Boston/Graz (pte020/25.05.2012/13:00) - Kinder, die per Kaiserschnitt
zur Welt kommen, haben ein doppelt so hohes Risiko, an Adipositas zu
erkranken. Das berichtet ein Forscherteam um Susanna Huh von der Harvard
Medical School http://hms.harvard.edu in der Online-Zeitschrift "Archives
of Disease in Childhood". Als Ursache erwägen die Studienautoren eine
unterschiedliche Zusammensetzung der Darmbakterien, die bei der Geburt
erworben werden.
Geburtsform
beeinflusst Gewicht
Die Wissenschaftler beobachteten 1.255 Kinder, die in acht
Geburtskliniken der USA zur Welt gekommen waren. Die erste Untersuchung
fand in der 22. Schwangerschaftswoche der Mutter statt, ehe bei der
Geburt, mit sechs Monaten und drei Jahren Vermessungen und Verwiegungen
der Kinder folgten sowie zum letzten Termin auch eine
Hautfaltendicke-Messung, die über das Körperfett Aufschluss gibt. Drei
von vier der Kinder kamen per Vaginalgeburt zur Welt, das restliche
Viertel durch einen Kaiserschnitt.
Mütter, die ihr Kind per
Kaiserschnitt zur Welt brachten, stillten die Kinder kürzer, waren im
Schnitt selbst schwerer und ebenso ihr Kind, verglich man
Geburtsgewicht und Gestationsalter. Doch vom Geburtsgewicht des Kindes
und auch unter Berücksichtigung von Störvariablen zeigte sich: Das Risiko, im Alter von drei
Jahren als adipös eingestuft zu werden, stieg bei Kaiserschnitt-Kindern
auf das Doppelte. Knapp 16 Prozent von ihnen waren mit drei Jahren
adipös, während dies nur auf 7,5 Prozent der Normalgeborenen zutraf.
Vaginalgeburt ist
Impfung
Die Forscher mutmaßen, dass die
Geburtsform die Darmflora des Kindes wesentlich beeinflusst. Laut
früheren Forschungen (siehe: http://bit.ly/Lsuv71 ) haben Kinder nach
einem Kaiserschnitt im Darm mehr Firmicutes-Bakterien, die auch bei
adipösen Menschen überproportional zu finden sind. Zugleich sinkt ihr
Anteil von Bakterien der Gattung Bacteroides. Möglich scheint, dass
Darmbakterien Adipositas beeinflussen, indem sie die Energieentnahme aus
der Nahrung ankurbeln und Zellen zur Insulinresistenz, Entzündung und
Fettablagerung stimulieren.
"Bei einer Vaginalgeburt wird
das Immunsystem eines Kindes regelrecht durchtrainiert. Als
ersten Kontakt mit der Außenwelt schluckt es im Geburtskanal Stuhl der
Mutter, was sein Immunsystem wie eine Impfung stimuliert und die
Darmflora verändert", erklärt die Grazer Immunologin Martie
Truschnig-Wilders http://truschnig.at auf pressetext-Anfrage. Dass
Firmicutes-Bakterien bei Kindern heimliche Dickmacher sein könnten,
haben belgische Forscher soeben auf dem Adipositas-Kongress in Lyon
präsentiert (siehe: http://bit.ly/JzO82Y ).
Leichtfertige
Kaiserschnitte meiden
Entbindungen per Kaiserschnitt nehmen weltweit zu und machen in
Mitteleuropa bereits ein Drittel aller Geburten aus. Bisherige
Forschungen weisen darauf, dass der Kaiserschnitt das Risiko für
Asthma oder Lungenprobleme in der Kindheit erhöht (pressetext
berichtete: http://pressetext.com/news/20120210027 ) sowie jenes der
allergischen Rhinitis. "Das Übergewichtsrisiko ist ein triftiger
Grund, um medizinisch nicht nötige Schnittentbindungen zu vermeiden.
Mütter, die sich dafür entscheiden, sollten über die möglichen
Gesundheitsfolgen für ihr Kind erfahren", betonen die US-Forscher.
Abstract der Studie unter http://bit.ly/KA7mPl |