Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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2.1          Aikidō-Dōjō und die Bedeutung der Etikette


Abbildung 2:
Das Aikidō-Dōjō Köln: http://www.aikido-koeln.de

Aikidōka üben in einem speziellen Raum, dem so genannten Aikidō-Dōjō. Das Dōjō ist nicht irgendeine Halle, sondern ein Ort, wo Menschen unter Begleitung eines Lehrers Aikidō trainieren und sich bewusst einer Lernsituation aussetzen. Es ist ein geschützter Raum, der geprägt ist von gegenseitigem Respekt der Übenden und möglichst ideale Voraussetzungen für gemeinsames Lernen bietet.

Dieser geschützte Raum entsteht u.a. durch bestimmte Regeln und Verhaltensweisen – die Etikette. Die Etikette im Aikidō(-Dōjō) folgt einer langen Tradition. Viele der im Dōjō gebräuchlichen Regeln sind in Japan auch heute noch selbstverständlich und fester Bestandteil der normalen Umgangsformen. Beim Aikidōtraining sind sie von großer Bedeutung, da sie einen wichtigen Beitrag zur Schaffung einer angenehmen und geschützten Arbeitsatmosphäre leisten. Sie sind keine Formalismen, Floskeln oder Lippenbekenntnisse, sondern Ausdruck echter Wertschätzung für alle Anwesenden. Sie spiegeln den „gemeinsamen Geist“ der Übenden wider.

  • Die Aikidōka erscheinen rechtzeitig vor Übungsbeginn im Dōjō. So bleibt genügend Zeit, sich in Ruhe umzuziehen und den Alltag hinter sich zu lassen.
  • Wenn ein Aikidōka das Dōjō bzw. die Übungsmatte betritt, verbeugt er sich und symbolisiert damit seinen Respekt und Wertschätzung für alle Übenden und den „geschützten Raum“.
  • Um einen Aikidōka zum Üben aufzufordern, verbeugen sich die Partner voreinander. Werden die Übungspartner gewechselt, dann geschieht dies mit einer Verbeugung als Zeichen des Dankes und des Respekts.
  • Die Rollen Angreifer und Verteidiger werden zu Übungszwecken festgelegt; der „Gewinner“ ist somit immer vorbestimmt. Diese Rollen werden regelmäßig gewechselt; die Techniken werden gleichberechtigt mit Links und Rechts durchgeführt.
  • Alle Übungen werden konzentriert ausgeführt; das Reden wird auf ein notwendiges Maß reduziert.
  • Der Partner wird nicht „korrigiert“; es gibt keinen „falschen“ Angriff. Stattdessen wird gemeinsam an einer Bewegung gearbeitet. In der Rolle des Angreifers erfolgt der Angriff dem Niveau des Partners angemessen mit der Idee „fordern und fördern“.
  • Es ist die Aufgabe des Lehrers auf Verbesserungsmöglichkeiten hinzuweisen und individuelle Hinweise zur Übung zu geben.

Aikidō als Budō-Disziplin wird mit einem oder mehreren Partnern geübt. Dies erfordert von allen Übenden eine hohe Aufmerksamkeit und Vertrauen in die Partner. Dieses Vertrauen, eine wichtige Grundvoraussetzung für gemeinsames Lernen und Entwicklung, entsteht über die achtsame Arbeit. Die Etikette mit ihren Regeln schafft den dazu erforderlichen Kontext.

Das rechtzeitige Erscheinen im Dōjō erleichtert es, den Alltag mit all seinen Belastungen hinter sich zu lassen. Ist nicht genügend Zeit „zum Ankommen“ eingeplant, so wird der Stress aus dem Alltag mit auf die Matte gebracht. Bei den anschließenden Übungen würde die erforderliche Aufmerksamkeit fehlen.
Die symbolische Verbeugung beim Betreten des Dōjō gilt im übertragenen Sinne dem ältesten Anwesenden. In der Praxis ist sie gleich zu setzen mit der persönlichen Verpflichtung allen Anwesenden mit Wertschätzung zu begegnen und ernsthaft zu üben. In der gemeinsamen Übung mit den Partnern kann experimentiert werden. Dabei gibt es kein im herkömmlichen Sinne „richtig oder falsch“: gemeinsam mit einem Partner wird eine Bewegungsform geübt und mit Leben gefüllt. Jeder Partner führt die Übung vor dem Hintergrund seiner individuellen Möglichkeiten aus. Der Angreifer greift den Fähigkeiten seines Partners entsprechend an. Dabei ist es für die gemeinsame Entwicklung wichtig, dass der Angriff wohl dosiert ist:

Ist der Angriff „zu leicht“, so kann der Partner nicht wirklich üben. Er ist unterfordert und würde bloß irgendeine inhaltslose Technik ausführen! Ist der Angriff „zu hart“, so ist der Partner überfordert und wird im Extremfall mit unnötiger Härte reagieren.

In beiden Fällen ist ein gemeinsames Lernen nur eingeschränkt möglich. Ein beiderseitiges Vertrauen wird schwerlich entstehen können.
Eine weitere Schwierigkeit für beide Übende liegt darin, „den Fehler“ nicht beim Partner zu suchen! Im täglichen Leben erleben wir alle immer wieder die Suche nach „dem Schuldigen“. Diese Gefahr besteht auch beim Aikidō: „Du hast falsch angegriffen“. „Du führst die Technik nicht richtig aus“! usw.
Die wirkliche Übung besteht darin, sich z.B. zu fragen: „Was kann ich tun, um den Angriff weich aufzunehmen, ohne meinen Partner zu verletzen“? Mit dieser Geisteshaltung schärfe ich den Blick für meinen eigenen Anteil. Eine wichtige Grundvoraussetzung für wirkliches Lernen -, aufmerksam wahrnehmen, handeln, reflektieren - ist geschaffen.

Unterstützt wird dies durch den regelmäßigen Wechsel der Rollen. So hat jeder Übende Gelegenheit die Komplexität der Übungen selbst zu erfahren. Jeder kann wechselseitig die Perspektive des Partners einnehmen und so daran arbeiten die richtige Antwort auf Angriff oder Verteidigung in der Arbeit mit dem Partner zu finden.

Hier spielt die richtige Geisteshaltung eine bedeutende Rolle. Wie auch sonst in der zwischenmenschlichen Kommunikation kommt es darauf an, „was mein Partner versteht“: Vor diesem Hintergrund kann ein Hinweis des Übungspartners als Hilfe verstanden werden.