Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Systemtheorie (4)
Grundlagen und Auswirkungen
systemtheoretischen Denkens


Gastbeitrag von Lothar Seckinger, Köln

www.seckinger-consulting.de © Lothar Seckinger, Köln 2005
(als pdf-Datei zum Download)
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⇒ Vor allem im Spiel selbst kann eine Fußballmannschaft nur dann funktionieren, wenn sie in einer klaren Struktur bzw. Rollenverteilung agiert. Torwart, Verteidigung, Mittelfeld und Sturm haben im Zusammenspiel klar umrissene „Aufgabenbereiche“, d.h. auf den externen Impuls „Ballverlauf“ hin wird in einer möglichst eindeutigen Zuordnung von Reaktionsmustern gehandelt, auf die sich alle am Spiel Beteiligten verlassen können müssen. Müsste während eines Spiels erst ausgehandelt werden, wer welchen Part zu spielen hat, wäre das Chaos perfekt, denn selbst kleinste Missverständnisse zwischen den Spielern können zu folgenschweren Konsequenzen führen.

Lebende Systeme zeichnen sich durch eine operative Geschlossenheit aus, die ihnen in Bezug zu ihrer Umwelt selbstreferenzielle Autonomie ermöglicht. Um bei der Unmenge an Umweltimpulsen jedoch anschlussfähig zu bleiben, d.h. adäquat zu reagieren und zu handeln, müssen die Systeme effiziente Strukturen und Prozesse installieren, die systemrelevante Informationsaufnahme und -verarbeitung gewährleisten sowie intern abgestimmte Rollenzuweisungen und eingespielte Handlungsmuster bereitstellen.

Wie interagieren Systeme mit ihren relevanten Umwelten bei gleichzeitigem Erhalt ihres spezifischen Funktionszusammenhangs und ihrer jeweiligen Identität?

Systeme sind wie oben beschrieben „operativ“ geschlossen, d.h. Umweltimpulse werden durch systemspezifische Wahrnehmungsprozesse aufgenommen, verarbeitet und zu Handlungsalternativen und -weisen aufbereitet. Keineswegs bedeutet operative Autonomie allerdings, dass sich Systeme nicht auf ihre Umwelt beziehen. Entscheidend ist jedoch, dass solche Systeme von ihrer Umwelt letztendlich nur zu ganz eigenen ihnen zur Verfügung stehenden Handlungsweisen angestoßen werden können.

⇒ Jede Bundesliga-Fußballmannschaft steht im Kreuzfeuer massiver Umwelteinflüsse. Es wäre jedoch verheerend, wenn jeder, der sich dazu berufen fühlt, unmittelbaren Einfluss auf die Geschicke des Clubs nehmen könnte. Offensichtlich ist aber auch, dass Kritik ins System gelangt und auch verarbeitet wird. Wesentlich ist hier, dass die Mannschaft im Sinne der oben beschriebenen Autopoiesis über einen ganz eigenen internen Mechanismus zur Wahrnehmung und Verarbeitung solcher Kritik verfügt.Vor allem Trainer und Mannschaftsleitung sind gefragt, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden und dafür zu sorgen, dass die für einen Erfolg erforderlichen Faktoren in die weitere Strategie einfließen. Organe des Systems selbst entscheiden also, welche Informationen ins System Fußballmannschaft gelangen und dort verarbeitet werden bzw. wirken können.

Ein System unterhält somit vielerlei Umweltbeziehungen, ist im Kern jedoch mit seiner Umwelt immer nur durch systemimmanente Wahrnehmungs- und Verarbeitungsprozesse verbunden.8

Interessanterweise ist jetzt gerade diese im Kern auf sich selbst bezogene „Verankerung“ in der Welt eine Grundvoraussetzung dafür, um in dem ständigen Wandel und auch bei laufend wechselnden Umweltbedingungen innere, systemspezifische Funktionszusammenhänge stabilisieren und damit eine eigene Identität entwickeln zu können.

Indem ein System ein ganz eigenes, zwar immer noch an der umgebenden Realität orientiertes, jedoch im Kern wirklich individuelles Weltbild entwirft, kann es eine gewisse Stabilität im Inneren erzeugen. Nicht jede Änderung der Umwelt wird jetzt sofort unmittelbar wirksam, sondern nur vermittelt durch die nach und nach sich verdichtenden und konsolidierenden inneren Wahrnehmungs- und Verarbeitungsprozesse des Systems „absorbiert“.

Genau diese (Verarbeitungs-)Stabilität im Inneren des Systems wiederum führt schließlich zu einer gewissen Konstanz von Erwartungen, Einstellungen und Handlungsmustern. Es bildet sich etwas für das System in der Gestaltung seiner inneren Strukturen und Umweltbeziehungen „Typisches“, an dem sich alle orientieren können. Das System selbst und seine Umgebung nehmen dieses „Typische“ schließlich als Identität wahr.

⇒ Der FC Bayern München ist für alle erkennbar der FC Bayern München. In einer für ihn, und nur für ihn typischen Art, interagiert er mit seinen Umwelten. Selbst der Austausch von Spielern, Trainern oder Managern wird an der grundsätzlichen Identität dieses Clubs nichts ändern9. Die über viele Jahre entwickelten Strukturen wirken im Kern des Systems „FC Bayern München“ und lassen auf eine ziemliche Konstanz an Erwartungen, Einstellungen und Handlungsmustern vertrauen.

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8 Maturana nennt diese Art der Umweltbeziehung „strukturelle Koppelung“