Warum zeigt sich Stress an so vielen
unterschiedlichen körperlichen Signalen?
Dies lässt sich an
folgendem Bild erläutern: Man stelle sich vor, dass fünf verschiedene
Autotypen „überladen“ werden. Obwohl alle Autos mit der derselben
Zusatzlast überfrachtet wurden, werden sich die Folgen oft unterscheiden.
So wird bei dem einen Wagen die Achse brechen, beim nächsten die
Stoßdämpfer ihren Geist aufgeben, beim dritten die Bremsen versagen usw.
Ähnlich ist es bei den Menschen, deren „Schwachstellen“ sich von Person zu
Person unterscheiden. Was dem einen „auf den Magen schlägt“, daran hat der
andere „am Kreuz zu tragen“. Wieder anderen „bricht dauernd der Schweiß
aus“, „wird der Schlaf geraubt“ oder „fängt die Haut an zu jucken“. Wie
sich Stress bei einem bestimmten Menschen bemerkbar macht, hat also auch
mit „Veranlagung“ zu tun. Natürlich hängt die Art des Symptoms auch mit
der Art der Belastung zusammen: Wer unter Lärmstress steht, wird eher
einen „Infarkt des Ohres“ (Hörsturz) erleiden als die Sachbearbeiterin,
der immer mehr Akten aufgehalst werden und die dadurch Kreuzschmerzen und
Bluthochdruck entwickelt.
Gibt es sogar körperliche und psychische Signale,
die der Laie überhaupt nicht mit Stress zusammenbringt?
Psychotherapeuten begegnen diesem
Phänomen vor allem bei depressiven und ängstlichen Menschen. Beide
Personengruppen haben meist den „gesunden Überblick“ verloren. So suchen
depressive Patienten die „Schuld“ entweder bei der eigenen Person oder bei
der Welt, während ängstliche Patienten die „Ursache“ ihres Leidens eher
einer bestimmten „Gefahrenquelle“ zuordnen (sehr häufig ist dies eine
vermeintliche eigene Erkrankung). Die Betroffenen haben dann kein
Bewusstsein mehr dafür, dass ihre Symptome auf dem erwähnten
Missverhältnis zwischen Anforderungen einerseits und
Bewältigungsmöglichkeiten andererseits beruht. Anstatt Anforderungen und
Bewältigungsmöglichkeiten in ein vernünftiges Gleichgewicht zu bringen,
doktern sie an ihren Symptom herum. Das ist genau so wenig sinnvoll wie
der Versuch, einen Brand zu löschen, indem man die Warnsirene ausstellt.
Mit Sicherheit wird auch bei Kopf- und Rückenschmerzen eher zu selten als
zu oft an Stress als (Mit-)Verursacher gedacht.
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