Göttingen (pte/05.08.2009/13:58) - Streit in der Familie und das
Ausmaß an freier Zeit haben Einfluss darauf, wie häufig Kopfschmerzen
bei Kindern auftreten. Zu diesem Schluss kommen Psychologen der
Universität Göttingen
http://www.psych.uni-goettingen.de
in der Längsschnittstudie "Kinder, Jugendliche und Kopfschmerz", die
im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht wurde. Die Forscher
untersuchten, welche Risikofaktoren bei der Entstehung wiederkehrender
Kopfschmerzen beteiligt sind.
Kopfschmerzen sind bei Kindern in
allen Ländern weit verbreitet. Man geht davon aus, dass zwischen zehn
und 30 Prozent an entsprechenden Symptomen leiden. Das kann zu einem
ernsten Gesundheitsproblem werden, da Einschränkungen verschiedener
Körperfunktionen denkbar sind. "Wenn ein Kind über Kopfschmerz klagt,
treten häufig gleichzeitig auch Bauch- oder Rückenschmerzen auf",
berichtet Studienautorin Jennifer Gaßmann im pressetext-Interview.
Beeinträchtigt werde jedoch vor allem der Lebensalltag der Kinder: Die
Konzentration fällt schwer und Schulbesuch, Hobbys oder Hausarbeiten
sind oft nicht oder nur eingeschränkt möglich.
Die Wissenschaftler konzentrierten sich in ihrer Erhebung darauf, was
im Bereich Familie und Freizeit dafür sorgt, dass wiederkehrende
Kopfschmerzen neu entstehen. Dazu erhielten 8.800 Familien mit einem
Kind zwischen sieben und 14 Jahren in vier aufeinander folgenden
Jahren jeweils einen Fragebogen, in dem es um das Auftreten von
Kopfschmerzen, jedoch auch um zahlreiche weitere Angaben zum Alltags
ging, etwa um psychologische Faktoren, Freizeit, Gesundheit, Familie,
Schule, elterliche Gesundheit oder andere Lebensereignisse. Kinder,
die laut Angaben der Eltern bereits im ersten Jahr an Kopfschmerzen
litten, wurden aus der weiteren Analyse ausgeschlossen, da bei ihnen
die Ursachen der Entstehung nicht nachvollziehbar waren.
Bei Mädchen und Jungen stellten sich unterschiedliche Zusammenhänge
für das Aufkommen von Kopfschmerz heraus. "Wenn in der Familie öfter
als einmal pro Woche gestritten wird, kommt es bei Jungen 1,8 mal
häufiger zu wiederholten Kopfschmerzen. Über zweimal höher war das
Risiko, wenn die Jungen nur selten Zeit für sich selbst oder zum
Spielen hatten", berichtet Gaßmann. Bei den Mädchen zeigte sich in der
Studie ein stärkerer Zusammenhang mit der Reaktion der Eltern. "Wenn
Töchter von Kopfschmerz berichten, erhalten sie oft mehr Zuwendung,
man lässt sie von der Schule daheim bleiben oder erspart ihnen ihren
Teil der Hausarbeit wie Müllentleeren oder Abwaschen. Doch dieses
elterliche Verhalten verstärkt das Risiko für wiederkehrende
Kopfschmerzen um ein Viertel", so die klinische Psychologin. Darüber
hinaus spielt das Alter eine Rolle. "Kopfschmerz tritt meist zu Beginn
der Schulzeit erstmals auf. Mit zunehmendem Alter steigt die Prävalenz,
besonders bei Mädchen."
Als am meisten naheliegende Erklärung bezeichnet Gaßmann das
Entstehungsmodell für Spannungskopfschmerz. "Alltagsstress kann zu
Muskelverspannungen besonders im Nacken- und Schulterbereich führen,
die wiederum Kopfschmerzen bewirken können." Trotz des Ausbleibens
direkter Hinweise könne man Rückschlüsse für den Erziehungsbereich
ziehen. "Es scheint, als ob Kinder häufig an einem übervollen
Terminkalender leiden und Hobbys zur Last werden, wenn sie nur auf
Wunsch der Eltern betrieben werden." Besonders bei den sensibler
reagierenden Mädchen sollten Eltern ihr Verhalten in Folge von
Kopfschmerzen gut überlegen. "Manchmal scheint es sinnvoll,die Kinder
trotz Kopfschmerz nicht von Alltagsverpflichtungen zu entbinden oder
ihnen nur dann vermehrt Zuwendung zu schenken, wenn sie über
Kopfschmerzen berichten. Da jedoch jedes Kind und jeder Fall
verschieden ist, kommt es immer auf das Feingefühl der Eltern an", so
die Göttinger Wissenschaftlerin.
Details zur Studie online unter
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=65521
(Ende)
Quelle: Pressetext.de