Hilfen für seelisch kranke Kinder
gefährdet
DGKJP
kritisiert geplante staatliche Leistungskürzungen
Gegen Leistungskürzungen beim Kinder- und
Jugendhilfegesetz hat sich die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und
Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP)
ausgesprochen. Besonders der § 35a, der die Wiedereingliederung seelisch
stark beeinträchtigter Jugendlicher regelt und der in den vergangenen
Monaten in die öffentliche Kritik geriet, ist nach DGKJP-Angaben für die
Betroffenen unverzichtbar.
Immer häufiger leiden
Kinder und Jugendliche in Deutschland unter psychischen Störungen wie
Ängsten, Zwängen oder Depressionen. Jeder fünfte Jugendliche gerät
während der Pubertät in eine oft länger anhaltende psychische Krise.
„Mit dem Kinder- und Jugendhilfegesetz bietet der Gesetzgeber
betroffenen Familien eine effektive Unterstützung an“, erläutert Prof.
Andreas Warnke von der DGKJP. In den Paragrafen 27 bis 35 werden
Maßnahmen zur Erziehungshilfe – etwa in Form von Betreuungshelfern,
Familienhilfe oder Heimerziehung – geregelt.
In die Diskussion
geraten ist der 1995 in Kraft getretene und 2001 novellierte § 35a, der
sich an Kinder und Jugendliche wendet, die seelisch behindert oder von
einer seelischen Behinderung bedroht sind. Weicht ihre seelische
Gesundheit sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand ab
und beeinträchtigt ihre Teilnahme am normalen Leben, haben sie Anspruch
auf Eingliederungshilfen durch Pflegepersonen, in Tageseinrichtungen
oder anderen therapeutischen Wohnformen.
Kommunen und Länder
kritisieren nun, dass immer mehr Familien Rechtsansprüche nach § 35a
geltend machen, so dass dieser die öffentlichen Kassen über Gebühr
belaste. Unter Federführung der bayerischen Landesregierung wurde ein
Gesetzentwurf mit dem Ziel auf den Weg gebracht, die Ausgaben für den §
35a zu begrenzen.
Fatale Folgen befürchtet
Das hätte fatale
Folgen für die betroffenen Kinder und Jugendlichen, befürchtet die DGKJP:
„Die oftmals unerträgliche Lage der betroffenen Kinder und Familien
droht sich weiter zu verschlechtern“, betont Prof. Warnke. Für ihn ist
die Behauptung der Kostensteigerung unverständlich. Daten aus
Rheinland-Pfalz belegen, dass die Aufwendungen für den § 35a nur 7,5
Prozent an den gesamten Jugendhilfekosten ausmachten und damit insgesamt
sehr niedrig sind. Auch auf Bundesebene liegt der Anteil nach Angaben
des Familienministeriums bei deutlich unter zehn Prozent.
Weiterer Kritikpunkt
der Kommunen und Länder: Der § 35a werde von Eltern missbraucht, zum
Beispiel um ihren Kindern einen Aufenthalt in ausländischen Internaten
zu ermöglichen. Prof. Warnke: „Solche Fälle sind die absolute Ausnahme.
Ein gesundes Kind mit Unterstützung der Jugendhilfe auf ein teures
Internat zu bringen, gelingt in der Regel nicht.“ Vielmehr werden
Maßnahmen nach § 35a um ein Vielfaches strenger untersucht und
kontrolliert als etwa die Erziehungshilfen der Paragrafen 27 bis 35.
„Alles, was mit staatlicher Eingliederungshilfe nach § 35a zu tun hat,
muss sich einer umfassenden Diagnostik, vorherigen Behandlungen und
einem aufwendigen Begutachtungsverfahren unterziehen.“
Die DGKJP fordert den
Gesetzgeber auf, § 35a nicht zu beschneiden. „Die Eingliederungshilfen
für Kinder und Jugendliche müssen erhalten bleiben. Sie helfen, die
Lebensqualität entscheidend zu verbessern und bilden gleichzeitig eine
wichtige präventive Maßnahme, mit der Behandlungskosten im
Erwachsenenalter vermieden werden können“, so Prof. Warnke. Außerdem
steige der Bedarf an Eingliederungshilfe immer weiter an. „Die doppelte
Berufstätigkeit der Eltern sowie die große Zahl allein
Erziehender macht
immer mehr familienersetzende und -ergänzende Einrichtungen notwendig. “
Quelle:
DKJP |