Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Emotionen und Halluzinationen sichtbar gemacht


fzm -
Der Mensch erreichte im Verlaufe der Evolution, bezogen auf sein Körpergewicht, die größte Großhirnrinde (Kortex) mit einer besonders schnellen Informationsverarbeitung im neuronalen Netzwerk. Der menschliche Kortex besteht großenteils aus sechs Schichten mit einer gesamten Dicke von drei bis fünf Millimetern. Hier laufen Denken, Wahrnehmen, Bewusstsein, vom limbischen System angestoßene Emotionen und andere kognitive Funktionen ab, aber natürlich auch deren Störungen, wie etwa bei Depressionen, Halluzinationen oder beim Krankheitsbild der Schizophrenie. Wenngleich die neurophysiologische Forschung noch nicht sagen kann, wie auf der Ebene der Nervenzellen eine Wahrnehmung oder eine Halluzination begründet wird, so kann man mit Hilfe der neueren bildgebenden Verfahren doch bereits feststellen, in welchen Hirnarealen sich das alles abspielt. So schildert ein Aufsatz in einem Schwerpunktheft "Schizophrenie" der Zeitschrift "Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2008), wie Halluzinationen auf einer Aktivierung der Hörrinde zu beruhen scheinen. Aber auch Anteile des limbischen Systems und Sprachareale sind beteiligt. Bei der Schizophrenie schreiben die Patienten für real gehaltene, intern generierte Monologe oder Dialoge externen Quellen zu. Die Aktivität der Hörrinde könnte die besondere Lebhaftigkeit und Realitätsnähe der akustischen Halluzinationen bei Schizophrenie erklären, während das limbische System die emotionale Beteiligung repräsentiert. Sowohl den häufigeren akustischen als auch den optischen Halluzinationen liegt aufgrund neuerer Befunde eine Aktivierung spezifischer sensorischer Areale zugrunde. Die im Gegensatz zu akustischen Vorstellungen weitgehend fehlende Aktivierung des präfrontalen Kortex, der vereinfacht als "Denkmaschine" charakterisiert werden kann, könnte die Tatsache erklären, dass Halluzinationen, anders als Vorstellungen, nicht kontrollierbar sind. Bei Patienten mit Schizophrenie sind die psychotischen Halluzinationen nicht auf sensorische Areale beschränkt. Therapeutische Ansätze stecken noch in den Anfängen.

Störungen im emotionalen Erleben und Verhalten sind zentrale, klinisch unmittelbar ins Auge fallende Symptome schizophrener Erkrankungen. Den neuesten Ergebnissen zufolge sind affektive Auffälligkeiten schon als Vorboten (Prodromalstadium) schizophrener Erkrankungen beschreibbar. In Hirnarealen schizophrener Patienten, die bei emotional-kognitiven Prozessen wesentlich involviert sind, wurden strukturelle und funktionelle Auffälligkeiten nachgewiesen. Die experimentelle Induktion positiver und negativer Emotionen kann dabei helfen, die neurobiologischen Substrate emotionalen Erlebens aufzuklären und auf charakteristische affektive Symptome Schizophrener zu beziehen. Das Korrelat einer Induktion von Trauer beispielsweise bestand bei gesunden Männern in einer signifikant stärkeren Aktivierung einer der ältesten Hirnstrukturen, der Amygdala, die als "Gefühlszentrum" fungiert. Bei schizophrenen Patienten hingegen war eine Aktivitätszunahme nicht zu verzeichnen. Bei ebenfalls untersuchten gesunden Angehörigen von Patienten entsprach das beobachtete Aktivitätsmuster eher dem der Patienten als dem der Gesunden. Insgesamt belegen die Ergebnisse eine beeinträchtigte Fähigkeit schizophrener Patienten zur Empfindung verschiedener Emotionen, die sich in abweichenden Aktivierungsmustern in dem für Emotionen relevanten Netzwerk ausdrückt.

Auch mit dem Gedächtnis zusammenhängende Prozesse im Gehirn können neuerdings sichtbar gemacht werden, das heißt, wir können hirnorganische Korrelate für psychische Störungen aufzeigen. In einem Fall von Fugue (Flucht mit Gedächtnisverlust) deutete die Hirnaktivierung eines Patienten darauf hin, dass er Episoden aus seinem Leben als solche einer ihm unbekannten Person aufnahm, nicht aber als seine eigenen. Die funktionelle Bildgebung bietet die Möglichkeit, zwischen autobiographisch verarbeitetem und nicht als der eigenen Biographie zugehörig betrachtetem Material zu differenzieren. Man kann also mit den bildgebenden Methoden darstellen, wie umweltbedingte Einflüsse auf die Persönlichkeitsstruktur auch auf Hirnebene ihren Niederschlag finden können. Verfolgt man die Schicksale der Betroffenen, so lassen sich fast ausnahmslos eher harmlosbanale unmittelbare Auslöser für den Gedächtnisverlust finden, andererseits aber eine Reihe nachhaltig wirksamer stressbehafteter oder traumatischer Ereignisse in Kindheit und Jugend.

D. E. J. Linden:
Akustische Halluzinationen und funktionelle Bildgebung.
Fortschritte der Neurologie Psychiatrie 2008; 76 (Sp.1); S. S33-S39

F. Schneider:
Funktionelle Bildgebung von Emotionen und emotionale Dysfunktionen bei schizophrenen Patienten.
Fortschritte der Neurologie Psychiatrie 2008; 76 (Sp. 1); S. S8-S15

H. J. Markowitsch:
Gedächtnis und Brain Imaging.
Fortschritte der Neurologie Psychiatrie 2008; 76 (Sp. 1); S. S3-S7