Rezession:
Hochkonjunktur der Psycho-Probleme
Arbeitsplatzkonflikte als Grund für
posttraumatische Verbitterungsstörungen
Berlin (pte, 06. Aug 2003 11:43) - Psychiater der
Freien Universität Berlin haben in Arbeitsplatzkonflikten den häufigsten
Grund für die psychische Leiden entdeckt. Durch die schwierige
wirtschaftliche Lage verschlechtert sich die Situation, um den Kampf um
einen Arbeitsplatz. Das Ergebnis sind schwerwiegende psychische
Probleme, die zur Ausbildung schwerer körperliche Leiden führen,
berichtet die Freie Universität Berlin
http://www.fu-berlin.de .
Hoch qualifiziert, dynamisch, kommunikativ,
erfolgsorientiert und nahezu unbegrenzt belastbar - so sollten sie sein,
die modernen Arbeitnehmer in der Informationsgesellschaft. "Wer nicht
oder nicht mehr in dieses Schema passt, hat es schwer", so Michael
Linden, Psychiater an der Berliner Charite, Campus Benjamin Franklin.
Betroffen von dem Leistungsdruck sind vor allem ältere Berufstätige ab
50 Jahren. "In Zeiten, in denen die Rezession den Rationalisierungsdruck
und mit ihm den Stress erhöht, haben psychische Leiden Hochkonjunktur",
führt der Experte aus. Millionen Menschen reagieren auf gelegentlichen
Ärger am Arbeitsplatz mit psychosomatischen Reaktionen wie Gastritis und
Migräne, die in aller Regel mit Medikamenten und autogenem Training
schnell kuriert werden können. "Es gibt aber auch eine wachsende Zahl
von Patienten, die schwere Phobien und Depressionen entwickeln", so
Linden. Als "Posttraumatic Embitterment Disorder" (PTED) oder
"Posttraumatische Verbitterungsstörung" bezeichnet Linden dieses
Krankheitsbild im Fachmagazin "Psychotherapy and Psychosomatics".
"Das besondere Merkmal der PTED-Patienten ist ihre
tiefe Verbitterung aufgrund einer persönlichen Kränkung", erklärt
Linden. 38 Prozent der Patienten entwickelten solche Symptome nach einer
Kündigung, 24 Prozent erkrankten infolge von Konflikten am Arbeitsplatz.
Je 14 Prozent klagten über solche Probleme nach dem Tod einer
nahestehenden Person oder nach familiären Konflikten. "Neben den
Depressionen und Phobien sind Gefühle der Hilflosigkeit, des
Selbstzweifels, Selbstmordgedanken, Aggressionen, Verzagtheit,
Missmutigkeit, unspezifische körperliche Beschwerden, Appetitlosigkeit,
Schlafstörungen und Antriebsmangel zusätzliche Symptome dieses
Krankheitsbildes", führt Linden aus. Diese Erkrankungen können zu
dauerhafter Arbeitsunfähigkeit führen, wenn sie nicht frühzeitig
diagnostiziert und angemessen therapiert werden. "Besonders gefährdet
sind vor allem Menschen, die ihr Selbstwertgefühl fast ausschließlich
aus dem Beruf schöpfen", so der Experte.
"PTED-Patienten sind von ihren Leiden nur schwer
zu befreien, weil viele durch ihre familiäre Prägung und das
traumatische Ereignis psychisch blockiert sind", so Linden, der mithilfe
von Methoden der modernen Weisheitspsychologie versucht, diese Blockaden
aufzubrechen. "Weise ist im wissenschaftlichen Sinne derjenige, der
Handlungen anderer Personen nachvollziehen und sich in sie emotional
hineinversetzen kann, Perspektiven wechselt und auch mit unfertigen
Lösungen leben kann", umschreibt der Psychiater die Therapie. Der
Gekündigte erkenne und akzeptiere so im Rollenspiel eventuell, weshalb
er entlassen wurde und gelangt nebenbei zu der Erkenntnis, dass der
Verlust des belastenden Jobs auch ein Gewinn an Lebensqualität und die
Chance für einen Neuanfang sein kann.
Quelle: Pressetext Nachrichtenagentur |