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Chronische Erkrankungen und die Einnahme von Medikamenten
können bei älteren Menschen die Fahrtüchtigkeit herabsetzen. Doch den
meisten Kranken und auch vielen Ärzten seien die Risiken nicht bewusst,
beklagt ein führender Verkehrsmediziner in der Fachzeitschrift "DMW
Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
2006).
Schätzungsweise ein bis zwei Millionen
Menschen in Deutschland setzen sich regelmäßig hinter's Steuer, obwohl sie
dazu nicht mehr geeignet sind. Der Grund ist nicht in erster Linie das
Alter, sondern die häufigen chronischen Erkrankungen, erklärt Professor
Rainer Mattern, Rechtsmediziner an der Universität Heidelberg und
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin. Bekannt ist,
dass Menschen mit epileptischen Anfällen kein Auto fahren dürfen, es sei
denn sie sind unter einer Behandlung seit mindestens einem Jahr
anfallsfrei. Doch auch andere Erkrankungen können zu plötzlicher
Bewusstlosigkeit führen. So sollten Menschen nach einem Herzinfarkt
mindestens ein halbes Jahr ihr Fahrzeug stehen lassen. Denn das Risiko,
dass Herzrhythmusstörungen ohne Vorwarnung zu einer Ohnmacht am Steuer
führen, ist hoch. Diese Regel wird jedoch selten eingehalten. Nach
Erfahrung von Professor Mattern kennen selbst viele Ärzte das Fahrverbot
nicht. Eigentlich müssten sie ihre Patienten warnen und im Fall eines
Unfalls könnten sie sogar straf- und zivilrechtlich belangt werden, warnt
der Rechtsmediziner. Auch Menschen mit Bluthochdruck (Hypertonie) und
Zuckerkrankheit (Diabetes) sind nach Auskunft von Professor Mattern
unfallgefährdet. Hier sind es die Medikamente, die Konzentrationsstörungen
oder auch einen Kollaps auslösen. Vor allem zu Beginn der Therapie oder
bei Dosisänderungen sei die Gefahr erhöht.
Die nachlassende Reaktionsgeschwindigkeit
im Alter spielt auch eine Rolle. Viele ältere Menschen wissen dies
offenbar und fahren vorsichtiger und weniger Auto. Bezogen auf die
Fahrkilometer steigt die Unfallhäufigkeit erst im Alter von über 75
Jahren. Wenn es dann aber zum Unfall kommt, sind die Senioren in drei
Vierteln der Fälle der Verursacher. Eine gesetzliche Überprüfung der
Fahrtüchtigkeit im Alter ist derzeit nicht vorgesehen. Der TÜV Süd bietet
jedoch seit kurzem einen freiwilligen Test für Senioren an. Er ist anonym
und bleibt ohne Folgen. Die Interessenten müssen ihn aber auch selbst
zahlen.
J. Weiß:
Fahrtüchtigkeit bei chronischen Erkrankungen – Ärzte in der Pflicht
DMW - Deutsche Medizinische Wochenschrift 2006; 131 (40): S. 2200-2201 |