Abbildung 2:
Das Aikidō-Dōjō Köln:
http://www.aikido-koeln.de
Aikidōka
üben in einem speziellen Raum, dem so genannten Aikidō-Dōjō.
Das Dōjō ist nicht irgendeine Halle, sondern ein Ort, wo Menschen unter
Begleitung eines Lehrers Aikidō trainieren und sich bewusst einer
Lernsituation aussetzen. Es ist ein geschützter Raum, der geprägt ist von
gegenseitigem Respekt der Übenden und möglichst ideale Voraussetzungen für
gemeinsames Lernen bietet.
Dieser geschützte Raum
entsteht u.a. durch bestimmte Regeln und Verhaltensweisen – die Etikette.
Die Etikette im Aikidō(-Dōjō) folgt einer langen Tradition. Viele der im
Dōjō gebräuchlichen Regeln sind in Japan auch heute noch
selbstverständlich und fester Bestandteil der normalen Umgangsformen. Beim
Aikidōtraining sind sie von großer Bedeutung, da sie einen wichtigen
Beitrag zur Schaffung einer angenehmen und geschützten Arbeitsatmosphäre
leisten. Sie sind keine Formalismen, Floskeln oder
Lippenbekenntnisse, sondern Ausdruck echter Wertschätzung für alle
Anwesenden. Sie spiegeln den „gemeinsamen Geist“ der Übenden wider.
- Die
Aikidōka
erscheinen rechtzeitig vor Übungsbeginn im Dōjō. So bleibt genügend
Zeit, sich in Ruhe umzuziehen und den Alltag hinter sich zu lassen.
- Wenn ein Aikidōka das Dōjō bzw.
die Übungsmatte betritt, verbeugt er sich und symbolisiert damit seinen
Respekt und Wertschätzung für alle Übenden und den „geschützten Raum“.
- Um einen Aikidōka zum Üben
aufzufordern, verbeugen sich die Partner voreinander. Werden die
Übungspartner gewechselt, dann geschieht dies mit einer Verbeugung als
Zeichen des Dankes und des Respekts.
- Die Rollen Angreifer und
Verteidiger werden zu Übungszwecken festgelegt; der „Gewinner“ ist somit
immer vorbestimmt. Diese Rollen werden regelmäßig gewechselt; die
Techniken werden gleichberechtigt mit Links und Rechts durchgeführt.
- Alle Übungen werden
konzentriert ausgeführt; das Reden wird auf ein notwendiges Maß
reduziert.
- Der Partner wird nicht
„korrigiert“; es gibt keinen „falschen“ Angriff. Stattdessen wird
gemeinsam an einer Bewegung gearbeitet. In der Rolle des Angreifers
erfolgt der Angriff dem Niveau des Partners angemessen mit der Idee
„fordern und fördern“.
- Es ist die Aufgabe des Lehrers
auf Verbesserungsmöglichkeiten hinzuweisen und individuelle Hinweise zur
Übung zu geben.
Aikidō als
Budō-Disziplin
wird mit einem oder mehreren Partnern geübt. Dies erfordert von allen
Übenden eine hohe Aufmerksamkeit und Vertrauen in die Partner.
Dieses Vertrauen, eine wichtige Grundvoraussetzung für gemeinsames Lernen
und Entwicklung, entsteht über die achtsame Arbeit. Die Etikette mit ihren
Regeln schafft den dazu erforderlichen Kontext.
Das rechtzeitige
Erscheinen im Dōjō erleichtert es, den Alltag mit all seinen Belastungen
hinter sich zu lassen. Ist nicht genügend Zeit „zum Ankommen“ eingeplant,
so wird der Stress aus dem Alltag mit auf die Matte gebracht. Bei den
anschließenden Übungen würde die erforderliche Aufmerksamkeit fehlen.
Die symbolische Verbeugung beim Betreten des Dōjō gilt im übertragenen
Sinne dem ältesten Anwesenden. In der Praxis ist sie gleich zu setzen mit
der persönlichen Verpflichtung allen Anwesenden mit Wertschätzung zu
begegnen und ernsthaft zu üben. In der gemeinsamen Übung mit den Partnern
kann experimentiert werden. Dabei gibt es kein im herkömmlichen Sinne
„richtig oder falsch“: gemeinsam mit einem Partner wird eine Bewegungsform
geübt und mit Leben gefüllt. Jeder Partner führt die Übung vor dem
Hintergrund seiner individuellen Möglichkeiten aus. Der Angreifer greift
den Fähigkeiten seines Partners entsprechend an. Dabei ist es für die
gemeinsame Entwicklung wichtig, dass der Angriff wohl dosiert ist:
Ist der Angriff „zu leicht“, so kann der
Partner nicht wirklich üben. Er ist unterfordert und würde bloß irgendeine
inhaltslose Technik ausführen! Ist der Angriff „zu hart“, so ist der
Partner überfordert und wird im Extremfall mit unnötiger Härte reagieren.
In beiden Fällen ist ein
gemeinsames Lernen nur eingeschränkt möglich. Ein beiderseitiges Vertrauen
wird schwerlich entstehen können.
Eine weitere Schwierigkeit für beide Übende liegt darin, „den Fehler“
nicht beim Partner zu suchen! Im täglichen Leben erleben wir alle
immer wieder die Suche nach „dem Schuldigen“. Diese Gefahr besteht auch
beim Aikidō: „Du hast falsch angegriffen“. „Du führst die Technik nicht
richtig aus“! usw.
Die wirkliche Übung besteht darin, sich z.B. zu fragen: „Was kann ich
tun, um den Angriff weich aufzunehmen, ohne meinen Partner zu
verletzen“? Mit dieser Geisteshaltung schärfe ich den Blick für meinen
eigenen Anteil. Eine wichtige Grundvoraussetzung für wirkliches Lernen
-, aufmerksam wahrnehmen, handeln, reflektieren - ist geschaffen.
Unterstützt wird dies
durch den regelmäßigen Wechsel der Rollen. So hat jeder Übende
Gelegenheit die Komplexität der Übungen selbst zu erfahren. Jeder kann
wechselseitig die Perspektive des Partners einnehmen und so daran
arbeiten die richtige Antwort auf Angriff oder Verteidigung in der Arbeit
mit dem Partner zu finden.
Hier spielt die richtige
Geisteshaltung eine bedeutende Rolle. Wie auch sonst in der
zwischenmenschlichen Kommunikation kommt es darauf an, „was mein Partner
versteht“: Vor diesem Hintergrund kann ein Hinweis des Übungspartners als
Hilfe verstanden werden.
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