USA. Wie soll man reagieren, wenn ein Demenz-Kranker und sein Ehepartner
sexuelle Wünsche haben? Dieser Frage begegnen besonders Mitarbeiter von
Pflegeeinrichtungen, die Demenz-Patienten betreuen. Folgende Empfehlungen
gibt K. G. Reza:
(1)
Berücksichtigen Sie, dass sich
die meisten Erwachsenen unabhängig von möglichen Behinderungen Intimität
und liebevolle Zuwendung wünschen. Wie sich diese Bedürfnisse im Detail
darstellen, hängt von zahlreichen Facetten des Einzelfalls ab
(gesundheitliche Verfassung, vorhandene Behinderungen, Existenz eines
Partners, kulturelle und soziale Normen, bisheriges Intimleben).
(2)
Bedenken Sie, dass verheiratete
Demenz-Kranke meist schon erhebliche Belastungen ihrer Beziehung
verkraften mussten. Ersparen Sie dem Paar deshalb unnötigen weiteren
Stress. Wenn sich ein solches Paar ehelichen Verkehr wünscht, sollten sie
dies weder als „infantil“ oder „trivial“ abtun, noch unflektiert fördern.
(3)
Finden Sie heraus, von wem der
Wunsch nach intimem Kontakt ausgeht. Die Pflegeeinrichtung steht immer auf
Seiten des Patienten und sollte daher vorrangig dessen Perspektive
beachten. Klären Sie die möglichen Vor- und Nachteile für den Betreuten.
(4)
Überprüfen Sie, ob sich der oder
die Partnerin des Demenz-Kranken tatsächlich eine sexuelle Beziehung
wünscht. Nicht selten leiden auch die jeweiligen Partner bereits unter
kognitiven Störungen und sind daher nur noch eingeschränkt
entscheidungsfähig. Da Demenzen progredient verlaufen, sollten Sie sich
der aktuellen Bedürfnisse des Patienten immer neu vergewissern.
(5)
Klären Sie, auf welche Weise der
Demenz-Kranke sexuelle Wünsche äußert oder ob ihm diese eher übergestülpt
werden. Als Indikator für eine fortbestehende gute Beziehung, ist nicht
entscheidend, ob der Demenz-Kranke den Partner noch mit dem richtigen
Namen ansprechen kann. Für Beurteilung der Beziehungsqualität sind
körperliche Signale oft aussagefähiger.
(6)
Fragen Sie sich, ob das Heim die
beste Begegnungsstätte für das Paar ist oder ob es geeignetere Orte gibt.
Sorgen Sie dafür, dass der besuchende Partner gut untergebracht ist.
(7)
Erforschen Sie, ob sich der
Demenz-Kranke der Vor- und Nachteile eines sexuellen Kontakts bewusst ist.
Gewährleisten Sie, dass aus einer solchen Begegnung nicht neue Gefahren
für die Gesundheit des Patienten erwachsen (Überforderung, übertragbare
Erkrankungen).
(8)
Finden Sie heraus, ob die Umwelt
möglicherweise ungünstig auf die sexuelle Beziehung des Patienten
reagieren und diesen dadurch zusätzlich belasten könnte.
(9)
Bereiten Sie den besuchenden
Partner auf die Besonderheiten der Heimsituation vor. Nehmen Sie
vorhandene Ängste. Besprechen Sie vorab Fragen und Komplikationen, die
während des körperlichen Kontakts auftreten können.
(10)
Bereiten Sie einen
Alternativplan für den Fall vor, dass der Demenz-Kranke plötzlich seine
Bereitschaft zur intimen Begegnung oder seine Vorstellungen von dieser
ändert.
(11)
Gewährleisten Sie, dass sich die
partnerschaftliche Beziehung in einzelnen intimen Begegnungen erschöpft,
sondern dauerhaft gepflegt werden kann.
Modifiziert nach K. G. Reza.: How do we assess and determine the mental
capacity of our patients with Alzheimer´s disease and dementia for consent
to conjugal visits with their spouse? Annals of Long-Term Care 2004 (12,
Heft 4) 27-28 |