Die
Erkrankung ernst nehmen
Zögern
Sie nicht, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Sie unter einer
Depression leiden. Eine Depression ist eine echte Erkrankung des
gesamten
Menschen und nicht bloß eine Befindlichkeitsschwankung. Sie umfasst Veränderungen
·
des Erlebens (Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Kränkung, Versagung,
Frustration),
·
des Denkens (Katastrophenvorstellungen, negative Verallgemeinerungen),
·
des Verhaltens bzw. Antriebs
(sozialer Rückzug, Inaktivität) und
·
des Körpers (Nervosität, Schlafstörungen, Herzbeschwerden usw.).
Eine
schwere Depression kann das ganze Leben verändern, die Umwelt
einbeziehen und in Extremfällen Selbstmordgedanken und -tendenzen auslösen.
Die medizinische „Depression“ ist von dem in der Umgangssprache gebräuchlichen
Begriff zu unterscheiden, der unter anderem auch ein vorübergehendes
Stimmungstief beschreibt. Manche benutzen auch Bezeichnungen wie "Blues"
oder (jahreszeitbedingt) "Winterblues".
Die
Depression verstehen
Betrachten
Sie die Depression als eine schwere Erschöpfung, wie sie sich mit dem
Bild des „Nervenzusammenbruchs“ bzw. des Gefühls „mit den Nerven
am Ende zu sein“ beschreiben lässt. Eine Depression hat nichts mit
„Verrücktheit“, „Hirnabbau“ oder einem Verschulden zu tun. Häufig
mangelt es dem Körper an „Botenstoffen“, die Informationen im
Nervensystem übertragen. Manchmal erscheint die Depression sogar
regelrecht „vernünftig“, wenn sie den Kranken erstarren lässt, ihn
so vor weiterer Selbstschädigung (in Form krankmachenden Verhaltens)
schützt und gleichzeitig der Umwelt die Hilfsbedürftigkeit
verdeutlicht. Depressionen
lassen sich als lang anhaltende Verlust-, Kränkungs- und
Trotzreaktionen verstehen, bei denen die Gedanken um Enttäuschung, Wut
und Trauer kreisen. Die Betroffenen leiden unter einem stark beeinträchtigten
Selbstwertgefühl (Nichts-wert-Sein", "Nichts-Können")
und sind emotional überbedürftig (nach Zuwendung, Verständnis,
Liebesbeweisen und symbiotischer Nähe). Sie wagen es nicht, ihre Wünsche,
Phantasien oder Erwartungen anderen Menschen auf direkte Weise
mitzuteilen.
Aktuell (9/2013): Bitte
unterzeichnen Sie meine AVAAZ-Petition zur Verbesserung
der psychotherapeutischen Versorgung in Deutschland
unter diesem Link (links anklicken)
Sich
ärztliche Hilfe gönnen
Beschreiben
Sie Ihrem Haus- oder Facharzt möglichst bald alle (!) Ihre Symptome
(insbesondere auch die seelischen und solche, die Tabus betreffen, wie
etwa Sexualität). Scheuen Sie sich nicht, auch Selbstmordgedanken
anzusprechen. Befreien Sie sich von dem Vorurteil, seelische
Erkrankungen seien ein Ausdruck von Schwäche. Äußern Sie unumwunden
Ihren Verdacht, wenn Sie selbst eine Depression als Ursache Ihrer
Beschwerden vermuten. So gewinnen Sie wertvolle Zeit und ersparen sich
unnötiges Leid, da sich Depressionen sehr gut behandeln lassen. Ihr
Arzt weiß, dass Depressionen weder eine „Mode-Erscheinung“ sind,
noch Ausdruck von Faulheit oder Unwillen. Er nimmt sie ernst und weiß,
wie geschickt sie sich manchmal hinter körperlichen Symptomen verbergen
können.
Depressionsauslöser
erkennen
Auch
wenn manchmal ein besonderer Schicksalsschlag als Auslöser erscheint
(Verlust, Kränkung, Scheitern von Plänen und Lebensmöglichkeiten),
sind viele Depressionen das Endergebnis einer langen Kette von
Belastungen, bei denen der letzte Tropfen das Fass überlaufen lässt.
Ungünstige Denkgewohnheiten, starre Verhaltensmuster und einseitige
Erwartungen der Umwelt halten die Depression beharrlich am Leben.
Depressive Menschen beklagen meist einen „Mangel“ (oft in Form von
Zuwendung und echter Wertschätzung). Dieser kann von Familienangehörigen
und Therapeuten nicht nachträglich in Form einer „Wiedergutmachung“
ausgeglichen werden. Soweit es eine Lösung gibt, besteht sie meist
darin, das Fehlende zu betrauern und es durch eigenes (neues) Verhalten
zu ersetzen. Man kann die Depression auch als eine Aufforderung
verstehen, bislang ungelebte Möglichkeiten künftig zu realisieren
(sich persönlich zu entfalten, unabhängiger zu werden, zu genießen
usw.).
Hoffnung
schöpfen und bewahren
Vertrauen
Sie darauf, dass Ihr Leiden sehr gut zu behandeln ist, auch wenn Sie
momentan alles schwarz sehen. Unzählige Menschen vor Ihnen haben
Depressionen erfolgreich bewältigt.
Geduldig
sein
Depressionen
kommen und gehen selten aus heiterem Himmel. Oft haben sie eine längere
Vorgeschichte und münden in ein Gefühl völligen Erschöpftseins bzw.
großer Leere. So wie man einen leeren Tank allmählich auffüllt,
braucht es auch bei Depressionen Zeit, bis durch Medikamente und
Verlernen Kraft zehrender Verhaltensweisen wieder ausreichend Energie zur
Verfügung steht. Tanken Sie Kraft aus der Erkenntnis „Langsam vorwärts
zu kommen, ist besser, als gar nicht vorwärts zu kommen“.
Sich
Entlastung gönnen
Schützen
Sie sich vor eigenem und fremdem Druck. Machen Sie sich bewusst, dass
depressive Menschen meist hohe Erwartungen an sich selbst richten. Oft
handelt es sich um Perfektionisten, die alles 200prozentig machen wollen
und sich unter massiven Leistungsdruck stellen. Diesen Stress verstärkt
die Umwelt durch passende Appelle wie „Reiß dich doch zusammen“.
Verstehen Sie also Ihre seelische Erkrankung als Aufforderung, sich von
krankmachenden Verhaltensmustern, Einstellungen und Stressquellen zu
befreien. Akzeptieren Sie, dass Sie zur Zeit vielen Anforderungen
einfach nicht mehr genügen können und erlauben Sie sich selbst ausdrücklich,
depressiv zu sein (zu klagen, zu weinen usw.). Gönnen Sie sich eine vorübergehende
Krankschreibung, um Kraft zu tanken und Ihren Lebensstil in Ruhe zu
verbessern. Manchmal kann ein Krankenhausaufenthalt der beste Weg sein,
dem inneren und äußeren Stress zu entfliehen. „Sich Entlastung gönnen“
heißt nicht, dass Sie sich ab jetzt im Bett verkriechen und rundum
versorgen lassen sollten. Für den Anfang ist dies in Ordnung. Auf Dauer
werden Sie aber mehr davon haben, wenn Sie sich dafür einsetzen, wieder
leistungsfähiger sowie körperlich und psychisch belastbarer zu werden.
Sich
als „depressiv“ akzeptieren
„Bekämpfen“
Sie nicht Ihre „Depressivität“ (und damit einen Teil Ihrer Person).
Depressive Menschen sind oft viel zu aggressiv gegen sich selbst. Stehen
Sie lieber zu Ihrer Depressivität, zumal diese für andere mitunter
sehr hilfreich sein kann. Da 10 bis 15 Prozent aller Menschen mindestens
einmal in ihrem Leben an einer Depression erkranken, gehört die
entsprechende Veranlagung offenbar zum Menschsein.
Sich
wertschätzen
Nehmen
Sie auch die Stärken und Vorteile einer Depressivität wahr. So sind
depressiv veranlagte Menschen oft sehr beharrlich und zuverlässig. Sie
sind leistungsbezogen, orientieren sich an sozialen Idealen und wirken
bescheiden, da sie selten offen aggressiv fordern. Sie sind sehr
sensibel, warmherzig und zu tiefem Erleben fähig. Als Partner sind sie
anhänglich und an Nähe interessiert. Sie überstürzen nichts, sondern
überlegen vieles aus Vorsicht lieber mehrfach und detailliert. Sie sind
sehr selbstkritisch und stehen zu eigener „Schuld“. Sie sind die
klassischen Helfer, die nicht zögern, für andere Verantwortung zu übernehmen
und sich dafür notfalls aufzuopfern. In ihren Familien und auf ihren
Arbeitsstellen werden sie deshalb oft sehr geschätzt
Wirkung
auf andere berücksichtigen
Durch
anhaltendes Klagen (aus der Sicht der anderen: „ewiges Jammern“ oder
„An-Klagen“) drücken depressive Menschen ihre Aggressivität aus.
Sie ist zwar gegen die Kranken selbst gerichtet, kann aber bei anderen
Ungeduld und Ablehnung (Gegenaggression) hervorrufen. Die dauernden
Selbstanklagen, ein gekränkt-trotziges Verhalten, der Appell zu helfen
und die gleichzeitigen Misserfolge des Helfers machen den Helfer irgendwann wütend und enttäuscht. Dieser spürt durchaus die Heftigkeit
seiner Gefühle, während der Depressive oft gar nichts mehr spürt. Die
oft wiederholte Feststellung „Mir hilft nichts“ versteht der Helfer
dann als „Auch du kannst mir nicht helfen“. Damit stellen
Depressionen die Frustrationstoleranz
von Familienangehörigen, Freunden, Bekannten, Ärzten und anderen
Helfern oft erheblich auf die Probe. Vielfach müssen sie den Ärger
aushalten, den der Depressive eigentlich gegenüber anderen wichtigen
Bezugspersonen hegt. Nicht selten werden auch Personen der Umwelt
regelrecht „angesteckt“, so dass sie sich ebenfalls vorübergehend
gefühlsleer, wert-, interesse- und willenlos fühlen. Wenn depressive
Menschen sich anklammern, nehmen sie anderen oft die „Luft“. Um
nicht zu ersticken, gehen letztere dann auf Abstand und verstärken damit
die Angst des Depressiven, abgelehnt und allein gelassen zu werden.
Versetzen Sie sich also im eigenen Interesse immer wieder einmal in die
Person Ihrer Helfer, auch wenn Ihnen dies schwer fallen sollte.
Depressive
Menschen neigen dazu, alles schwarz zu sehen (sie verallgemeinern zu
ihrem eigenen Nachteil). Selbst wenn einige Dinge im Tagesablauf klappen
und für andere Personen eine Tendenz zur Besserung sichtbar wird,
erlebt der Depressive weiterhin „alles als schrecklich und
hoffnungslos“. In dieser Situation helfen Sie sich, wenn Sie Ihr
Befinden täglich mehrfach bewerten und das Ergebnis notieren. Mit Hilfe
eines solchen „Stimmungskalenders“ halten Sie sich einen Spiegel vor
Augen. Er wirkt der Gefahr entgegen, dass Sie im Rückblick vieles
verzerrt wahrnehmen. Gleichzeitig erleichtern Sie es Ihrem Arzt, den
Behandlungseffekt zu überprüfen.
Stimmung
und Verhalten beeinflussen sich gegenseitig. Sie merken es ja selbst:
Aufgrund Ihrer Depression haben Sie zu nichts Lust und würden sich am
liebsten irgendwo verkriechen und dort verharren. Vielleicht hoffen Sie,
dass Sie wieder zupacken werden, sobald Sie sich besser fühlen.
Empfehlenswerter ist das umgekehrte Vorgehen: Unternehmen Sie überhaupt
etwas und lassen Sie sich davon überraschen, dass es dadurch wieder
bergauf geht. Verlassen Sie also Ihr Bett und erheben Sie sich aus dem
Sessel. Denn ähnlich wie Feuer und Wasser sind gesunde Aktivität und
Depression kaum miteinander vereinbar. Führen Sie ergänzend zu Ihrem
Stimmungs- auch einen
Aktivitätenkalender. Wenn alles klappt, wird mit
wachsender Aktivität auch Ihre Stimmung steigen. Beispiele für Aktivitäten
sind: Spazieren gehen, Fahrradfahren, Wohnung aufräumen, im Garten
arbeiten, Lesen, Freunde anrufen, sich schön anziehen, schminken usw.
Stellen Sie sich eine möglichst umfangreiche Liste von gut zu bewältigenden
Aktivitäten zusammen, die für Sie persönlich angenehm sind und von
der Sie sich täglich anregen lassen.
Nutzen
Sie die antidepressive Wirkung von sportlicher Bewegung. Offensichtlich
setzt Sport im Körper Botenstoffe frei, die entspannen und die Stimmung
verbessern. Besonders bewährt haben sich Ausdauersportarten wie Walking
(schnelles Gehen), Jogging, Radfahren, Schwimmen usw. Radfahren hat den
Vorteil, dass Sie sich durch Ausflüge neue Räume und so möglicherweise
ein Gefühl von Freiheit erschließen. Ihr Hausarzt wird Sie gerne
beraten. Sport eignet sich auch dazu, Ärger und Wut auf gesunde Art und
Weise abzubauen.
Depressive
Menschen sind oft Meister darin, anderen zu helfen und sich
selbst zurückzustellen. Dabei haben sie den Anspruch, „es allen recht
machen zu müssen“. Umgekehrt bzw. unbewusst erwarten sie oft das
Gleiche, nämlich dass andere sich voll für sie einsetzen. Zum
Leidwesen vieler Depressiver geht diese Rechnung nicht immer auf. Auch
auf ihren Arzt übertragen depressive Menschen gerne die gesamte
Verantwortung für ihre Heilung („Sie sind doch der Arzt“). Gerne verführen sie
ihn zu der Annahme,
diesen Patienten auf jeden Fall „retten“ zu können. Dementsprechend
sind sie um so enttäuschter, wenn auch der Arzt „versagt“.
Vermeiden Sie die drohende „Enttäuschungs-Falle“. Bauen Sie nicht
ausschließlich auf fremde Hilfe, sondern tragen Sie zu Ihrer Genesung
aktiv bei. Übernehmen Sie Mitverantwortung für den Heilungsprozess.
Manche
Therapeuten gehen davon aus, dass Depressionen in besonderem Maß eine
Erkrankung des „Denkens“ sind. Denn depressive Menschen neigen dazu,
alles schwarz zu sehen (besonders sich selbst, die Zukunft, die
Umwelt und die bisherigen eigenen Erfahrungen). Sie verallgemeinern im
Übermaß („Keiner liebt mich“, „Nichts kann ich mehr“ „Alles
war umsonst“). Nach dem „Alles-oder-nichts-Prinzip“ erwarten sie
oft, wieder „ganz zu gesunden“. Zugleich übersehen die
Betroffenen, dass sie durchaus einiges schaffen, etwa sich anzuziehen,
ein Frühstück zuzubereiten und die Wohnung abzuschließen. Aber all
dies gilt nichts oder wird ausgeblendet. Depressive Menschen denken sehr
schematisch, haben aufdringliche „automatische Gedanken“, an denen
sie grüblerisch haften. Sie leiden unter der Vorstellung, Ereignisse
und Situationen durch eigenes Verhalten nicht beeinflussen zu können.
Missfolge werden der eigenen Person, Erfolge dem Zufall („Alles nur Glück“)
oder anderen äußerlichen Faktoren zugeordnet. Vor allem für
depressive Menschen hat es sich deshalb bewährt, konsequent zu üben,
wie man Sachverhalte präzise beschreibt, sinnvoll nach Ursachen
forscht, Zusammenhänge herstellt und damit wirklichkeitsnah denkt. Ein
entsprechendes Training bietet die kognitive Verhaltenstherapie.
Depressive
fühlen sich häufig als im Leben „zu-kurz-Gekommene“. Sie halten
dieses Gefühl des „zu wenig“ auf unterschiedliche Weise am Leben
(z. B. in Form des „Nichts-wert-Seins“, „Niemand-Seins“, „Nichts-könnens“).
Sie erleben sich als Menschen, die dauernd um etwas kämpfen müssen,
die nie etwas ohne Probleme oder gar im Überfluss besitzen, die sich
nichts nehmen dürfen und denen auch nichts gegeben wird. Deshalb leiden
depressive Menschen meist auch unter einem schwachen Selbstwertgefühl,
das besonders auf die mit der eigenen Leistungsfähigkeit verbundene
Anerkennung angewiesen ist („Ich bin, was ich leiste“). Jede Gefährdung
der Leistungsfähigkeit bedroht ihr Selbstwertgefühl. Zusätzlich
neigen sie dazu, sich und ihre Leistungen ständig abzuwerten. Hungrig
warten sie auf Bestätigung durch andere, von deren Meinung sie sich abhängig
machen. Gleichzeitig weisen sie aber die (von ihnen selbst
eingeforderte) Bestätigung der Umwelt wieder
misstrauisch zurück, weil sie unbewusst den Teufelskreis durchschauen.
Selbstbild
verbessern
Lösen
Sie das beschriebene Dilemma, indem Sie gezielt andere Menschen, um
positive Rückmeldungen (Beobachtungen) zu Ihrer Person bitten. Bedanken
Sie sich freundlich für Komplimente und verkneifen Sie sich weitere
Kommentare. Befreien Sie sich von dem auf Scham beruhenden
Denkautomatismus „Was werden die anderen wohl denken bzw. von mir
erwarten?“ Kümmern Sie sich weniger um die anderen und mehr um sich
selbst. Unterscheiden Sie zwischen Ihrem Wert als Mensch und dem Wert
Ihrer Leistungen.
Gesund
aggressiv sein
Oft
sind depressiv erkrankte Menschen gegen sich selbst aggressiv, was sich
zum Beispiel in Form von Kopf-, Magen-, Muskel- oder Gelenkschmerzen und
im Extremfall sogar in einem Suizid ausdrücken kann. Verschließen Sie
Ihre Augen nicht vor aggressiven Gedanken („Am liebsten würde ich ihn
umbringen“). Gedanken und Phantasien sind harmlos und natürlich. Sie
sind weder verwerflich noch machen sie den Betreffenden zum Schuldigen.
Akzeptieren Sie auch Zorn und Ärger als Gefühle, die jeder Mensch
haben darf. Problematisch werden solche Emotionen allenfalls, wenn sie
zu unbedachten Taten führen. Allein durch aggressive Gedanken werden
Sie jedenfalls noch nicht zu einem „aggressiven Menschen“. Versuchen
Sie, Ihren Ärger auszudrücken, auch wenn es Ihnen schwer fällt. Ihre
Umwelt wird umso bereitwilliger auf Ihre Vorstellungen eingehen, je weniger
vorwurfsvoll Sie diese formulieren. Beschreiben Sie, wie es Ihnen mit
bestimmten Erfahrungen geht, und verzichten Sie darauf, andere
anzuklagen. Wer angeklagt ist, muss sich nämlich vorrangig um die eigene
Verteidigung kümmern und wird dadurch nicht mehr auf die Idee kommen, Ihnen zu
helfen.
Depressive
Menschen klammern sich oft an andere. Sie haben nicht gelernt, sich zu
trennen, ohne in Unsicherheit, Angst und Verzweiflung zu stürzen. In
ihrem Lebenslauf fällt oft auf, wie selten sie über längere Zeit
alleine gelebt haben. In Gesprächen und Begegnungen können sie
mitunter nur schwer einen Schlussstrich ziehen (ihnen fällt immer noch
etwas Mitteilenswertes ein). Auch von Sachen können sich viele
Depressive nur schwer trennen. Es ist, als müssten sie sich an etwas
klammern. Verallgemeinernd könnte man die Depression auch zu den „Abhängigkeitskrankheiten“
rechnen. Sollten Sie sich in dieser Beschreibung wiedererkennen, wird
auch Ihre Heilung rascher voranschreiten, wenn Sie es schaffen, sich
vermehrt auf die eigenen Beine zu stellen.
Lebensentscheidungen
„mit freiem Kopf“ treffen
Hüten
Sie sich davor, grundlegende Entscheidungen (Heirat, Umzug, Scheidung,
Kinderkriegen, Kündigung, Berufswechsel) in einem Zustand schwerer
Depression zu treffen oder durch andere treffen zu lassen. Wenn Sie
solche Entscheidungen später bereuen, kann es sein, dass Sie noch
depressiver werden. Auch für die Beteiligten ist es meist unerfreulich,
wenn Sie erfahren, dass Ihre Entscheidung (Heirat, Kinderkriegen) vor
allem der Selbstheilung dient.
Eine
Kombination aus medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung
wirkt am besten gegen Depressionen. Gönnen Sie sich deshalb eine
Psychotherapie, sofern Sie unter Ihrer Depression sehr leiden und deren
Ende nicht abzusehen ist. Fragen Sie den Psychotherapeuten vorab, welche
Erfahrungen er mit Depressionsbehandlungen hat und ob ihm diese liegen.
Es ist nämlich keineswegs einfach, depressive Menschen zu behandeln, da
diese viel klagen, sich und auch andere übermäßig abwerten und
bevorzugt Misserfolge in den Vordergrund rücken. Auch muss ein
Therapeut konstruktiv mit der Wut depressiver Patienten umgehen können,
die diese mitunter auf den Therapeuten richten, obwohl sie eigentlich
anderen wichtigen Bezugspersonen gilt. Gruppentherapien haben den
Vorteil, dass sie Ihnen mehr als nur eine Bezugsperson (den Therapeuten)
bieten. Das ist besonders wichtig, wenn Sie sehr vereinsamt sein
sollten.
Antidepressiva
vertrauen
Antidepressiv
wirkende Medikamente normalisieren einen gestörten Stoffwechsel im
Gehirn, indem sie so genannte Botenstoffe beeinflussen (insbesondere
Noradrenalin und Serotonin). Sie machen nicht abhängig und sind bei
gesunden Menschen wirkungslos. Ihr Effekt tritt üblicherweise verzögert
ein (spätestens nach zwei bis drei Wochen). Deswegen darf man ihre
Einnahme nicht zu früh beenden.
Antidepressiva
brauchen einige Tage, um ihre Wirkung spürbar zu entfalten. Die heute
verfügbaren Antidepressiva wirken nicht bei allen Kranken gleich.
Deshalb kann es bei unzureichendem Effekt sinnvoll sein, ein
Antidepressivum durch ein anderes zu ersetzen. Ähnliches gilt für den
Fall, dass ein an sich wirksames Antidepressivum unangenehme
Nebenwirkungen entfaltet. Erst wenn nach drei bis vier Wochen noch immer
keine deutliche Besserung eingetreten ist, empfiehlt es sich, dass Sie
mit Ihrem Arzt über den Wechsel des Medikaments sprechen. Sehen Sie
einem solchen Schritt vertrauens- und hoffnungsvoll entgegen. Leider
gibt es noch keine Tests, mit deren Hilfe man vorhersagen kann, auf
welches Antidepressivum ein bestimmter Patient am besten ansprechen
wird. Verändern Sie auf keinen Fall eigenhändig die Dosierung, vor
allem dann nicht, wenn Ihr Befinden schwankt. Der Satz „Viel hilft
viel“ gilt nicht für Medikamente. Zu viel ist hier durchweg gefährlich.
Behalten Sie die Dosierung besonders dann bei, wenn Ihnen das
Antidepressivum sehr gut hilft. Dies ist ein überzeugender Grund, die
Behandlung fortzuführen, und keinesfalls ein Grund, sie zu beenden. Bei
wiederkehrenden Depressionen kann sogar eine Dauertherapie angebracht
sein. Wenn keine Nebenwirkungen zu beobachten sind, können Sie dies als
Ausdruck einer erfreulich guten Arzneimittel-Verträglichkeit werten und
nicht etwa als Hinweis auf mangelnde Wirksamkeit.
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