Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

E-Mail: kontakt@dr-mueck.de (Keine Beratungen per Telefon oder E-Mail!) - Gerne können Sie diese Seite verlinken!

 

Web www.dr-mueck.de

Home
Nach oben
Impressum/Vorwort
Stichwortverzeichnis
Neues auf dieser Website
Angst / Phobie
Depression + Trauer
Scham / Sozialphobie
Essstörungen
Stress + Entspannung
Beziehung / Partnerschaft
Kommunikationshilfen
Emotionskompetenz
Selbstregulation
Sucht / Abhängigkeit
Fähigkeiten / Stärken
Denkhilfen
Gesundheitskompetenzen
Selbsthilfe+Gesundheitstipps
Krisenintervention
Therapeuten-Suche
Über die Praxis Dr. Mück
Konzept+Methoden
Erfahrungsberichte
Lexikon/Häufige Fragen
Innovationen / Praxisforschung
Wissenschaftsinformationen
Gesundheitspolitik
Infos auf Russisch
English Version
 

 


Systemtheorie (3)
Grundlagen und Auswirkungen
systemtheoretischen Denkens


Gastbeitrag von Lothar Seckinger, Köln

www.seckinger-consulting.de © Lothar Seckinger, Köln 2005
(als pdf-Datei zum Download)
zurück zu Teil 2                                                                                                                                                 weiter zu Teil 4


Die Konsequenzen der Autopoiesis sind in zweifacher Hinsicht wesentlich:

1. Lebende Systeme sind Umweltreizen nicht mehr unmittelbar in einer Reiz-Reaktions-Abhängigkeit6 ausgesetzt. Vielmehr werden die eintreffenden Impulse nach systemintern entwickelten Regeln aufgenommen und verarbeitet bzw. integriert. Das System wird sich dadurch in seiner Wahrnehmung selbst zur Referenz7. Aus der Umwelt können somit zwar noch Impulse „ins System“ gelangen, die Art und Weise jedoch, wie diese Impulse im System ankommen und aufgenommen werden bzw. wirken, obliegt alleine den systemimmanent gebildeten Aufnahme- und Verarbeitungsmodi des Systems selbst. Diese im Prinzip zirkulär-selbstreferenzielle Operationsweise wird auch als operative Geschlossenheit bezeichnet.

2. Lebende Systeme gewinnen durch diese operative Geschlossenheit bei der Verarbeitung von Umweltimpulsen autonome, von ihrer Umwelt gänzlich unabhängige Freiräume. Denn in den von systeminternen Regeln bestimmten Verarbeitungsprozessen können mehrere unterschiedliche Handlungsoptionen erzeugt und erst nach einer ebenfalls ausschließlich systeminternen Abwägung in konkrete umweltbezogene Handlungsweisen umgesetzt werden.

Gerade diese autonome und Außenwirkungen nur mittelbar zugängliche operative Geschlossenheit ist die Bedingung für die Konstituierung und auch Stabilisierung eines Systems. Nicht jeder Umweltimpuls zwingt jetzt unmittelbar zu einer Reaktion, sondern nur noch diejenigen, die das System in Bezug auf sich selbst als wesentlich wahrnimmt.

⇒ Was würde wohl passieren, wenn jeder Fan oder Fan-Club jederzeit mitbestimmen könnte, wer in seiner Mannschaft mitspielen darf, wie seine Mannschaft auf dem Spielfeld aufzustellen ist und welcher Spielstrategie gefolgt werden muss? Der Erfolg eines Clubs kann sich nur dann einstellen, wenn das System „Fußballmannschaft“ autonom dazu in der Lage ist, aus sich selbst heraus Spieler und Spielweise zu bestimmen, d.h. seine Elemente und Handlungsweisen selbststeuernd und selbstorganisierend festzulegen.

Aber gerade diese Autonomie hat auch ihren Preis: das System wird sich selbst zum Problem. Indem Umweltreize zunächst nach systemspezifischen Gesichtspunkten gefiltert und dann mit systemeigenen Daten angereichert sowie bewertet werden, vergeht Zeit, die durch die Vielzahl möglicher Umweltimpulse sehr schnell knapp werden kann. Um immer noch adäquat reagieren zu können, muss ein System schnellstmöglich die (System-)Relevanz der vielfältigen auf es einströmenden Ereignisse beurteilen können.

Im Bemühen um Stabilität und Anschlussfähigkeit an seine Umwelt entwickelt ein System deshalb zunächst Kriterien, die es ihm erleichtern schnell zwischen „systemrelevanten“ und „systemirrelevanten“ Umweltimpulsen zu unterscheiden.

⇒ Für eine Fußballmannschaft stehen in erster Linie „sportliche“ Daten der eigenen Sportart im Vordergrund des Interesses. Von weniger Relevanz ist dagegen was in anderen Disziplinen oder in grundverschiedenen Bereichen wie z.B. der Landwirtschaft passiert. Bezogen auf „wirtschaftliche“ Daten sind die Attraktivität der Sportart und damit z.B. Anzahl der Zuschauer sowie Sponsoren wesentlich, weniger jedoch sonstige gesamtwirtschaftliche (für Unternehmen wesentliche) oder politische (für Parteien bedeutsame) Themen. Ein Fußball-Club wird sich somit schwerpunktmäßig auf diejenigen Umweltimpulse „sensibilisieren“, die für den eigenen sportlichen wie wirtschaftlichen Fortbestand von Bedeutung sind.

In einer weiteren Stufe der Systemoptimierung und -stabilisierung werden schließlich fertige und verlässliche Handlungsmuster entwickelt, die für „stereotyp“ auftretende Umweltereignisse „automatisierte“ Reaktionen induzieren. Das System formt dazu in seinem Inneren Strukturen und Prozesse, die seinen Elementen gegenseitig verlässliche Rollen sowie daraus abgeleitete Handlungsweisen zuordnen und damit ein koordiniertes Zusammenwirken ohne weitere Absprachen ermöglichen. Koordination muss nicht mehr durch zeitraubende interne Abstimmungsprozesse erfolgen: tritt das Ereignis ein, weiß jedes Element, was es zu tun hat. Auf im Großen und Ganzen wiederkehrende Umweltereignisse kann jetzt unmittelbar und damit schnell reagiert werden.

Zurück zu Teil 2                                                                                    Weiter zu Teil 4


6 z.B. durch eine rein instinktmäßig gesteuerte Handlungen

7 Selbstreferenz: Phänomene der Selbstbezüglichkeit, z.B. im erkenntnistheoretischen Bereich die Bezugnahme des Erkenntnissubjekts auf sich selbst als Bedingung jeder Erkenntnis