Rüsselsheim (pte016/19.12.2012/13:55) -
Mobbing hinterlässt deutlichere Spuren als bisher angenommen, denn die
Expression eines bestimmten Gens, das an der Regulierung von Stimmungen
beteiligt ist, wird verändert, wie eine Studie kanadischer Mediziner vom
Hôpital Louis-H. Lafontaine ergeben hat. Gemobbte Kinder unterliegen
somit einem hohen Risiko, im Erwachsenenalter psychisch zu erkranken.
Funktion von Genen beeinflusst
"Die Menschen glauben, dass unsere Gene
unveränderlich sind. Aber das soziale Umfeld kann die Funktionsweise der
Gene beeinträchtigen. Dies gilt besonders im Fall von
Mobbing-Erfahrungen in der Kindheit. Diese Erfahrung ändert die Reaktion
der Betroffen auf Stress", sagt die Hauptautorin der Studie, Isabelle
Ouellet-Morin. Bei jungen Außenseitern ändert sich durch den Stress die
Struktur, die ein Gen umgibt.
Der Serotonin-Haushalt wird verändert. "Serotonin
ist ein Übertragungsstoff, ein Neurotransmitter im Gehirn, der im
Zusammenhang mit Depressionen steht", so Neuropsychologin Monika Liersch
gegenüber pressetext. Die kanadischen Forscher haben in ihrer Studie
eineiige Zwillinge untersucht. In Deutschland wird eine Studie mit
Zwillingen von den Universitäten Bielefeld und Saarland durchgeführt.
Frühe Traumata, späte Auswirkungen
Am Max-Planck-Institut für Psychiatrie (MPI)
haben Forscher belegen können, dass misshandelte Kinder stark gefährdet
sind, gemütskrank zu werden. Denn der einwirkende hohe Stress kann die
Regulation ihrer Gene dauerhaft verändern. Die MPI-Wissenschaftler
konnten dokumentieren, dass manche Varianten des FKBP5-Gens durch ein
frühes Trauma epigenetisch verändert werden.
Bei Menschen mit dieser genetischen
Veranlagung verursacht das Trauma eine dauerhafte Fehlregulation des
Stresshormonssystems. Die Folge: Eine lebenslange Behinderung im Umgang
mit belastenden Situationen für den Betroffenen. Häufig führt dieser Weg
zu Depressionen oder Angsterkrankungen im Erwachsenenalter.
MPI-Forscher Torsten Klengel: "Traumata im
Kindesalter hinterlassen je nach genetischer Veranlagung dauerhafte
Spuren auf der DNA: Epigenetische Veränderungen im FKBP5-Gen verstärken
dessen Wirkung. Die mutmaßliche Konsequenz ist eine anhaltende
Fehlsteuerung der Stress-Hormonachse bei Betroffenen, die in einer
psychiatrischen Erkrankung enden kann. Entscheidend für das kindliche
Traumaopfer ist aber, dass die Stress-induzierten epigenetischen
Veränderungen nur dann auftreten, wenn es auch diese spezielle
DNA-Sequenz besitzt." |