Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Umgang mit Problemen


Es gibt kein objektives Erkennungsmerkmal von Problemen“. Was in den Rang eines Problems erhoben wird, ist immer das Ergebnis einer Einigung bzw. eines Aushandelns zwischen den beteiligten Menschen, zu denen ja auch Ihr Therapeut gehört. Hier gilt Vergleichbares wie für Nachrichten und Informationen: Deren „Bedeutung“ hängt davon ab, ob und welche Reaktion sie gegebenenfalls auslösen. Über die Wichtigkeit entscheiden also die Adressaten und nicht der Lieferant der Information. Es gibt Therapeuten, die etwas zu einem „Problem“ erklären, was andere Therapeuten überhaupt nicht problematisieren. Ähnliches gilt für das „Dramatisieren“. Nicht mit jedem Thema werden Sie also bei jedem Therapeuten ankommen, es sei denn, Sie selbst sind ein besonders hartnäckiger Verhandler, der seine Sicht der „Wirklichkeit“ durchsetzt. Probleme sind immer von dem Kontext abhängig, in dem sie konstruiert werden. So kann man einen „Mörder“ ruhig laufen lassen, sobald man erkannt hat, dass er Teil eines Theaterstücks ist.

Es ist hilfreicher, in Problemen eine „Herausforderung“ (einen Entwicklungsreiz) zu sehen und sie nicht als „schreckliche Last“ zu betrachten. Manche Probleme (Konflikte) haben einen so hohen Nutzen, dass die Beteiligten „Lösungen“ scheuen. So hat ein Ehemann, der wegen des von ihm als „unausstehlich“ erlebten Verhaltens seiner Ehefrau mit Genuss fremd geht, kein Interesse daran, dass sich die Ehefrau plötzlich anders verhält (weil dann der „Entschuldigungsgrund“ entfiele). Bei manchen Problemen sind auch schon die (misslungenen) Lösungsversuche ihrerseits problematisch geworden, indem sie dazu beitragen, das Problem weiterhin aufrechtzuerhalten.

Probleme erscheinen oft als ineinander verschachtelt (wie russische Puppen): Ist ein Problem „gelöst“, tritt aus dessen Schatten das dahinter liegende hervor (ein Phänomen, das sich besonders bei Ängsten beobachten und nutzen lässt). Versteht man Probleme als Diskrepanz zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit, so wird verständlich, warum es nie einen Zustand geben kann, in dem alle Probleme gelöst sein werden: Wann immer wir ein Ziel (eine Lösung) erreicht haben, zeigt uns unsere (offenbar grenzenlose) Phantasie weitere Möglichkeiten auf. So erzeugt sie neue „Probleme“ (und damit kreative Unzufriedenheit).

Zu wissen, wie ein Problem entstanden ist, löst dieses Problem noch lange nicht. Ein solches Wissen erleichtert nur, weil man meist die Verantwortung für die Entstehung des Problems irgend welchen äußeren Umständen oder fremden Personen (insbesondere den Eltern) zuschreiben kann. Die Eigenverantwortung für die heutige, also jetzt endlich fällige Lösung des Problems wird man aber so nicht los. Wer in einer Psychotherapie meint, vor allem andere in die Verantwortung nehmen zu müssen (was in vielen Lebenssituationen durchaus sinnvoll sein kann), sollte lieber in eine politische Partei oder einen Pädagogenverband eintreten und nicht eine Psychotherapie anstreben. Die Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme ist meist auch der erste Schritt, sich von einem „Reagierer“ zu einem „Handelnden“ zu wandeln und aus Opferrollen zu schlüpfen (zu leben und nicht gelebt zu werden). Durch ihre Opferhaltung üben solche Menschen (oft sind es „Masochisten“) indirekt Macht auf ihre Umgebung aus, die diese regelrecht in die Helferrolle zwingt. Letztlich haben die Opfer so die Situation komplett unter Kontrolle und erklärt sich deren Wut, wenn die Umgebung einmal nicht „mitspielt“.

Wer handelt, riskiert allerdings auch, schuldig zu werden. Dagegen können sich„Opfer“ in der Illusion ewiger Schuldlosigkeit wähnen. Manche Menschen sind der Ansicht, dass ihnen so viel Unrecht widerfahren ist, dass nun endlich eine „Gutmachung“ fällig ist. Für solche Personen ist der Therapeut jedenfalls nicht die richtige Adresse, um ihr „Wiedergutmachungssparbuch“ einzulösen. Sie verleiten auch gerne den Therapeuten dazu, Rolle und Funktion von Personen zu übernehmen, die ihnen privat fehlen.

Gute Therapeuten werden Sie immer wieder einladen, möglichst viel Eigenverantwortung zu übernehmen und aktiv Ihr Leben zu gestalten, statt wie gelähmt als bloßer (meist neidischer) Zuschauer am Leben anderer teilzuhaben (Einstellung: Was wurde mir bloß angetan!). Auf diese Weise werden Sie weitgehend immun, gegen Versuche der Umwelt, Sie in nervenaufreibende „Schuldverteilungskämpfe“ zu verwickeln. Solche mitunter endlosen und fruchtlosen Gespräche lassen sich oft beenden, wenn Sie Ihren Teil der Verantwortung spontan übernehmen und fragen, wie Sie eventuellen „Schaden“ wieder gut machen können. Leider lebt uns die Gesellschaft diese Haltung zur Zeit nicht vor, da sie „Verantwortung“ wie auf einem Verschiebebahnhof nur zwischen verschiedenen Gleisen hin und her bewegt. In Partnerschaften zeigen Sätze wie „Ich kann nicht ausstehen, wenn Du...“, dass die Verantwortung zur Änderung auf den anderen verschoben wird.

Es ist möglich, Probleme zu lösen, ohne zu wissen, wie sie entstanden sind (Darauf bauen viele Kurzzeittherapien auf). Sind die Probleme einmal weg, interessieren sich die meisten Menschen seltsamerweise nicht mehr für deren Entstehung, zumal solche Forschung oft sehr zeitaufwendig und meist spekulativ ist. Selbst den Heilungsvorgang muss man nicht verstanden haben, Hauptsache, es geht einem besser („Wer heilt hat Recht“). Im Grunde verrät uns schon das Wort „Lösung“, worin in sehr vielen Situationen die „Lösung“ bestehen kann (wie ein Fraktal der Chaostheorie): Es geht wortwörtlich darum, sich von den bisherigen Vorstellungen zu lösen. So lassen sich „Probleme“ mitunter am schnellsten und elegantesten lösen, indem man komplett das Problemfeld verlässt und sich von einschränkenden Denkmustern (Gewohnheiten) befreit. Lassen Sie sich dies am Beispiel des 9-Punkte-Rätsels (Watzlawick) bzw. den Geschichten von der Sandschubkarre oder reitenden Königssöhnen erläutern. Viele Witze (mit ihrem „befreienden“ Lachen) weisen auf ungewöhnliche Lösungen hin. Ein großer Teil therapeutischer Angebote zielt darauf ab, Sie darin zu unterstützen, „Gewohntes“ wieder zu verlernen, gleichzeitig neue „innere Suchvorgänge in Gang zu setzen“ und sich so von Ihrem Problem zu „lösen“.

Eine anregende Gegenüberstellung von Problemlösen und Lernen habe ich bei der Psychologin D. Markova (1997) gefunden:

Problemlösen

Lernen

eliminiert

bringt zum Vorschein

unterscheidet

fügt Möglichkeiten hinzu

Vermeidet das Unbekannte

sucht Unbekanntes

geht auf Distanz

verbindet

ist endlich

ist unendlich

ist auf Antworten orientiert

ist prozessorientiert

ist auf Gegensätze gerichtet

ist beziehungsorientiert

sammelt Informationen

entwickelt Fähigkeiten

ist kurzfristig

ist langfristig

ist kontrahiert/fokussiert

ist expansiv, staunend

ist linear

ist kreativ

ist reaktiv

ist proaktiv

Meist ist es auch gar nicht erforderlich, ein Problem oder gar Leben komplett „durchzuarbeiten“, um eine gestockte Entwicklung wieder in Gang zu setzen. So wie es bei einem Bach, der durch einen quer liegenden Ast gestaut wird, nicht erforderlich ist, ihn komplett auszubaggern, zu begradigen und zu befestigen, damit er weiter fließen kann, reicht mitunter auch schon eine kleine Lebensveränderung aus, um den Strom des Lebens wieder in Gang zu bringen.

Viele Probleme erscheinen als Probleme, weil sie einfach noch nicht zu Ende (bis ins letzte Detail) ausgedacht worden sind. Eine sinnvolle Einladung besteht deshalb darin, einmal so detailliert wie möglich die gesamte Situation und deren potentielle Konsequenzen anzusehen. Man nennt so etwas „Klären“. Dieser Ansatz hilft, noch fehlende Informationen zu beschaffen und falsche Informationen zu korrigieren (besonders nützlich bei Ängsten und Zwängen). Manchmal schrumpft allein schon durch ein konsequentes Ausphantasieren („Was passiert schlimmstenfalls?“) das „Problem“ auf normale Dimensionen, so wie eine „dunkle Gestalt“ in der Dämmerung sich erst bei näherem Herantreten als harmloser Baumstumpf entpuppt. „Informationslücken“ („Stereotype“, Regeln) rufen „Mythen“ auf den Plan, die diese Lücken ausfüllen und das Leben berechenbarer machen sollen. Das „Klären“ ist besonders hilfreich, wenn jemand in Andeutungen, Verallgemeinerungen („Ich bin nur noch depressiv“) und abgebrochenen Gedanken spricht oder begonnene Bewegungen stoppt (Informationen also tilgt bzw. vorenthält). Viele Politiker benutzen dies sogar methodisch, weil man die Zuhörer so hypnotisieren, also in schlafähnliche Zustände versetzen kann. Offenbar betreiben manche Patienten dieses Spiel mit sich selbst und mit ihrem Therapeuten (für den das ganze Leben seines Patienten schließlich nur noch aus Beschwerden besteht). Durch „Klären“ können Sie sich selbst aus solchen schlafähnlichen Zuständen wieder erwecken. Auch in der Therapie werden Sie besonders gut vorankommen, wenn Sie möglichst genau (vorstellbar) mitteilen, was Sie bedrückt (motiviert) und was Sie genau mit der Unterstützung Ihres Therapeuten für sich erreichen wollen.

Exkurs: Es ist sinnvoll, Aussagen daraufhin zu untersuchen, wie viele Tilgungen sie enthalten. So finden zwei Tilgungen in dem Satz „Er versprach, sich zu bemühen“: Wem wurde etwas versprochen? Worum wurde sich bemüht? Besondere Tilgungen stellen Vergleiche und Superlative dar. Beispiel: Sie nahm sich das Beste (Tilgung: Das Beste von was?). Auch Umstandswörter wie „offensichtlich, bedauerlicherweise und erstaunlicherweise“ werden gerne als Tilgungen benutzt (Beispiel: Erstaunlicherweise hörte sie auf zu trinken. Frage: Wer staunte hier?). So genannte Modaloperatoren wie „müssen, sollen oder notwendig sein“ tilgen insofern, als sie nicht verraten, wer der Veranlasser bzw. die zugrunde liegende Erfahrung ist (Prüffragen: Wer oder was verlangt dies? Was würde geschehen, wenn der Aufforderung nicht gefolgt wird?). Schließlich gibt es auch noch die Modaloperatoren „nicht möglich sein, können, dürfen, vermögen, außerstande sein“. Sie deuten an, dass es nicht näher beschriebene negative Erfahrungen gibt, die den Sprecher beeinflussen. Hier hilft die Frage weiter: „Was hindert Sie daran?“

Andere Formen der Selbsthypnose (Selbstprogrammierung) sind Sätze wie „Das kann ich nicht“, „Lass das, Du wirst es kaputt machen“. Wenn Sie sich in dieser Form Dinge einreden, erhöhen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass es entsprechend kommen bzw. bleiben wird („Sich selbst erfüllende Prophezeiung“, auch Pygmalion-Effekt genannt). So erklärt sich, warum beide meist recht behalten: Derjenige, der sich das Leben schwer macht, und derjenige, der sich das Leben leicht macht. Während sich der erstere meist dahinschleppt, schwebt der letztgenannte. Folgender Satz veranschaulicht ebenfalls das Muster der sich selbst erfüllenden Prophezeiung: Moralisieren ist eine wesentliche Ursache der Krankheit, für deren Therapie es sich ausgibt. Eine medizinische Variante der sich selbst erfüllenden Prophezeiung ist der Placebo-Effekt. Darunter versteht man das Phänomen, dass ein Scheinmedikament (Arzneimittelattrappe) zu Besserungen führt, weil der Patient in Unkenntnis der realen Situation an die Wirksamkeit glaubt (Grundgefühl: Hoffnung). Weitaus verbreiteter als der Placebo-Effekt ist mittlerweile möglicherweise der „Nocebo-Effekt“. Darunter versteht man die Erwartung, dass Arzneimittel oder Lebensmittel Schlimmes auslösen (Grundgefühl: Angst).

Halten Sie sich lieber Entwicklungen offen, indem Sie sagen „Das kann ich noch nicht“. Die Folgen sich selbst erfüllender Prophezeiungen beschränken sich nicht unbedingt auf den „mentalen Bereich“. So kann die im Rundfunk verbreitete Warnung, das Toilettenpapier werde knapp, entsprechende Hamsterkäufe auslösen und damit zur Verknappung desselben führen. Dies ist ein Beispiel für einen der möglichen Mechanismen, wie Glaubenssätze ein Verhalten auslösen, dessen Folgen dann die Richtigkeit des Satzes bestätigen. Auch Lügen können selbsthypnotisierend wirken, so dass man irgend wann nicht mehr weiß, wer man letztlich ist.

Mit der Form der Selbsthypnose ist meist eine Lenkung der Wahrnehmung (Aufmerksamkeit) verbunden (auf das, was man schließlich für wahr-nimmt): Wer glaubt (bzw. erwartet), dass die Welt ein Jammertal ist, nimmt vor allem Negatives wahr (so wie einem Blumensammler nicht die Steine, sondern Blumen ins Auge springen und dem Hungrigen vor allem Restaurants und Lebensmittel auffallen). Wer die Welt als einen Spielplatz ansieht, wird eher lustbetonte Beobachtungen machen. Oder anders ausgedrückt: Man findet überrascht die Ostereier, die man vorher selbst versteckt hat (Fragen Sie mich auch nach dem Uhrenbeispiel, das die Lenkung der Wahrnehmung durch das Interesse verdeutlicht). Vor diesem Hintergrund werde ich Sie immer wieder ermuntern, nicht weiter auf Ihr Leiden zu starren, sondern Ihren Blick für Genussmöglichkeiten zu weiten. Viele Firmen haben diese Zusammenhänge längst erkannt, indem sie Konferenzen mit einem Ritual eröffnen, bei dem jeder kurz mitteilt, welche günstigen neuen Erfahrungen er gesammelt hat und was seit Neuestem klappt (und nicht welche alten Probleme weiterhin bestehen).

Bereits die Wortwahl lenkt die Wahrnehmung und drückt unsere Einstellung (Bewertung) aus. So achtet man oft auf völlig andere Phänomene, je nach dem ob man nach „Gesundheit“ oder „Freiheit von Krankheiten“ strebt. „Überraschungen“ (Schreck, Unverständnis) eignen sich besonders gut dazu, Neues wahrnehmen zu lernen und sich für neue „Schemata“ zu öffnen. In der Überraschung erleben wir, wie es sich anfühlt, wenn wir plötzlich Neues erleben. Auch Ratlosigkeit (Ich weiß nicht, ich kann nicht) ist eine günstige Ausgangslage, um uns für neue Denkmuster zu öffnen bzw. die (innere) Suche nach Lösungen in Gang zu setzen.

Gerne werde ich Ihnen Theorien zur Verfügung stellen, die helfen Ihr „Gefühls- oder Gedankenchaos“ (= die Komplexität Ihres momentanen Lebens) zu verringern. Weniger komplexe Situationen lassen das Leben sicherer erscheinen (= emotionaler Gewinn), sie fördern zugleich aber Monotonie und Langeweile (= emotionaler Preis).