Ich empfehle Ihnen daher DRINGEND, sich die Zeit zu nehmen und ALLE (ich
wiederhole ALLE!) wichtigen Erfahrungen aus Ihrem Leben zu notieren, in
denen es Ihnen besonders erfreulich ging oder Sie eine schwierige
Situation bewältigt und dadurch ein „gutes Gefühl“ entwickelt haben.
Letzteres ist besonders wichtig, da wir Menschen vor allem über Gefühle
Zugang zu unseren Erinnerungen und Kompetenzen finden. Jeder Mensch findet
solche Momente, wenn er nur ausreichend lange sucht. Manchmal kann die
Suche allerdings schwer fallen, vor allem wenn man gerade depressiv oder
„ausgebrannt“ ist. Das bedeutet aber nicht, dass keine „Ressourcen“
vorhanden sind. Wer beim Angeln keinen Fisch fängt, kann allein deswegen
auch nicht behaupten, dass er damit bewiesen hätte, dass es im
betreffenden Gewässer keine Fische gibt. Schwierigkeiten beim Auffinden
von „Kraftquellen“ in der eigenen Lebensgeschichte haben häufig auch
Menschen, die als Kinder wenig von ihren Bezugspersonen „gespiegelt“
wurden. Denn wir alle sind auf Rückmeldungen unserer Umwelt angewiesen, um
uns unserer selbst bewusst zu werden. So kann sich kaum ein Mensch ohne
Hilfe eines Spiegels seiner Augen bewusst werden. Auch kann niemand für
sich alleine beurteilen, ob er sich gut ausdrücken oder gut singen kann.
Wenn sich andere mit uns freuen, unterstützen sie uns immer auch dabei,
uns unserer eigenen Freude und der dazu führenden Umstände bewusster zu
werden. Sollten Sie also (kleine) Kinder haben, ermutige ich Sie
nachdrücklich dazu, ihren Kindern spontan und rasch bei erfreulichen
Ereignissen eine Rückmeldung zu geben und es den Kindern so zu
erleichtern, das mit der Situation verbundene Gefühl wahrzunehmen und im
Gedächtnis zu speichern.
Nach diesem Vorspann lade
ich Sie ein, sich alle Zeit der Welt zu nehmen und eine persönliche
SCHRIFTLICHE Sammlung solcher Erfahrungen anzulegen, die für Sie
(besonders) erfreulich verliefen oder bei denen Sie Schwierigkeiten oder
außergewöhnliche Herausforderungen erfolgreich bewältigt haben. Beispiele
für erfreuliche Erfahrungen sind: Das Erleben der eigenen Fähigkeiten und
Kompetenzen (z.B. gut Kochen, Schreiben, Malen, Basteln usw. können),
Geburt und Erziehung von Kindern, Feste, die „Eroberung“ einer begehrten
Person, intensive Freundschaften, schöne und entspannende (!)
Urlaubserlebnisse, der Genuss besonderer Momente (Spaziergänge, Kino- oder
Restaurantbesuche), der Erhalt eines Liebesbriefs oder einer
Stellenzusage, angenehme Rückmeldungen und Komplimente der Umwelt usw.
Beispiele für bewältige Herausforderungen sind etwa: Das Bestehen von
Prüfungen (z.B. auch der Führerscheinprüfung), das Überwinden bislang
bestehender Ängste (inklusive Scham!), die souveräne Bewältigung eines
zwischenmenschlichen Konflikts, die Unterstützung eines Anderen in
schwierigen Zeiten, das mutige Vertreten der eigenen Meinung, eine gute
Platzierung in einem Wettkampf, die eigene Weiterentwicklung usw.
Wichtig ist, dass Sie sich
bei jedem dieser Punkte immer auch das damit verbundene Gefühl in
Erinnerung rufen (damit es nie in Vergessenheit gerät bzw. immer leichter
für Sie „abrufbar“ wird). Wenn es darum geht, sich die in der
Vergangenheit erlebte Ressource wieder zugänglich zu machen, sich also in
einen entsprechend guten Zustand zu versetzen, wird Ihnen das am
schnellsten über die Erinnerung des betreffenden Gefühls gelingen.
Sie erleichtern sich die
„Reaktivierung“ Ihres „Kraftzustandes“, wenn Sie diesen mit einer kurzen
und möglichst sinnlichen verbalen Formel verbinden („ganz ruhig“,
„angenehm zuversichtlich“, „voller Kraft und Mut“, „wohltuend entspannt“).
Um die Erinnerung mit der neuen Formel verknüpfen zu können, ist es
allerdings erforderlich, dass Sie sich mehrfach mit allen Sinnen in den
„Ressourcezustand“ versetzen und dabei das positive Gefühl auch nachhaltig
spüren, während Sie laut oder leise die passende Erinnerungsformel
aussprechen.
Und noch ein letzter Tipp:
Konzentrieren Sie sich beim Erinnern ressourcevoller früherer Erfahrungen
auf diejenigen Abschnitte im Handlungsablauf, bei denen sich die positiven
Gefühle einstellten. Verzichten Sie also unbedingt darauf, auch die
vorhergegangenen Handlungen zu erinnern, sofern diese mit unguten Gefühlen
verbunden waren. Beispiel: Eine Person mit Prüfungsangst sollte die
Momente vor der Prüfung möglichst NICHT „reaktivieren“, sondern erst die
Augenblicke, in denen die Erfolge eintraten und sich das Selbstbild
verbesserte!
Kurzbeschreibung der
„Kraftquelle“: Wann habe ich wo welche ANGENEHME Erfahrung gemacht
bzw. etwas Besonderes geschafft? Wie hat es sich angefühlt? Worauf
kann ich mich stützen und stolz sein? |
Beschreibung des
Gefühls |
„Gefühlskürzel“
(z.B. „ganz ruhig“, angenehm zuversichtlich“) |
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Erweitern und nutzen Sie
diese Zusammenstellung! Erstellen Sie sich ein eigenes Blatt, sofern Ihnen
diese Form nicht behagt oder (hoffentlich!) der Platz nicht ausreicht.
Wenn Sie sich jeden Morgen Ihre persönlichen Kraftquellen vor Augen führen
(das ist bestens investierte Zeit!), verhelfen Sie sich selbst zu einem
angenehmen Start in den Tag. Außerdem eignet sich die Liste als Helfer für
Problemsituationen, um Sie sofort an hilfreiche eigene Erfahrungen und
Kompetenzen zu erinnern. Fragen Sie sich beispielsweise „Welche Kompetenz
scheint mir gerade zu fehlen, um dieses Problem zu lösen?“ und forschen
Sie dann mit Hilfe der Liste sowie durch weiteres Suchen nach, ob Sie die
entsprechende Kompetenz bzw. das erforderliche Können nicht längst schon
in Ihrem Leben einmal erfahren haben und daher erneut nutzen können. Viel
Erfolg und Freude beim Zusammenstellen Ihrer persönlichen Kraftquellen!
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