Friedrichshafen (pte024/07.08.2009/13:50) -
Die Einnahme von Süßem verändert das Preisempfinden beim Konsumenten. Zu
diesem Schluss kommen Marketingwissenschaftler der Zeppelin Universität
http://www.zeppelin-university.de . In einem Experiment konnten sie
zeigen, dass nach der Einnahme
von Zuckerwasser vorgegebene oder höhere Preise viel eher als fair
akzeptiert werden. Das könne eine Wirkung des Belohnungssystems im
Gehirn sein, das bei der Einnahme von Zucker aktiviert ist, vermuten die
Forscher. Das Forscherteam
um Peter Kenning verabreichte Versuchspersonen Wasser, das mit 80 Gramm
Zucker gesüßt war, was der empfohlenen Tagesdosis entspricht. Im
Anschluss bat man sie, Preise von Alltagsprodukten wie Wurst, Klopapier
oder Shampoo als fair oder nicht fair zu beurteilen, wobei im zweiten
Fall ein als fair empfundener Preis anzugeben war. Die Probanden
stimmten deutlich häufiger den vorgegebenen Preisen zu oder erstellten
weit höhere Preisvorschläge als Mitglieder der Kontrollgruppen, die
zuvor entweder nur Wasser oder gar nichts eingenommen hatten. Das Ausmaß
des beobachteten Effekts überraschte sogar die Forscher. "Die Grenze, ab der kein Preis
mehr als unfair betrachtet wurde, lag bei der Zuckergruppe bei 89 Cent,
im Vergleich zu 49 Cent bei der Placebo-Gruppe und 39 Cent bei der
Gruppe, die gar nichts genommen hatte", berichtet
Studien-Mitautor Tim Eberhardt im pressetext-Interview.
Hinter diesem Phänomen vermuten die
Wissenschaftler biochemische und neurophysiologische Zusammenhänge.
"Frühere Studien mit Magnetresonanz zeigen, dass eine Aktivität im
Belohnungszentrum den Sauerstoff im Blut und den Serotonin-Spiegel
steigen lässt. Wir wollten überprüfen, wie die Serotonin-Produktion
gezielt beeinflusst werden kann", so Eberhardt. Dabei unterstellten sie
eine durch Glucose ausgelöste Wirkungskette, die zunächst die Produktion
von Insulin anregt, was wiederum den Botenstoff Tryptophan in Gang setzt
und schlussendlich in die Ausschüttung von Serotonin im
Belohnungszentrum des Gehirns mündet. "In der Studie wurden allerdings
keine Gehirnbeobachtung durchgeführt, sondern allein die Effekte
gemessen", gibt der Friedrichshafener Forscher zu bedenken.
Empfehlungen für das Marketing wie etwa der Gratis-Schokoriegel am
Supermarkt-Eingang wollen die Neuroökonomen jedoch noch nicht abgeben. "Die von uns behauptete Wirkungskette ist hypothetisch und wurde
nicht kontrolliert, zudem sind unterschiedliche Vorgänge im Gehirn
denkbar, deren Zusammenhang noch weitere Forschung benötigt", gibt sich
Eberhardt zurückhaltend. Es sei dennoch gelungen zu zeigen, dass die Glucose-Einnahme einen
deutlich wahrnehmbaren Effekt auf die Preiswahrnehmung inklusive der
Preisfairness besitzt. |