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Seit Oktober 2002 bieten die Krankenkassen in Deutschland
die Darmspiegelung (Koloskopie) zur Krebsfrüherkennung an. Da die
Sicherheit und Wirksamkeit dieser Vorsorge-Untersuchung umstritten ist,
lässt der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine
Begleitforschung durchführen. Dazu gehört eine jetzt in der DMW
Deutschen Medizinischen Wochenschrift (Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
2006) veröffentlichte Studie.
Professor Andreas Sieg, ein
niedergelassener Facharzt aus Heidelberg, hat die Daten von fast 110.000
Koloskopien ausgewertet. Das ist ein Drittel aller ambulant in
Deutschland zwischen Oktober 2003 und Juli 2005 durchgeführten
Untersuchungen. Die Analyse war so schnell möglich, da 280 Arztpraxen
ihre Befunde in einer Internet-Datenbank ablegen, die jederzeit
auswertbar sind.
Die Ergebnisse zeigen, dass die
Koloskopie nützlich ist: Jeder Fünfte der über 55-Jährigen – ab diesem
Alter wird die Untersuchung alle zehn Jahre empfohlen – hatte Polypen im
Darm. Das sind gutartige Geschwülste, auf deren Boden irgendwann ein
Darmkrebs entstehen kann. Etwa 30 Prozent dieser Polypen waren so weit
fortgeschritten, dass jederzeit ein Krebswachstum möglich wäre. Die
meisten Polypen konnten gleich bei der Koloskopie entfernt werden.
Professor Sieg sieht darin einen wichtigen Vorteil der
Untersuchungsmethode. Denn nach amerikanischen Studien senkt die
Entfernung der Polypen die Darmkrebsrate um bis zu 90 Prozent.
Bei 0,7 Prozent der Untersuchten
entdeckten die Ärzte einen Dickdarmkrebs. Er befand sich aber in 48
Prozent der Fälle im Frühstadium "Dukes A". Dieser Anteil ist wesentlich
höher als bei der Stuhluntersuchung auf Blut, die auch der Früherkennung
dient. Dort werden aber nur elf Prozent der Darmkrebserkrankungen in dem
Dukes A-Stadium erkannt. Diese "Stadienverschiebung zu den Frühstadien"
ist für Professor Sieg ein wichtiger Hinweis für den Nutzen der
Vorsorgeuntersuchung, die für den Patienten auch sicherer war, als
Kritiker befürchtet hatten. "Die Einführung einer landesweiten
präventiven Koloskopie rief bei manchen Autoren Bedenken wegen der zu
erwartenden Komplikationen hervor", erinnert sich Professor Sieg.
Tatsächlich sei es bei der Untersuchung möglich, den Darm zu verletzen.
Besonders gefürchtet sind sogenannte Perforationen, bei denen der Arzt
mit dem Endoskop die Darmwand durchsticht. Diese Komplikation ist jedoch
nur bei 0,02 Prozent der Untersuchten vorgekommen. Auch Blutungen nach
Entfernung der Polypen waren extrem selten. Laut Professor Sieg waren im
Rahmen der Studie bislang keine Todesfälle zu beklagen.
A. Sieg und A. Theilmeier:
Ergebnisse der Vorsorge-Koloskopie 2005
Deutsche Medizinische Wochenschrift 2006; 131 (8): 379-383
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