München/Cambridge
(pte004/14.07.2012/06:15) - Testosteron und andere Hormone sind schuld
an den Finanzblasen- und Krisen der vergangenen Jahre: Sie sorgten
dafür, dass sich junge männliche Trader an den Börsen in wahnwitzige
Risiken stürzten. Mit dieser These lässt John Coates,
Neurowissenschaftler an der Universität Cambridge
http://neuroscience.cam.ac.uk
und früher selbst Wertpapierhändler an der Wall Street, auf der DLD
Women http://dld-conference.com
in München aufhorchen. Die Börsen brauchen mehr Frauen, so seine
Forderung angesichts 90 Prozent männlicher Aktienhändler.
Euphorie und Wahnwitz
Die Biologie spielt eine gewichtige Rolle in
globalen Finanzkrisen, so die Aussage des Experten laut "Wired". "Jeder
Bankencrash hat den Ausgangspunkt im Ende einer Gewinnserie von
Börsenhändlern. Das Gewinnen
macht euphorisch, wahnwitzig und übermäßig optimistisch." Männer nehmen
zu viel Risiko auf sich, was oft fatal ende. Frauen sind hingegen
eher auf sozialen Stress als auf Konkurrenzkampf sensibel - was sie
zumindest in schwierigen Marktlagen widerstandsfähiger und weniger
hormongesteuert macht.
Coates hat die Biochemie von Börsenbrokern
untersucht und es dabei vor allem auf das "Männerhormon" Testosteron
abgesehen. Der Körper setzt es
in Wettbewerbs-, Risiko- und Siegsituationen frei, wobei man aus dem
Tierreich den "Gewinner-Effekt" kennt: Sieg im Kampf erhöht das
Testosteron, was auch im nächsten Kampf siegen lässt.
Tückischerweise ist das optimale Hormonniveau irgendwann überschritten,
was zu viel Selbstvertrauen einflößt: Die Tiere werden zu kampfeslustig,
wollen zu große Reviere kontrollieren und jagen zu viel.
Börse ist freie Wildbahn
"Aus Risikofreude wird somit riskantes
Verhalten. Dasselbe passiert an der Wall Street", sagt Coates. Bei Börsenhändlern in London
konnte er bisher nachweisen, dass höhere Testosteronwerte morgens mit
höheren erzielten Profiten am Nachmittag korrelieren, was auf
gesteigerte Risikobereitschaft zurückgeht. So fantastisch dieser
Mechanismus erscheint, haben Hormone meist eine Dosis-Reaktionskurve in
verkehrter U-Form. "Ist der Höhepunkt überschritten, geht man zu hohes
Risiko ein", erklärt der Experte.
Umgekehrtes gilt für das Stresshormon
Cortisol, das in Spuren positiv wirkt, darüber hinaus aber den Blutdruck
hebt und Magengeschwüre bis Depressionen verursachen kann. Studien bei deutschen
Aktienhändlern zeigen, dass schwankende Handelsergebnisse das
Cortisolniveau triggern. "Vermutlich sorgt eine Börsenhausse für
Testosteron, wodurch Händler risikofreudiger bis aggressiv werden, was
zu Blasen führen kann. Fallen
die Kurse, macht Cortisol allzu risikoscheu. Das macht die
Risikopräferenz in der Finanzwelt so unstabil." |