Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Dysmorphophobie: „Hilfe, ich bin hässlich!“

Wenn der Körperkult krankhafte Züge annimmt – DGKJP ruft Schönheitschirurgen zu mehr Vorsicht auf


Sie fühlen sich hässlich und sind überzeugt, dass alle anderen Menschen genauso über sie denken. Sie leben in dem Irrglauben, nur eine Schönheitsoperation könne ihnen helfen. Vor allem Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren sind von der befürchteten Hässlichkeit, der so genannten Dysmorphophobie oder auch Schönheitshypochondrie, betroffen. Die Erkrankung, die oft begleitet wird von Depressionen, Essstörungen, Ängsten und Schamgefühlen, bleibt nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) viel zu häufig unerkannt. 

„Bei der Dysmorphophobie handelt es sich um eine meist stark ausgeprägte psychische Erkrankung, in deren Verlauf sich viele Betroffene vollständig zurückziehen und sogar Suizidversuche unternehmen“, erläutert Dr. Claudia Mehler-Wex von der DGKJP. „Die Patienten beschäftigen sich übermäßig mit ihrem Körper, insbesondere konzentrieren sie sich auf vermeintliche Defekte an Haut, Haaren, Geschlechtsorganen oder im Gesicht. Die Angst, stark entstellt zu sein, ist dabei völlig unbegründet: Andere Menschen können den  angeblichen körperlichen Missstand gar nicht oder nur minimal erkennen.“

Bis zu fünf Prozent der Bevölkerung leiden mindestens ein Mal im Leben unter dem Hässlichkeitswahn, besonders junge Mädchen sind von der krankhaften Vorstellung eingenommen, dass sie zum Beispiel zu dicke Beine, einen zu kleinen Busen oder eine schiefe Nase haben und deshalb von allen angestarrt und abgelehnt werden. Sie stehen jeden Tag stundenlang vor dem Spiegel, um ihren Körper zu überprüfen und nach Möglichkeiten zu suchen, wie der vermeintliche Makel mit Kleidung oder Schminke vertuscht werden kann. In der übrigen Zeit kreisen die Gedanken beinahe ausschließlich um die körperliche Beschaffenheit. Der Alltag bleibt dabei auf der Strecke: Viele gehen aus Angst und Scham kaum noch zur Schule oder zur Arbeit, treffen sich nicht mehr mit Freunden.

Über die Ursachen ist nur wenig bekannt. Eine genetische Veranlagung für psychische Erkrankungen könnte eine Rolle spielen. Geringes Selbstbewusstsein, Hänseleien oder ein traumatisches Lebensereignis können bewirken, dass jemand seinem Äußeren übermäßige Aufmerksamkeit schenkt. „Das in den Medien propagierte Schönheitsideal und die immer größer werdende gesellschaftliche Akzeptanz von ästhetischer Chirurgie tragen ebenfalls zur Entstehung von Dysmorphophobie bei“, betont Dr. Mehler-Wex von der DGKJP.

Schönheitsoperation hilft selten

Die meisten Betroffenen suchen ärztliche Hilfe – jedoch nicht beim Psychologen oder Psychotherapeuten, sondern beim Hautarzt oder Schönheitschirurgen. Etwa die Hälfte der Patienten hat einer Studie zufolge bereits mindestens zwei dermatologische Behandlungen etwa gegen Haarausfall oder Akne hinter sich oder zwei und mehr Schönheitsoperationen an Nase, Kinn, Brust oder Zähnen. Der Erfolg solcher Eingriffe ist minimal: Nur 23 Prozent der Patienten spürten eine subjektive Verbesserung; oft waren sie unzufrieden mit dem Ergebnis, oder das Empfinden eines Makels verschob sich einfach auf einen anderen Bereich des Körpers.

„Vor allem bei jungen Mädchen wird die Erkrankung sehr häufig übersehen, weil das wahre Ausmaß der psychischen Belastung meist schamhaft verschwiegen wird“, erklärt Dr. Mehler-Wex. Hier seien kosmetisch-hautärztliche und ästhetisch-chirurgische Einrichtungen gefordert, konkreter nachzufragen und die Patientinnen gegebenenfalls in kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung zu überweisen. Zunächst sollten dort die psychischen und körperlichen Befindlichkeiten geprüft werden, um  andere Erkrankungen (Depressionen, Psychosen) auszuschließen. Mit einer intensiven Verhaltens- und Psychotherapie, eventuell begleitet von einer vorübergehenden medikamentösen Unterstützung mit Antidepressiva, kann nach Angaben der DGKJP einem Großteil der Patienten geholfen werden.

„Doctor Shopping“ und Selbstverstümmelung

Der Begriff Dysmorphophobie leitet sich aus dem Griechischen ab („Missgestaltsfurcht“) und wurde bereits 1891 von dem italienischen Psychiater Enrico Morselli geprägt. Doch erst 1987 wurde das Syndrom als eigenständige psychische Erkrankung anerkannt. Viele Patienten unterliegen der wahnhaften, von anderen nicht in diesem Ausmaß nachvollziehbaren Vorstellung, in einem bestimmten körperlichen Bereich derart entstellt zu sein, dass ihnen nur eine plastische Operation helfen kann. Sie ziehen von Arzt zu Arzt („doctor shopping“), bis sie jemanden finden, der sie operiert. Der DGKJP sind Fälle bekannt, bei der sich Patienten die Nase zertrümmerten oder Brustwarzen abschnitten, um den gewünschten Eingriff zu erhalten. Der aggressive Hass gegen sich selbst, begleitet von schweren Depressionen, führt zu Selbstmordgedanken und -versuchen: Etwa ein Prozent der Betroffenen nimmt sich das Leben.

Quelle: DKJP