bitten, auch
Ihr heutiges Feedback anonym veröffentlichen zu können, da es eine für
lediglich 11 Doppelsitzungen (+ natürlich intensiver
Email-Begleitung) eine
außergewöhnlich schöne Entwicklung dokumentiert. Sie haben sich ja selbst
an die erste Sitzung erinnert: Hätten Sie damals gedacht, dass heute dort
stehen, wo Sie jetzt sind? Das haben Sie jedenfalls ziemlich gut gemacht,
Kompliment und sicher hat unsere von gegenseitiger Wertschätzung geprägte
Zusammenarbeit auch ihren Anteil dazu beigetragen.
Mir ist es wichtig,
deswegen nicht perfekt zu sein, weil ich für C.v.F.X. ja ein wenig als
Vorbild diene. Und ich möchte - das habe ich auch schon einmal geschrieben
- das C.v.F.X. weniger streng mit ihnen umgeht, also auch Ihnen als
Vorbild für einen gelasseneren Umgang mit Pefektion dient.
Über Ihren
Anschlussauftrag freue ich mich natürlich mit Ihnen. Genießen Sie die
lange Sonnenphase, die sich im beruflichen Alltag abzeichnet. Auch hier
wird es dann irgendwann auch mal wieder nebliger.
Zum Coaching der Kleinen
hätte ich die Anregung, dass Sie - Email-Coaching hat sich ja auch bei uns
bewährt - den Kleinen in regelmäßigen Abständen eine Email schicken (die
Sie den Kleinen dann im lesefähigen Alter später auch tatsächlich einmal
aushändigen können - so etwas kann eines der schönsten
Geburtstagsgeschenke sein, die man sich vorstellen kann!). In der Email
würde ich den Kleinen unter anderem erläutern, was da so alles um sie
herum passiert und wovor sie sich nicht ängstigen sollten. Ich würde die
Kleinen vorwarnen, wenn abzusehen ist, dass für ihre Mutter ein
schwieriger Tag bevorsteht. Ich würde Ihnen auch für das Mitmachen und
Durchhalten regelmäßig Komplimente aussprechen und würde sie aber auch
feinfühlig darüber aufklären, dass durchaus schwierige Zeiten auf den ein
oder anderen zukommen können, ja, dass der ein oder andere sogar damit
rechnen muss, den ganzen Weg nicht mitgehen zu können. Für diesen Fall
würde ich allen dreien bestätigen, dass selbstverständlich der
Zurückbleibende nie vergessen wird und dass die anderen sich später im
Leben mit ihm (oder ihr?) gleichsam stellvertretend mitfreuen werden.
Prüfen Sie in Ruhe, ob
Ihnen so etwas liegt. Sicher finden sich auch noch andere Wege des
Coachings für die Kleinen, die Ihnen vielleicht sogar noch besser liegen.
Sollten Sie doch noch
"brisante Themen" in absehbarer Zeit ansprechen zu wollen, bitte ich Sie,
dies über C.v.F.X. zu tun. Bevor ich so etwas während der Schwangerschaft
aufgreife, möchte ich mich vorab mit C.v.F.X. kollegial über die Chancen
und Risiken solcher Gespräche beraten. Bitte fühlen Sie sich dabei nicht
übergangen, ich denke C.v.F.X. wird Ihre Interessen ausreichend vertreten.
Damit schließe ich für
heute und wünsche Ihnen ein entspanntes Wochenende mit Ihrem Mann.
Viele Grüße
Dr. H. Mück
Lieber Herr Dr. Mück,
Frau X. hat sich sehr
über Ihre Mail gefreut und wird Ihnen nächste Woche antworten, denn am
Wochenende ist sie in Köln zum Workshop. Die Idee vom Coaching der Kleinen
findet sie wunderbar und sie ist ganz gerührt von Ihrem Vorschlag, aber
sie weiß auch, dass sie für diese Aufgabe möglicherweise nur noch eine
Woche Zeit hat und das macht sie traurig. Ich habe ihr gesagt, dass sie
jetzt ein paar Minuten traurig sein darf, dann aber jede Stunde mit den
Kleinen genießen soll, egal wie lange es dauern darf. Auf jeden Fall tut
ihr der Optimismus von Ihnen gut.
Viele Grüße
C.v.F.X.
Lieber Herr Dr. Mück,
wollte nur kurz
mitteilen, dass es mir gutgeht. Die Sonne scheint und meine Laune ebenso.
Das Morgentief war schon wieder ein Stück schneller überwunden. Ich gebe
mir alle Mühe die nächsten Tage. Es ist ja so, dass es keine frühen
Schwangerschaftsanzeichen oder Nichtanzeichen gibt, deshalb versuche ich
jetzt einfach mal, alles positiv zu deuten. Bitte antworten Sie nicht auf
das letzte Mail von C.v.F.X. Sie hat gestern ganze Arbeit geleistet.
Viele Grüße X. Y.
Danke für die positive
Rückmeldung und die "Mail-Entlastung". Heute habe ich 8 Therapiestunden in
Folge, so dass meine "Reaktionskapazität" auch an Grenzen gerät. Da tun
solche Rückmeldungen besonders gut.
Viele Grüße und ein
entspanntes Wochenende!
Dr. H. Mück
Lieber Herr Dr. Mück,
egal wie es ausgeht, ich
will bis Freitag das Gefühl genießen. Gestern habe ich etwas aus meiner
Liste ausprobiert. Hausarbeit klappt gut gegen schlechte Stimmung,
insbesondere staubsaugen ;-))) Der Bauch zwickt mal hie und da und es
könntes Positives, aber auch genau das Gegenteil bedeuten. Am Wochenende
habe ich auf der Fahrt nach Köln eine Weisheit des Dalai Lama gehört. Sie
lautet "drop the thought" und ergänzt Ihre Erklärung, dass das Gehirn
nicht zwischen Gedanken und Realität unterscheidet. Deshalb gebe ich mir
mit dem "droppen" große Mühe. Und es freut mich, dass es eine so schöne
Verbindung zwischen Ihnen und dem Dalai Lama gibt.
Der Fotoworkshop war
klasse und einige Bilder wurden von dem Fotograf gelobt. Wir waren 10
Personen, davon 4 Männer. Es war wirklich klasse, wie sich die Herren eine
wahre Technikschlacht lieferten. Meine Kamera ist für mich hervorragend.
Kein Porsche, aber ein gut ausgestatteter VW. Als ich sie auspackte, kamen
die Herren gleich zu mir uns wollten die Objektivstärke wissen. Musste
ziemlich grinsen, denn so ein Objektiv ist ja schon irgendwie ein
Phallussymbol und da waren die Herren eindeutig besser "bestückt". Meines
sei aber das leistungsstärkste bei den Frauen, erklärten mir die Herren
fachmännisch.
Die Auftragssituation ist
nicht nur Sonnenschein, denn wir arbeiten ziemlich hart für die Aufträge.
Dies entspricht meiner Natur, denn wir sind nicht an schnellem Geld,
sondern an einer langfristigen Kundenbeziehung interessiert. Trotzdem
genieße ich es, gefragt zu sein, denn ich kenne auch das Gegenteil und
meine Zweifel, ob ich überhaupt zu irgendetwas zu gebrauchen bin. Ein
wenig muss ich jetzt wieder grinsen, weil ich mich seit Wochen mit
Durchfall beschäftige und bei XXX mittlerweile als die psychologisce
Fachkraft angesehen werde und von den jüngeren Mitarbeitern jetzt zu
vielen anderen Krankheiten befragt werde.
Ihren Gedanken, dass ich
nicht gedacht hätte, jetzt so weit zu sein, hatte ich auch. Zu Beginn
schilderte ich Ihnen mein Bedauern, noch nicht so viel erreicht zu haben
wie die anderen, jetzt stellt es sich mehr und mehr ein. Es geht mir ein
wenig wie bei Lektüre des Buches: Auf der Suche nach der Langsamkeit. Ich
lese sehr schnell und wartete ungeduldig, wann ich sie denn endlich finden
würde, bis ich realisierte, dass genau dieses Vorgehen mich nicht zum Ziel
führen kann. So bin ich jetzt auch in der Therapie fast unerwartet an
einem Punkt angelangt, fast ohne es zu merken. Gewachsen bin ich an den
Anforderungen der letzten Wochen und Monate. Langsam wächst das kleine
Pflänzchen Positiv-Bias und ich komme besser mit schwierigen Situationen
klar. Das ganz werde ich noch ausführlich in meiner Zwischenbilanz
beschreiben, denn jetzt muss ich an ein Lieblingsaufschiebethema: die
Steuer.
Ich brauche kein
Feedback, ich will diese Woche einfach nur gut und mit viel Achtsamtkeit
erleben (zuerst stand hier überleben, aber das ist doch zu negativ).
Viele Grüße
X. Y.
Zumindest ein
Minifeedback: Sie begeistern mich! Und: Danke für die Freigabe.
Viele Grüße und Freude
beim Staubsaugen (eine Form der Achtsamkeit!) Dr. H. Mück
Lieber Herr Dr. Mück,
die derzeitige Begleitung
von Frau X. geht mir nahe. Es ist eine Herausforderung des Lebens, dass
nicht alles mit Fleiß, Ehrgeiz und Einsatz erreicht werden kann. Sie haben
es sehr eindrücklich mit Akzeptanz beschrieben.
Frau X. hat noch 2 Tage
und diese Zeit ist nicht immer schön. Manchmal stellt sie sich vor, wie
schön es wäre, das Ergebnis des positiven Tests zu sehen, aber
............ Lassen wir das. Sie gibt sich die größte Mühe, alle
bemerkbaren Anzeichen positiv oder neutral zu sehen. Am liebsten würde sie
sich uneingeschränkt freuen. Aber je mehr sie sich jetzt freut, desto
schwieriger wird der Abschied von dem schönen Gefühl. Es wäre nicht nur
ihre Traurigkeit, sondern auch die ihres Mannes.
Gut, dass es noch den
temperamentvollen vierbeinigen Therapeuten gibt, der schlechte Laune nicht
kennt und uneingeschränkt die samtweichen Schlappohren zum trösten zur
Verfügung stellt und außerdem sein Frauchen immer wieder in die Natur
drängt, die so viel heilende Wirkung haben kann. Auch mir fehlt momentan
die nötige Distanz und auch ich bin manchmal traurig, weil ich es Frau X.
so sehr wünsche. Viele Grüße C.v.F.X.
Liebe Kollegin C.v.F.X.,
vielen Dank für Ihre
Zwischeninformation. Es freut mich zu erfahren, dass Sie weiterhin gute
Hintergrundarbeit für Frau X. leisten, gerade auch weil es Ihnen dabei
schwer fällt, die ja für unsere Tätigkeit immer nötige "therapeutische
Distanz" aufrechtzuerhalten. Natürlich dürfen und müssen wir Profis uns
von den Gefühlen unserer Klienten berühren lassen (diese haben ja oft
gerade mit dem Umgang mit Gefühlen Probleme!). Denn so erleben unsere
Klienten, dass Gefühle sein dürfen und dass man mit ihnen konstruktiv
umgehen kann. Hier müssen wir unseren Klienten tatsächlich durch unser
lebendiges Vorbild Halt geben.
Hat sich Frau X. denn an
die Empfehlung gehalten, die Kleinen zu coachen und dabei die Kleinen auf
die schwierigen Zeiten, insbesondere den offenen Ausgang ihrer weiteren
Entwicklung vorzubereiten? Ähnlich wie wir für Frau X. ein Vorbild sein
und ihr Halt geben können, ist es auch für die Kleinen wichtig, von Frau
Halt zu bekommen und notfalls sogar getröstet zu werden. Alle guten Eltern
müssen jedoch vorrangig ihren Kindern Hoffnung vermitteln, denn
hoffnungslose Eltern werden hoffnungslose Kinder heranziehen. Auch werden
die Kleinen spüren, welches Vertrauen Ihre Mutter ausstrahlt und werden
dieses Vertrauen zu ihrem eigenen machen.
In diesem Sinne wünsche
ich Ihnen viel Erfolg beim Coachen Ihrer wirklich eindrucksvoll tüchtigen
Klientin. Es muss doch Freude bereiten und Lebenssinn vermitteln, einer
solchen Persönlichkeit beim Durchwandern von Höhen und Tiefen zur Seite
stehen zu dürfen. Ich selbst habe jedenfalls weiterhin ein sehr gutes
Gefühl, was die jetzige Schwangerschaft betrifft.
Mit den besten
kollegialen Grüßen aus einem verregneten Köln (auch hier ist nicht alles
Sonnenschein! Er wird aber wieder kommen!)
Ihr Dr. H. Mück |