Immer traurig und bedrückt
Depressionen machen vielen Kindern das Leben schwer
Kinder und Jugendliche leiden weit häufiger unter
Depressionen als bisher angenommen. Bis zu fünf Prozent der Jugendlichen
sind von behandlungsbedürftigen Depressionen betroffen. Jahr für Jahr
nehmen sich etwa 200 Teenager das Leben, teilt die Deutsche Gesellschaft
für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (DGKJP) mit.
Depressionen und Suizidalität gehören zu den wichtigsten Themen, die
beim 16. Weltkongress für Kinder- und Jugendpsychiatrie vom 22. bis 26.
August in Berlin (www.iacapap-berlin.de) behandelt werden. Depressionen
bei Kindern machen sich mit einer anhaltenden, bedrückt-traurigen
Stimmung, Freud- und Antriebslosigkeit, niedrigem Selbstwertgefühl,
Schlafstörungen oder Appetitlosigkeit bemerkbar. „Kinder sind empfindsam
und sensibel, sie reagieren häufig sehr emotional“, erklärt Prof.
Andreas Warnke von der DGKJP.
Je älter, desto häufiger
Je älter das Kind wird, desto deutlicher treten die Symptome zu Tage.
Etwa ein Prozent der Vorschulkinder, aber bereits zwei bis drei Prozent
der Schulkinder und bis zu fünf Prozent der 15- bis 19-Jährigen haben
Depressionen. Bis zur Pubertät erkranken genauso viele Jungen wie
Mädchen, später trifft es zwei- bis dreimal so viele Mädchen.
Die Traurigkeit ist oft vererbt: Kinder, deren Eltern Depressionen
haben, tragen ein deutlich höheres Risiko, später selbst depressiv zu
werden. Belastende Lebensereignisse wie die Trennung der Eltern,
Schulprobleme oder enttäuschtes Verliebtsein begünstigen die Entstehung.
Depressionen können aber auch ohne erkennbare äußere Ursache auftreten –
wenn Fehlregulationen im Hirnstoffwechsel die Fähigkeit beeinträchtigen,
Gefühle wie Trauer oder Freude zu steuern. „Dann zwingen sich den
Kindern depressive Gedanken auf. Sie verlieren das Interesse an der
Umwelt und ziehen sich in eine Ecke zurück“, sagt Prof. Warnke.
Viele denken an den Tod
Bei 30 Prozent der Mädchen und Jungen treten irgendwann in der
Adoleszenz Selbstmordgedanken auf, die von einigen in die Tat umgesetzt
werden. Laut DGKJP ist der Tod durch Suizid die zweithäufigste
Todesursache bei den 15- bis 19-Jährigen; nur bei Unfällen sterben noch
mehr junge Menschen. Etwa 200 Teenager nehmen sich Jahr für Jahr das
Leben; außerdem 30 bis 40 Kinder zwischen 10 und 14 Jahren.
Suizidversuche sind um ein Vielfaches häufiger. Wer einen solchen
Versuch unternommen hat, probiert es oft erneut: Jeder Vierte macht
innerhalb von sechs Monaten einen zweiten Selbstmordversuch.
„Wenn Kinder oder Jugendliche von Freitod sprechen oder bereits einen
Versuch unternommen haben, sind dies alarmierende Warnzeichen“, betont
Prof. Warnke. „Die oft gehörten Sätze ‚Wer über Selbstmord spricht,
macht keinen' oder ‚Ein fehlgeschlagener Versuch zeigt, dass es nicht
ernst gemeint war' sind durch nichts belegte Vorurteile. Vielmehr
sollten sich Eltern mit ihren Kindern unmittelbar in kinder- und
jugendpsychiatrische Behandlung begeben.“
Die Behandlungsmöglichkeiten sind vielfältig, doch ist es zunächst
wichtig, die Erkrankung überhaupt zu erkennen. „Ein Kind mit
Depressionen wird leicht übersehen, wenn es nicht stört oder auffällt.
Auch die Eltern nehmen depressive Symptome häufig nicht wahr“, sagt
Prof. Warnke. So erhalten nach Schätzungen der DGKJP nur 50 Prozent der
Kinder und Jugendlichen überhaupt eine Therapie.
Bewährt haben sich vor allem Verfahren, die das Verhalten junger
Patienten beeinflussen. In Kombination mit einer medikamentösen
Therapie, die nicht bei allen Patienten und nicht während der gesamten
Behandlungszeit notwendig ist, kann nach Angaben der DGKJP bei fast
allen Betroffenen eine Linderung der Symptome erreicht werden.
Quelle:
DKJP |