Edinburgh/Wien (pte001/27.06.2012/06:00) -
Das Telefon könnte in Zukunft zu einem Teil der Parkinson-Früherkennung
werden. Wie US-Mathematiker auf der TedGlobal-Konferenz in Edinburgh
gezeigt haben, lässt sich per Stimmanalyse aus Drei-Minuten-Telefonaten
eine mögliche Parkinson-Erkrankung feststellen. Das neurologische Leiden
zeigt sich auf diese Weise deutlich früher als durch motorische Ausfälle
wie etwa beim typischen Zittern.
Parkinson-Algorithmus
Parkinson verändert die Bewegung
der Stimmritzen bei Vokallauten, hat Forschungsleiter Max Little
vom MIT Media Lab
http://media.mit.edu
gezeigt. Zwar beeinflussen auch Halsoperationen, Rauchen oder eine
Verkühlung die Stimme, der Unterschied sei jedoch erkennbar. Littles
Computeralgorithmen basieren auf dieser Erkenntnis - und konnten bei
ersten Blindtests Sprechproben von 50 Parkinson-Patienten mit
86-prozentiger Genauigkeit von jener gesunder Menschen unterscheiden.
Nun sucht der Forscher 10.000 Freiwillige
für Sprechproben, um sein System zu trainieren und auszuwerten. In zwei
Jahren verspricht er ein billiges Drei-Minuten-Anrufsystem, das er
Ärzten zur Verfügung stellen will. Ein vollständiger Diagnose-Ersatz sei
das nicht, doch könnte man so etwa Veränderungen von Symptomen zwischen
Kontrollbesuchen beim Neurologen aufzeichnen.
Puzzlestein der Früherkennung
"Die phonetische Analyse könnte in
Zukunft zu einem der vielen Puzzlesteine werden, um Parkinson im
Frühstadium zu erkennen", urteilt der Wiener Parkinson-Spezialist Dieter
Volc http://www.volc.at
im pressetext-Interview. Forscher konnten kürzlich zeigen, dass sich bei manchen betroffenen
Patienten die Sprachverarbeitung verschlechtert, wobei
komplizierte Satzstrukturen Probleme bereiten können (pressetext
berichtete:
http://pressetext.com/news/20110209026 ).
Entsprechende Tests fehlen aber bislang.
Besser erforscht ist hingegen der Verlust des Geruchssinns als
nicht-motorisches Merkmal zur Parkinson-Früherkennung. Forscher
um Ulrich Liebetrau haben kürzlich auf dem Treffen der Europäischen
Neurologengesellschaft ENS in Prag ein Experiment präsentiert, für das
sie Passanten in einer Kölner Fußgängerzone Vanille-, Zitrone-, Nelken-
und Lavendelduft in öffentlichen Riechtests erraten ließen. Bei den 187
Getesteten wurden in Folgeuntersuchungen drei vormals nicht
diagnostizierte Parkinson-Erkrankungen gefunden.
Behandlung fehlt noch
"Für die Therapie ist die
Früherkennung noch irrelevant, da es derzeit keine Frühbehandlung gibt",
sagt Volc. Die Parkinson-Impfung ist erst in der Studienphase, acht bis
zehn Jahre werden bei Erfolg jedoch noch bis zu einer allgemeinen
Verfügbarkeit vergehen. Dennoch sei für den Patienten das frühe Wissen
über seine langsam verlaufende Nervenerkrankung von Vorteil. "Man
plant sein Leben anders, wenn man mit 55 weiß, dass man mit 75 an den
Symptomen leiden wird", so der Wiener Neurologe. Daneben können
Patienten durch Anpassung ihre Lebensqualität steigern (siehe:
http://pressetext.com/news/20120410014
). |