Bochum/Essen - Die größte
Gefahr lauert in der Körpermitte: Zuviel Fettgewebe in der Bauchhöhle
erhöht das Risiko für Diabetes, Herzinfarkt und Schlaganfall deutlich,
zeigen neue Untersuchungen. Etwa 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung in
den westlichen Industrienationen leiden am Metabolischen Syndrom (MTS) -
der Kombination aus Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und
"stammbetontem" Übergewicht - einem dicken Bauch. Die Deutsche
Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) hat das MTS und seine Folgen
deshalb zu einem Schwerpunktthema ihrer 50. Jahrestagung in Essen
gewählt.
Fettgewebe ist nicht nur ein Energiespeicher. Es ist auch ein Organ, das
Botenstoffe bildet. Diese Hormone wirken auf andere Organsysteme wie
Gehirn, Muskeln oder Gefäße. Im Bezug auf diese Eigenschaften kommt dem
Fettgewebe der Bauchhöhle eine herausragende Rolle zu: Ist davon zu viel
vorhanden, werden zum Beispiel vermehrt Hormone gebildet, die bei
Entzündungen eine Rolle spielen. "Man geht davon aus, dass diese
chronische Entzündungsreaktion die Entstehung von Arteriosklerose
begünstigt", erläutert Professor Dr. med. Harald Klein, Mediensprecher
der DGE von den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil in
Bochum. Zudem nimmt die Wirksamkeit des Hormons Insulins ab, welches
maßgeblich den Zuckerhaushalt des Körpers regelt. Dadurch steigt für
Betroffene das Risiko, zuckerkrank zu werden. Erschwerend kommt hinzu,
dass der Körper bei zu viel Bauchfett weniger Adiponektin bildet. Dieser
Botenstoff steigert beim Gesunden die Insulinwirkung und hemmt
Entzündungen.Die herausragende
Bedeutung des Bauchhöhlen-Fettgewebes lässt sich in Zahlen ausdrücken:
Ein Bauchumfang von mehr als 94 Zentimetern bei Männern und mehr als 80
Zentimetern bei Frauen gilt als wichtigstes Kriterium bei MTS. Schlechte
Ernährung und zu wenig Bewegung sind nach wie vor die Hauptursachen.
Aber auch genetische Faktoren entscheiden darüber, ob jemand an einem
Metabolischen Syndrom erkrankt oder nicht. Und möglicherweise spielen
sogar Viren bei der Entwicklung von Übergewicht eine Rolle. Klar ist
jedenfalls eins: Übergewicht ist zur Volkskrankheit geworden.
"Heutzutage leiden mehr Menschen an einem metabolischen Syndrom als an
Hunger", verdeutlicht Professor Klein. Der Diabetologe erörtert das
Thema in Essen unter anderem im Rahmen einer Pressekonferenz der DGE.
"Man kann davon ausgehen, dass infolge des Metabolischen Syndroms
bereits mehr Menschen sterben als an Krebs". Dick zu sein scheint
außerdem unmittelbar die Lebensdauer zu beeinflussen. Dies lassen
Studien an verschiedenen Tierarten vermuten: Wer wenig isst, lebt
länger.
Quelle: Pressemitteilung März 2006 der
Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)
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