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Schmerzverarbeitung bei Borderline-Patienten erforscht
Neuronales Netzwerk im
Gehirn dient der Schmerzunterdrückung
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Mannheim (pte/20.06.2006/16:00) -
Patientinnen mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) empfinden
Schmerzen weniger stark als gesunde Menschen. Der Grund dafür ist, dass
die Entstehung von Schmerzempfindungen vom Gehirn aktiv unterdrückt
wird. Dies stellte ein Forscherteam vom Zentralinstitut für Seelische
Gesundheit Mannheim
http://www.zi-mannheim.de, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
http://www.uni-mainz.de und der Universitätsklinik für Psychiatrie
Bern
http://www.puk.unibe.ch fest. Die Forschungsergebnisse wurden in der
jüngsten Ausgabe des Fachmagazins Archives of General Psychiatry
veröffentlicht.
BPS-Patientinnen fügen sich selbst Verletzungen zu, sie schneiden sich
oder schlagen mit dem Kopf gegen die Wand und berichten aber von
reduzierter Schmerzwahrnehmung bis hin zu völliger Schmerzlosigkeit.
"BPS drückt sich durch Selbstverletzung, starke Impulsivität wie
beispielsweise Kaufrausch oder unkontrolliertes Rasen mit dem Auto sowie
instabile Stimmung aus", erklärt Christian Schmahl, Oberarzt in der
Klinik für Psychosomatik am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
Mannheim, im Gespräch mit pressetext.
Um das Phänomen aufzuklären, hat das Forscherteam die zentralnervöse
Verarbeitung von Schmerzreizen im Gehirn von Patientinnen mit BPS und
von gesunden Versuchspersonen untersucht. Bei dem Experiment wurden
objektiv identische und subjektiv gleich schmerzhaft empfundene
Hitzreize auf den Handrücken der Versuchspersonen ausgeübt. Die
Ergebnisse ergaben, dass objektiv identische Hitzereize von 43° von den
Patientinnen subjektiv als weniger schmerzhaft empfunden wurden als von
den Gesunden. Demzufolge wurde auch ihr Gehirn durch solche Reize
objektiv weit weniger stark aktiviert als das der Kontrollperson. Bei
Patientinnen mit Borderline-Störung führt eine erhöhte kognitive
Kontrolle zu einer niedrigeren Schmerzbewertung und damit zur
Schmerzunempfindlichkeit.
Somit kann man vermuten, dass starke Schmerzreize zu einer Beruhigung
von Hirnsystemen führen, die für die Verarbeitung von starken Emotionen
verantwortlich sind. Selbstverletzung bei Borderline-Patientinnen können
daher als eine Art Selbstheilungsversuch angesehen werden. Das Gehirn
verfügt über sehr effektive neuronale Netzwerke zur Unterdrückung von
Schmerzen. BPS Patienten können bestimmten Regionen einschalten, um den
Schmerz zu dämmen, so Schmahl. Durch die Forschungsergebnisse kann die
Schmerzverarbeitung von Borderline-Patienten genutzt werden, um
chronischen Schmerzpatienten helfen zu können.
In Deutschland sind rund 1,5 Prozent der Bevölkerung an BPS erkrankt.
Insgesamt sind dies zwischen 800.000 und einer Mio. Erkrankte, 70
Prozent davon sind Frauen. Die Ursachen für BPS sind noch nicht geklärt.
Bisher vermuten die Wissenschaftler frühe Gewalterfahrung wie sexueller
Missbrauch oder genetisch bedingte Ursachen, erläutert Schmahl. Durch
Therapie ist die Krankheit aber behandelbar und die Patienten werden
wieder schmerzempfindlicher. Nach sechs Jahren hat sich die Krankheit
bei mehr als der Hälfte der Patienten verbessert, erklärt Schmahl
abschließend. (Ende)
Quelle: Pressetext.Nachrichtenagentur GmbH |
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