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Bewegungseinschränkungen, Krankheiten, Kauprobleme, Schluckstörungen
oder eine falsch verstandene "Schonkost". Es gibt viele Gründe, warum
ältere Menschen zu wenig essen. Bis zu zehn Prozent der zuhause Lebenden
und zwischen 40 und 60 Prozent aller Senioren im Altenheim sind
mangelernährt. Darin waren sich alle Experten auf einem Treffen der
BANSS-Stiftung einig, deren Ergebnisse jetzt in der DMW Deutschen
Medizinischen Wochenschrift (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2006)
zusammengefasst werden. Konsens bestand auch darin, dass die meisten
Ernährungsstörungen nicht erkannt werden.
Es fehlen allgemein anerkannte
Diagnosekriterien, die es dem Arzt erlauben, eine Mangelernährung zu
erkennen, schreibt Dr. Jürgen Martin Bauer, Spezialist für
Altersheilkunde (Geriatrie) an der Universität Erlangen. Die
Mangelernährung kann unterschiedliche Folgen haben. Bei einigen kommt es
zu Verhornungsstörungen der Haut, bei anderen zu einer vermehrten
Lichtempfindlichkeit, Haarverlust oder zu Entzündungen der
Mundschleimhaut. Auch eine schlechte Wundheilung, eine
Bindehautentzündungen oder eine Nachtblindheit können die Folge sein,
erläutert Dr. Bauer. Selbst Depressionen sowie schwere
Nervenerkrankungen sind möglich. Für den Arzt ist es extrem schwierig,
die Störungen auf die Mangelernährung zurückzuführen. Labortests helfen
nicht weiter, und die Bestimmung der Vitaminkonzentration im Blut wird
von den Experten nur in begründeten Ausnahmefällen empfohlen. Dr. Bauer:
"Der Nachweis ist methodisch kompliziert und die Ergebnisse sind oft
nicht eindeutig interpretierbar". Auch von der
Bioelektrischen-Impedanz-Analyse, welche Muskel- und Fettanteile des
Körpers aufgrund ihres unterschiedlichen elektrischen Widerstands misst,
hält der Experte Bauer wenig. "Die Werte täuschen eine Genauigkeit vor,
die in Wirklichkeit nicht vorhanden ist".
Die wertvollsten Hinweise ergeben sich
für Bauer aus den Angaben der älteren Menschen sowie einfachen Messungen
wie Body Mass Index und Wadenumfang. Hierzu haben Experten zwei einfache
Tests entwickelt. Der ausführliche "MNA" (Mini Nutrional Assessment) und
der etwas schnellere NRS 2002 (Nutritonal Risk Screening) erlauben es
dem Arzt, sich innerhalb kurzer Zeit einen ersten Eindruck vom
Ernährungszustand seiner älteren Patienten zu machen, so der Mediziner.
Er fordert: "Diese Tests sollten ab dem 65. Lebensjahr bei allen
Menschen durchgeführt werden, insbesondere aber bei Bewohner von
Altenheimen und Krankenhauspatienten."
J. M. Bauer et al.:
Diagnostik der Mangelernährung des älteren Menschen
Deutsche Medizinische Wochenschrift 2006; 131 (5): 223-227
Quelle: Thieme Verlag |