Die Medien
führen uns in zum Teil aufdringlicher Weise vor, wie die perfekte Frau und
der ideale Mann auszusehen haben, wenngleich auch schon die antiken
Statuen Schönheitsideale verkörperten. Die meisten Menschen geben sich mit
ihrem Aussehen zufrieden. Aber das Körperbild ist ein wesentlicher
Bestandteil des Selbstkonzeptes und hat auch weit reichende Implikationen
für die Lebensqualität. Als natürliche Reaktion darauf hat die
Bereitschaft, den eigenen Körper zu verändern, in den letzten Jahren
extrem zugenommen. Ein Beitrag in der Zeitschrift "PiD Psychotherapie im
Dialog" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) spricht von der Tendenz, den
Körper als ein Objekt der Gestaltung, als formbares Medium für die
Inszenierung des Selbst zu betrachten. Der Körper wird als Ausdruck der
inneren Qualitäten eines Menschen interpretiert. Die Gestaltung des
Körpers geschieht durch Diäten, Bodyshaping in Fitness-Studios,
Schönheitsoperationen oder Tätowierungen und Piercings.
Identität ist krisenanfälliger und
problematischer geworden, weil traditionelle Bestandteile der
Selbstdefinition destabilisiert oder trivialisiert worden sind.
Identitätskomponenten, wie geographische oder familiäre Herkunft oder auch
Tugend und Moral, sind heute praktisch bedeutungslos für die
Selbstdefinition geworden. Andere, wie sozialer Status, Ehe oder Beruf,
haben teilweise an Bedeutung verloren. Moderne Quellen von Identität sind
die Persönlichkeit des Einzelnen, sein erworbener Besitz und das Netz
seiner Aktivitäten, das ihn von anderen unterscheidet. In seiner Bedeutung
als Ausdrucksmittel für das Selbst der Person wird der Körper heute als
Element der Identität verstanden, das man gestalten kann und muss.
Die Übereinstimmung mit dem geltenden
Körperideal stellt eine Art kulturelles Kapital dar, das für den Einzelnen
einen Zugang zu Aufstiegschancen und eine Quelle von Prestige bedeuten
kann. Die Lebensqualität kann beeinträchtigt sein, wenn die betreffende
Frau oder der betreffende Mann bei sich Abweichungen vom so genannten
Idealbild feststellt oder festzustellen glaubt (eingebildete
Hässlichkeit). Hier gibt es fließende Übergänge von realitätsnahen zu
wahnhaften Wahrnehmungen. Ein Aufsatz in der Zeitschrift "PPmP
Psychotherapie, Psycho-somatik, Medizinische Psychologie" (Georg Thieme
Verlag, Stuttgart) bezeichnet die Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen
als eine allgemeine Erscheinung, die nur in seltenen Fällen klinische
Ausprägung erreichen kann. Die übermäßige Beschäftigung mit dem
illusionären Mangel, wie stark übertriebene Körperpflege in geradezu
zwanghafter Weise, verursacht aber klinisch relevante Leidenszustände,
erreicht Krankheitswert und kann mit Einschränkungen in sozialen und
beruflichen Bereichen verbunden sein.
Körperbild und
Körperbildstörungen: Der Körper als gestaltbare Identitätskomponente. PiD
2006; 7; Nr. 2; S. 191-195.
Dr. phil. Karin Pöhlmann, Univ. Klinik Dresden. E-Mail: karin.poehlmann@gmx.de
Körperdysmorphe Beschwerden: Welche
Rolle spielt die Diskrepanz zwischen Ideal- und Realkörperbild? PPmP
Psychothe Psych Medizin 2006; 56; Nr. 6; S. 259-267. Dipl.-Psych. Isolde
Daig, Charité Berlin. E-Mail: isolde.daig@charite.de |