London/Hamburg
(pte001/15.06.2012/06:00) - Fußgängerampeln werden vielerorts immer
kürzer geschaltet - mit dem Effekt, dass sie für große Personengruppen
statt Hilfen regelrechte Hürden sind. Besonders die ältere Generation
ist betroffen, berichten britische Forscher in der Zeitschrift "Age and
Ageing". "Die Grünphasen sind eindeutig zu kurz - nicht nur für alte
Fußgänger, sondern für alle", betont die Psychologin Antje Flade, Wohn-
und Mobilitätsforscherin beim Generationenkolleg
http://generationenkolleg.de
, im pressetext-Interview.
Zebrastreifen-Sprint erforderlich
Aktuelle Zahlen liefert das Team um
Laura Asher vom University College London
http://ucl.ac.uk
. 0,8 Meter pro Sekunde (2,88 km/h) beträgt die durchschnittliche
Geschwindigkeit bei Frauen über 65 Jahren, bei Männern 0,9 Meter (3,24
km/h). Das ergab die Auswertung einer großen repräsentativen Erhebung
bei dieser Altersgruppe, die in britischen Privathaushalten durchgeführt
worden ist. Um eine
Fußgängerampel zu überqueren, muss man jedoch mit rund 1,2 Meter pro
Sekunde (4,32 km/h) unterwegs sein - was 85 Prozent der untersuchten
Frauen und 76 Prozent Männer nicht mehr schaffen.
Wesentlich spielt hier mit, dass rund neun von zehn Senioren
(93 Prozent der Frauen, 84 Prozent der Männer) eine Gehbehinderung
aufweisen - allen voran Hochbetagte, Raucher sowie Senioren aus
sozial benachteiligten Wohngegenden, mit nachlassender Greifstärke,
schlechter Gesundheit oder lange anhaltender Krankheit. "Wer die Straße nicht mehr
überqueren kann, meidet sie - was Senioren den Zugang zu
Sozialkontakten, Kommunikation, Gesundheitsdiensten, Geschäften und
somit auch ihre Mobilität und Unabhängigkeit raubt", warnt
Studienleiterin Asher.
Politische Entscheidung
"Hauptziel
der Verkehrspolitik ist es, den Autoverkehr fließen zu lassen, da
man nach wie vor Verkehrsfluss mit Wirtschaftsleistung gleichsetzt.
Querende Fußgänger stören dabei, weshalb man die Grünphasen immer mehr
verkürzt", erklärt Flade. Die Folge: Zu Fuß gehen wird zur Hetzerei, die
auch jüngeren Generationen keinen Spaß mehr bereitet. Für Ältere
bedeutet es Angst und Stress, viele bleiben nach Möglichkeit zu Hause.
Vertreten Politiker erhöhte Fußgängerfreundlichkeit, bleibt dies in der
Regel ein Lippenbekenntnis - "den
Fußgängern fehlt eben die Lobby", klagt die Forscherin.
Konzepte für eine Fußgänger-gerechte
Neugestaltung des Verkehrs gibt es längst - Flade ortet die Umsetzungen
vor allem in jenen Städten, die auch als "fahrradfreundlich" gelten. "Es
geht darum, sich im öffentlichen Raum wohl zu fühlen. Beiträge dazu
wären breitere Fußwege,
die nicht etwa zugleich auch als Radwege herhalten müssen, längere Grünphasen, ab und zu
Bänke zum Niedersetzen und Begrünung durch Bäume oder Blumenampeln,
wie man sie etwa aus französischen Kleinstädten kennt", legt die
Expertin dar. Vorteile hätte eine derartige Umgewichtung auch für die
Umwelt.
Abstract unter
http://bit.ly/MQl5Hc
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