Chicago/Bremen (pte014/13.07.2012/13:40) - Wer zwischen September und
November zur Welt gekommen ist, hat bessere Chancen als Kinder anderer
Jahreszeiten, einmal die 100-Jahres-Marke zu knacken. Das berichten
Forscher auf dem Jahrestreffen der "Population Association of America".
Der Geburtsmonat wirkt sich wesentlich auf die Umgebung aus, in der man
sich im Mutterleib und in der ersten Lebenszeit entwickelt - und hat
somit auch lebenslange Folgen für die Gesundheit, sagen die
Wissenschaftler.
Bis zu ein Jahr
älter
Leonid Gavrilov und Natalia Gavrilova von
der University of Chicago http://uchicago.edu sammelten Geburts- und Todesdaten von über
1.500 Hundertjährigen, die zwischen 1880 und 1895 geboren wurden.
Der Vergleich mit den Geschwistern, die eine ähnliche Kindheit und
genetischen Hintergrund hatten, sowie den Ehepartnern, die als
Erwachsene dieselbe Umgebung teilten, zeigte: Hundertjährige sind viel öfter
im Herbst statt im Frühling geboren. Ausschließen konnte man
einen etwaigen Geburtenboom im Herbst dieser Jahre.
Spiegelbildlich bestätigt wurden somit Studien von Alexander Lerchl von
der Jacobs University Bremen http://jacobs-university.de , der durch
große Datensätzen aus Nordrhein-Westfalen gleiches zeigen konnte: "Im
letzten Jahresviertel Geborene werden signifikant älter als jene, die
zwischen Januar und August zur Welt kommen. Der Unterschied in der
Lebenserwartung beträgt bis zu einem Jahr", berichtet der Biologe
im pressetext-Interview.
Infektionen und
Vitamine
Über den Hintergrund gibt es verschiedene Theorien. Die Forscher aus
Chicago spekulieren, dass unterschiedliche Infektionen im frühen
Kindesalter für den Unterschied verantwortlich sind, die die Gesundheit
entscheidend prägen. Ein Indiz dafür ist, dass der Monatsunterschied bei
den Jahrgängen 1880 bis 1889 stärker ausgeprägt war als zwischen 1889
und 1895. "Die Mortalität durch Infektionskrankheiten sank am Ende des
19. Jahrhunderts, besonders bei den Sommerinfektionen", sagt
Studienleiter Gavrilov.
Auch der jahreszeitlich unterschiedliche Hormonspiegel würde sich als
Erklärung anbieten, wobei Lerchl jedoch eher die Vitamin-These als
plausibel ansieht. "Mütter von
Herbstbabys verfügten früher in Schlüsselmomenten der Kindesentwicklung
weit eher über wichtige Nährstoffe sowie über Vitamin D, C und K als
jene von Frühjahrsbabys, da man mehr von der Verfügbarkeit
landwirtschaftlicher Produkte abhing." In der Supermarkt-Ära
fällt dieser Aspekt weg: Der
Monats-Unterschied in Deutschland ist seit den 1950er-Geburtsjahren
weitgehend verschwunden. |