Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Religiosität als gesundheitliche Ressource
 

 

Wenn man davon ausgeht, dass Religiosität und Spiritualität evolutionär bedingt sind, dann stellt sich die Frage, welchen Selektionsvorteil diese Verhaltensweisen boten. Anders wäre es nicht verständlich, dass Menschen schon in der Vorzeit für religiöse Praktiken einen zum Teil erheblichen Aufwand getrieben haben, der für Nahrungssuche und Partnerwahl nicht mehr eingesetzt werden konnte. Spiritualität konnte schwer verständliche Ereignisse erklären, eröffnete die Möglichkeit, Wünsche an höhere Mächte zu richten und durch Rituale Hilfe zu erbitten. Es ist denkbar, dass sich Spiritualität später zur Religiosität verdichtete, die dann durch Festsetzung von Normen, beispielsweise die Zehn Gebote, zur kulturellen Vielfalt von Religionen führte. Trotz der Einwände von Ludwig Feuerbach (Die Religion ist eine Projektion des menschlichen Geistes) bis Sigmund Freud (Religion als Zwangsneurose) weiß man heute aus verschiedenen Untersuchungen, dass Religiosität die physische und psychische Gesundheit positiv beeinflusst und zu größerer Lebenszufriedenheit führt. Ein Aufsatz in der Zeitschrift "Psychiatrische Praxis" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) weist darüber hinaus nach, dass Religiosität im therapeutischen Prozess eine bisher nur wenig genutzte potenzielle Ressource darstellen kann.

Ausschlaggebend für die gesundheitliche Relevanz sind vor allem eine verinnerlichte religiöse Sozialisation und bewusst gelebte Religiosität. Vor allem nach kritischen Lebensereignissen kann sich Religiosität als hilfreiche Ressource erweisen, etwa durch die Überzeugung, dass es sich um Gottes Plan gehandelt hat. Eine nur äußerliche Religiosität, die sich im Wesentlichen in Kirchgängen erschöpft, kann sich auch negativ auswirken, etwa durch negatives Coping mit Vorwürfen gegen Gott, wie etwa am Beispiel von Depressivität und Angststörungen ermittelt wurde. Ebenso können religiöse Gemeinschaften eine Quelle von Hilfe, Trost und Anteil sein, sie können aber auch zu gesellschaftlicher Isolation führen, wenn sozialer Druck ausgeübt wird.

Religiöse Überzeugungssysteme können Orientierung geben und Lebenssinn generieren, beinhalten aber auch häufig eine gesellschaftskritische Tendenz, die alternative Werte formuliert, wie etwa Demut, soziales Engagement, Verzicht statt Macht. Dadurch können sie von Erfolgs- und Konformitätsdruck und somit von Stress befreien und bei gesundheitlicher Beeinträchtigung die Bewältigung erleichtern. Anders als in den USA, wo "religious counseling" weithin akzeptiert sind, etablieren sich im deutschsprachigen Raum erst allmählich Einrichtungen, die gezielt religiöse Inhalte in ihr Behandlungskonzept einbeziehen. Ein nennenswerter Therapieeffekt konnte bisher, außer bei gläubigen Muslimen, nicht nachgewiesen werden.

Religiosität und psychische Gesundheit. Eine Übersicht über Befunde, Erklärungsansätze und Konsequenzen für die klinische Praxis.
Psychiat Prax 2007; 34; Nr. 2; S. 58-65.

Dipl.-Psych. Dipl.-Theol. Constantin Klein, Leipzig,
Institut für Psychologie II.
kleinc@rz.uni-leipzig.de