Oxford/Budapest
(pte001/21.04.2012/06:00) -
Frauen telefonieren am meisten mit ihren Männern, ehe mit der Geburt der
Enkel die Tochter zum wichtigsten Gesprächspartner wird. Männer rufen
ihre Frauen vorrangig in den ersten sieben Jahren an - und wechseln dann
zu einem anderen Freund. Das zeigt eine anthropologische Analyse
von Handydaten eines europäischen Landes. Die Forschergruppe um Robin
Dunbar von der Universität Oxford http://www.icea.ox.ac.uk folgert im
Fachblatt "Scientific Reports",
dass in postmodernen Gesellschaften eindeutig die Frauen das Sagen
haben.
Romantik ist
weiblich
Genauer denn je
kann man heute über das Telefonverhalten feststellen, mit wem ein Mensch
in Kontakt steht. Dunbars Team hat die entsprechenden Betreiberdaten von
drei Mio. Telefonanschlüssen im Zeitraum von sieben Monaten untersucht -
darunter drei Mrd. Anrufe und eine halbe Mrd. SMS-Nachrichten. Für die
wissenschaftliche Auswertung waren die Daten anonymisiert, Alter und
Geschlecht der Teilnehmer standen jedoch zur Verfügung. Das Ergebnis
zeigt ein völlig neuartiges Bild unseres Zusammenlebens.
Frauen sind weitaus aktiver in
der Partnersuche: Bereits mit 20 Jahren suchen sie einen Mann ihren
Alters und fokussieren ihre Kommunikation 15 Jahre lang ganz auf ihn,
ehe er in dieser Rolle von einer deutlich jüngeren weiblichen Person
ersetzt wird. Werden
Männer selbst aktiv, so erst viel später - ab etwa 30 Jahren. Sie
umwerben dann eine gleichaltrige Frau, der sie bloß wenige Jahre am
Handy treu bleiben. "Das ist der erste starke Nachweis dafür, dass Frauen
Liebesbeziehungen steuern. Sie treffen ihre Wahl und angeln sich
dann den armen Kerl, bis er nachgibt", sagt Dunbar gegenüber der BBC.
Techniknutzung
evolutionär geprägt
Die
Anthropologen gehen noch einen Schritt weiter: Die Menschheit bewege
sich sichtbar weg von Patriarchat und hin zum Matriarchat, so ihre
Interpretation. Denn auch wenn Männerkontakte auf politisch hohem Niveau
funktionieren, seien diese deutlich flüchtiger als jene zwischen den
Frauen, die sich auf reproduktive Interessen spezialisieren und zunächst
mit dem Liebenspartner, dann mit Kindern und Enkeln im Kontakt stehen. "Grundlage
der wichtigsten Beziehungen der Gesellschaft sind jene der Frauen, nicht
jene zwischen Männern", so Dunbar.
"Die klaren
Unterschiede der Geschlechter im Telefonverhalten überraschen", betont
Studien-Coautor Janos Kertesz, Direktor des Physikinstituts an der
Technischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Universität Budapest
http://phy.bme.hu , im pressetext-Interview. Vermuten könne man auch,
dass Enkel die Verbindung zwischen Großmutter und Tochter verstärken.
"Wir leben in einer modernen, technisierten Gesellschaft. Wie wir mit
unserer Technik umgehen, ist dennoch tief evolutionär und instinktiv
geprägt", schließt der Experte.
Link zum
Originalartikel: http://www.nature.com/srep/2012/120419/srep00370/full/srep00370.html
|