Sie haben dieses Informationsblatt
erhalten, weil Sie unter einer „Schizophrenie“ leiden. Indem Sie sich auf
das Thema des Merkblatts einlassen, zeigen Sie, dass es Ihnen
erfreulicherweise schon wieder besser geht. Im folgenden finden Sie
mehrere Vorschläge, deren Umsetzung Ihr Leben „stressfreier“ gestalten
kann. Machen Sie davon Gebrauch! Denn Stress trägt oft zur Auslösung
schizophrener Symptome bei. Durch „erfolgreiches Stressmanagement“ tragen
Sie selbst zur Stabilisierung Ihrer Gesundheit bei.
Stress-Symptome wahrnehmen
Schulen Sie sich darin, frühzeitig
Signale Ihres Körpers wahrzunehmen, die auf Stress hindeuten. Reagieren
Sie rasch und angemessen darauf. Typische Stress-Symptome sind
Magenbeschwerden, Muskelverspannungen, Herzrasen, Kopfschmerzen, Müdigkeit
und Konzentrationsschwäche.
Für angenehme Lebensbedingungen sorgen
Schützen Sie sich mit Hilfe Ihrer
Angehörigen und Freunde vor „Reizüberflutung“ einer in Ihrem
unmittelbaren Lebensumfeld. Verzichten Sie darauf, pausenlos ein Radio-
oder Fernsehgerät laufen zu lassen. Ersparen Sie sich Sendungen oder
Filme, die unnötig aufregen oder Angst machen. Lesen Sie möglichst keine
Kriminalromane oder Horrorgeschichten. Gestalten Sie ihr Zimmer oder Ihre
Wohnung ordentlich, hell und übersichtlich. Das vermittelt Ruhe und
erspart unnötige Sucherei. Ersetzen Sie gegebenenfalls summende oder
flackernde Leuchtstoffröhren durch leise und angenehm strahlende
Lichtquellen. Erzeugen Sie ein gesundes Raumklima, indem Sie Ihre Wohnung
regelmäßig lüften, für eine wohltuende Temperatur sorgen, Pflanzen
aufstellen und im Winter die Luft ausreichend befeuchten. Sorgen Sie für
ausreichende Rückzugsmöglichkeiten, wenn Sie mit mehreren Menschen
zusammenleben. Schirmen Sie sich vor Störungen ab, zum Beispiel mit Hilfe
eines Anrufbeantworters oder mit Ohrstöpseln, die man in Baumärkten
erwerben kann.
Alltag strukturieren
Geben Sie sich Halt, Orientierung und
Aufgaben (Haushalt, Einkäufe, Gartenarbeit, Spaziergänge, Anrufe,
ehrenamtliche Tätigkeit usw.). Erstellen Sie dazu einen entsprechenden
Wochenplan mit möglichst genauen Zeitvorgaben. Strukturieren Sie jeden
einzelnen Tag so, dass sich Aufgaben und Entspannungsphasen sinnvoll
abwechseln. Halten Sie sich konsequent an Ihren Plan. Er sorgt für
Regelmäßigkeit und kann Ihnen das angenehme Gefühl vermitteln, dass Ihr
Leben einen Orientierung und einen Zweck hat. Sorgen Sie für ausreichenden
Nachtschlaf und einen normalen Tag-Nacht-Rhythmus. Legen Sie
anspruchsvollere Tätigkeiten in die Morgenstunden. Bedenken Sie, dass auch
Unterforderung „belasten“ kann. Lassen Sie sich also nicht Aufgaben
abnehmen, die Ihnen leicht fallen und deren Bewältigung Ihr
Selbstbewusstsein stärkt.
Bewegen statt sich erregen
Nutzen Sie die Möglichkeit,
körperliche Erregung und Anspannung in Bewegung umzusetzen. Warten Sie
nicht erst ab, bis sich ein Übermaß an Erregung aufgestaut hat. Bauen Sie
ausreichende Bewegung fest in Ihren Alltag ein (wie z. B. flotte
Spaziergänge, „Walken“, Joggen, Schwimmen, Radfahren). Vor allem
Ausdauersport (wenigstens dreimal wöchentlich 20 bis 45 Minuten) baut
„Stresshormone“ ab und stärkt den beruhigend wirkenden Teil Ihres
Nervensystems (Parasympathikus). Lassen Sie sich von Ihrem Arzt beraten.
Vielleicht kennt er einen geeigneten Sportverein oder ein ärztlich
betreutes Sportstudio, dem Sie sich anschließen können.
Körperliche Verfassung optimieren
Sorgen Sie dafür, dass Ihnen Ihr
Körper nicht unnötigen Stress bereitet. Lassen Sie Ihre Sehschärfe und Ihr
Hörvermögen überprüfen. Gönnen Sie sich eine neue Brille oder bei Bedarf
ein Hörgerät, wenn Sie damit Ihr Wahrnehmungsvermögen verbessern. Wer sich
von den Tatsachen überzeugen kann, ist weniger auf Phantasie und Vermutung
angewiesen. Reduzieren Sie Übergewicht und halten Sie sich durch Bewegung
fit, um „Erschöpfung“ und „Antriebslosigkeit“ zu begegnen. Und nicht zu
vergessen: Auch die Einnahme Ihrer Medikamente optimiert Ihre körperliche
Verfassung.
Mit Nahrung und Genussmitteln vernünftig umgehen
Wenn Sie viel Kaffee oder andere
koffeinhaltige Getränke konsumieren und/oder sehr stark rauchen, entlasten
Sie Ihre Nerven, wenn Sie beides verringern. Denn Koffein und Nikotin
aktivieren und können innere Unruhe verstärken. Sorgen Sie durch eine
ausgewogene und regelmäßige Ernährung dafür, dass Ihr Blutzuckerspiegel
möglichst wenig schwankt (z. B. durch ausreichende Ballaststoffe). Vor
allem niedrige Blutzuckerspiegel machen unruhig. Essen Sie immer möglichst
langsam und genussvoll. Hören Sie auf, wenn der Hunger gestillt ist (nicht
erst, wenn der Teller leer ist). Trinken Sie ausreichend kalorienarme
Getränke, da Flüssigkeitsmangel Symptome erzeugt, die denen einer
Schizophrenie ähneln können (wie Antriebsarmut, Lustlosigkeit,
Konzentrationsstörungen). Essen Sie nicht aus „Frust“ und verzichten Sie
auf unnötige Naschereien zwischendurch. Bedenken Sie, dass manche
Medikamente zur Behandlung der Schizophrenie eine Gewichtzunahme fördern
(Das kann dann wieder neuen Stress auslösen!).
Sich entspannen lernen
Finden Sie heraus, wie Sie sich
zuverlässig entspannen können. Verzichten Sie auf Maßnahmen, die
langfristig schädlich sind (Alkohol, herkömmliche Schlafmittel). Fragen
Sie Ihren Arzt, ob er Ihnen – mit Unterstützung der Krankenkasse – ein
Entspannungstraining verordnen kann. Sehr wirksam sind beispielsweise
Atemtechniken (besonders wichtig: langsames Ausatmen!) oder die sog.
Muskelrelaxation nach Jakobsen. Ebenso sind Entspannungsbäder oder
Dehnübungen für die Muskulatur („Stretching“) oft hilfreich.
Stresstagebuch führen
Finden Sie mit Hilfe eines Tagebuches
heraus, welche besonderen und hier noch nicht erwähnten „Stress-Auslöser“
es in Ihrem Leben gibt. Notieren Sie dabei möglichst vier Punkte: 1. den
Stressauslöser, 2. die durch diesen bei Ihnen ausgelösten Gefühle und
Gedanken, 3. Ihre Reaktion aufgrund der Gefühle und Gedanken, 4. eine
Idee, wie Sie künftig auf den Stressauslöser günstiger reagieren könnten.
Testen Sie, wie gut Ihre neue Vorgehensweise im Ernstfall funktioniert.
Verbessern Sie bei Bedarf Ihre Taktik solange, bis Sie zufrieden sind.
Sich krankheitsangemessen fordern
Stress entsteht, wenn Anforderungen
größer sind als die verfügbaren Bewältigungsmöglichkeiten. Überfordern Sie
sich also nicht! Überprüfen Sie, ob Sie sich nicht durch selbst auferlegte
Erwartungen und Aufgaben unter Stress setzen. Konzentrieren Sie sich immer
auf nur eine Sache und halten Sie nicht gleichzeitig mehrere Töpfe am
Kochen. Üben Sie sich darin, bei Überforderungen „nein“ zu sagen oder eine
an Sie herangetragene Aufgaben zu delegieren, wenn Sie sich überfordert
fühlen. Fragen Sie sich regelmäßig bei allem, was Sie tun, ob es sich auch
mit weniger Anstrengung bewältigen lässt. Verhandeln Sie mit Ihrem
Arbeitgeber darüber, wie weit sich Ihre Arbeitsbedingungen stressfreier
gestalten lassen (z. B. in Form von Teilzeitarbeit).
Soziale Hilfen ausschöpfen
Lassen Sie sich fachmännisch beraten,
wenn Sie sich um Ihre wirtschaftliche oder soziale Zukunft sorgen. Zögern
Sie nicht, Rechte auszuschöpfen, die Ihnen zustehen. Beantragen Sie
gegebenenfalls Sozialhilfe und/oder eine Anerkennung als
Schwerbehinderter. Nutzen Sie verfügbare Rehabilitationsmaßnahmen
(beispielsweise eine berufliche Umschulung oder Trainingsmaßnahmen zur
Verbesserung kognitiver Basisstörungen). Begeben Sie sich in eine Psycho-
oder Soziotherapie, um mit deren Hilfe Ihre Fähigkeiten zu stabilisieren
und zu fördern. Psycho- und Soziotherapeuten werden Sie auch bei der
Wiedereingliederung im Arbeitsprozess unterstützen. Machen Sie Gebrauch
von weiteren speziellen Angeboten für Schizophrenie-Betroffene
(Sozialarbeiter, Tageskliniken, sozialpsychiatrische Zentren, fachlich
angeleitete Gruppen).
Stress erzeugenden Gedanken begegnen
Notieren Sie („automatische“)
Gedanken, die Ihnen immer wieder durch den Kopf gehen und Sorgen bereiten.
Viele dieser Gedanken werden Sie selbst als unsinnig erkennen können, wenn
sie erst einmal schwarz auf weiß vor Ihnen liegen („Ich bin für alles
verantwortlich“, „Ich mache immer alles falsch“, „Es ist wichtig, dass ich
alles unter Kontrolle habe“ „Ich bin an allem schuld“). Üben Sie, solchen
Gedanken ein energisches „Stopp“ entgegenzusetzen oder Ihnen mit
hilfreicheren bzw. realistischeren Sätzen zu begegnen. Stellen Sie keine
quälenden Vergleiche an. Zerbrechen Sie sich nicht über Fehlentscheidungen
ewig den Kopf. Verzichten Sie auf unnötige Vorhaltungen und
Rechtfertigungen. Stellen Sie sich selbst keine unnötigen oder
destruktiven Fragen. Entwickeln Sie Techniken, mit denen Sie sich von
unangenehmen Gedanken ablenken können. Besprechen mit Ihrem Arzt und
anderen Helfern, wie Sie mit Stress erzeugenden Gedanken sonst noch
umgehen können.
Wissend mitgestalten
Informieren Sie sich mit Hilfe
geeigneter Broschüren über Ihr Krankheitsbild. Je mehr Sie über dessen
Besonderheiten Bescheid wissen, um so gezielter können Sie am
Behandlungsprozess mitwirken und Gefühle von Hilflosigkeit verringern.
Empfehlenswert ist beispielsweise das Buch „Mit Schizophrenie leben“ (von
Werner Kissling und Gabriele Pitschel Walz, Schattauer Verlag). Bitten Sie
auch Angehörige und Freunde, sich über das Krankheitsbild Schizophrenie zu
informieren, damit diese die Beziehung zu Ihnen realistisch und
konstruktiv gestalten können.
Hilfreiche Kontakte bevorzugen
Streit und emotional aufwühlende
Auseinandersetzungen erzeugen besonders starken Stress. Vermeiden Sie
deshalb Beziehungen, die erfahrungsgemäß immer wieder unerfreuliche
Gefühle auslösen. Dies gilt vor allem gegenüber Miesmachern, Pessimisten
und Menschen mit geringem Selbstwertgefühl. Bevorzugen Sie Kontakte mit
Personen, von denen Sie sich wertgeschätzt und verstanden fühlen.
Verzichten Sie selbst darauf, Ihr Gegenüber unnötig zu provozieren.
Stoppen Sie möglichst rasch Auseinandersetzungen, die zu „entgleisen“
drohen. Schlagen Sie vor, die entsprechenden Gespräche auf einen Zeitpunkt
zu vertagen, zu dem Sie sich stabiler fühlen. Üben Sie, bei Aufregung
bewusst leise, langsam und freundlich zu sprechen. Treffen Sie
Vorkehrungen für soziale Ereignisse, wie Geburtsfeiern, Hochzeiten oder
Beerdigungen, die erfahrungsgemäß mit Stress verbunden sind. Sorgen Sie
beispielsweise dafür, eine solche Feier vorzeitig verlassen zu können.
Selbstsicherheit und Sozialkompetenz entwickeln
Schulen Sie Ihre Fähigkeiten im Umgang
mit anderen („soziale Kompetenz“). Eine Schizophrenie beeinträchtigt
manchmal die Fähigkeit, Informationen aus der Umgebung aufzunehmen, zu
interpretieren und zu verarbeiten. Diesem Defizit lässt sich
entgegenwirken, indem man unter therapeutischer Anleitung in Rollenspielen
Verhaltensweisen übt, die für erfolgreiche Interaktionen mit anderen
Menschen erforderlich sind.
Zur Erkrankung stehen
Verstecken Sie sich nicht unnötig vor
Ihrer Umwelt. Dies erspart Ihnen Energie. Informieren Sie zumindest Ihren
Familien- und Freundeskreis über Ihr Gesundheitsproblem. Stellen Sie sich
darauf ein, dass diese sehr unterschiedlich reagieren werden. Führen Sie
selbst nicht alle Schwierigkeiten pauschal auf Ihre Erkrankung zurück.
Sonst verpassen Sie vielleicht die Chance, veränderbare Dinge zu
übersehen. |