Was
hat verkaufen mit verführen zu tun? Unter den vielen Gemeinsamkeiten ist
die offensichtlichste einen Menschen zur Zustimmung zu bringen und
ihm Freude bereiten zu wollen. Es gibt aber noch viel mehr, dass Verkäufer
von den großen Verführern unserer Geschichte lernen können.
Der Markt und seine Kunden hat sich in den
letzten Jahren stark verändert. Der Verkäufermarkt war gestern, der
Käufermarkt ist heute. Das bedeutet, dass das Angebot die Nachfrage
übersteigt. Der Verkäufer ist mehr denn je vom Käufer abhängig. Und die
Käufer wissen das! Die Kunden haben eine starke Position und gute
Marktkenntnisse. Ihre Ansprüche sind gestiegen und sie wissen, sie haben
die Macht der freien Entscheidung. Wer das Begehrtere hat, der beherrscht
den Markt. Und schon ist man mitten im Verführungswortschatz: „Das
Begehrtere“. Wie begehrenswert ist das Produkt oder die Dienstleistung?
Wie begehrenswert ist der Verkäufer oder Berater? Wie verführerisch sein
Charakter?
Ob als Verkäufer oder Verführer, das
Wichtigste ist die Fähigkeit, Menschen in eine Richtung zu bewegen, in die
sie es wünschen. Doch das Spiel ist gefährlich, denn sobald dieser Mensch
den Verdacht hegt beeinflusst zu werden, könnte er verstimmt sein und sich
abwenden. Geschickter ist es, dieser Person das Gefühl zu geben, dass sie
den Verkäufer verführt, bzw. dass sie die Argumente für den Kauf eines
Produktes selbst liefert. Man kann sogar noch einen Schritt weitergehen:
In fast allen Lebensbereichen wollen Menschen andere Menschen überreden,
sie für sich zu gewinnen und zum aktiven Wollen verführen. Einige sind
relativ offen für dieses Ansinnen, während sich andere stur stellen und
solchem Charme und Überzeugungskünsten eiskalt widerstehen. Ein Casanova
wurde durch solche Ablehnungen erst recht ehrgeizig. Je größer die
Schwierigkeit, die Ablehnung, desto reizvoller war es für ihn neue
ausgeklügelte Strategien zu entwickeln, um an sein Ziel zu kommen. Je mehr
Widerstand seine Zielperson leistete, desto kreativer und motivierter
wurde der Verführer, diesen Widerstand zu überwinden. Das gelang ihm
besonders deshalb, weil er ein starkes Selbstbewusstsein hatte. Ein
wichtiger Aspekt des verführerischen Charakters.
Der Verführer ist sich seiner selbst bewusst
und versteht es seine Persönlichkeit gezielt einzusetzen. Casanova war
vielleicht der erfolgreichste Verführer der Geschichte. Kaum eine Frau
konnte ihm widerstehen. Dabei war seine Strategie ganz einfach: Wenn er
eine begehrenswerte Frau traf, studierte er sie, erforschte ihre
Stimmungen, ihre Vorlieben, fand heraus, was in ihrem Leben fehlte, wonach
sie sich sehnte – und bot es ihr. Ein Verkäufer nennt das Bedarfsanalyse.
Bei jeder Verführung passte sich Casanova den Wünschen und Träumen der
Frauen an und erweckte ihre Phantasien zum Leben. Für die eine Frau wurde
er zum Romantiker, für die andere ein wilder Abenteurer, für wieder eine
andere ein Philosoph. Stets gelang es ihm, der Mann ihrer Träume zu
werden.
Erwartungen befriedigen
Fast alle sind das ganze Leben lang für
Verführung empfänglich, denn Menschen sehnen sich nach Erlebnissen, die
sie bewegen, sie suchen nach Anerkennung, Wertschätzung und der Flucht aus
der Routine. Der Verführer weiß genau, welche Leere seine Zielperson
spürt, kennt ihre Sehnsucht, Bedürfnisse, Wünsche und Träume und er
versteht es, sie auf professionelle Weise, mit der richtigen Strategie zu
füllen.
Wie gut kennt der Unternehmer die Bedürfnisse,
Wünsche, Träume seiner Kunden oder auch seiner Mitarbeiter? Und was
unternimmt er, um diese zu erfüllen? Die Kreativität ist ein wichtiger
Aspekt der verführerischen Persönlichkeit. Der Verführer sucht immer
wieder nach neuen Wegen, seine Zielperson zu begeistern, zu verblüffen –
denn so macht er sie unersättlich und gewinnt sie für sich. Madame
Pompadour, die Geliebte des chronisch gelangweilten König Ludwigs XV.,
sorgte stets für andere Überraschungen: ein neues Amüsement, ein neues
Spiel, eine neue Mode. Der König konnte niemals erraten, was als Nächstes
passieren würde, und während er immer wieder einer neuen Überraschung
entgegenfieberte, war seine Willenskraft vorübergehend ausgesetzt – er war
fast süchtig nach diesen Erlebnissen, die sein Leben so versüßten. Der
Verkäufer, ebenso wie die Führungskraft muss sich nun fragen: Wann und wie
hat er das letzte Mal seinen Kunden überrascht, ihn begeistert, ihm ein
Erlebnis verschafft?
Aufmerksamkeit wecken
Sowohl im Verkauf als auch bei der Verführung
geht es um Aufmerksamkeit. Es liegt in der Natur des Menschen, dass er
nach Aufmerksamkeit strebt. In einer Welt der Reizüberflutung ist das
manchmal eine Herausforderung, die selbst Don Juans Kreativität kräftig
fordern würde. Dabei sind es nicht immer die großen Dinge, die
Aufmerksamkeit erzeugen. Die Liebe zum Detail und kleine Aufmerksamkeiten
können bei Kunden viel Aufmerksamkeit erzeugen. Allein, wenn der Kunde
merkt, dass mitgedacht wird und ein wirkliches Interesse für ihn und
seinen Bedarf besteht. Ein Flugbegleiter zum Beispiel hat vor einiger Zeit
meine Aufmerksamkeit gewonnen, weil er mich mit meinem Namen ansprach, als
er nach meinem Getränkewunsch fragte. Kaum hatte ich das Flugzeug am
Zielort verlassen, erzählte ich vielen Menschen von diesem einzigartigen
Flugbegleiter dieser Fluggesellschaft.
Ein Restaurantbesitzer in Berlin verführt –
Verzeihung … verwöhnt seine Gäste nach dem köstlichen Essen, indem er
ihnen eine kurze Nackenmassage nach dem Essen anbietet. Die Gäste
verlassen sein kleines Restaurant mit einem Leuchten in den Augen. Da
spricht sich nicht nur das gute Essen, sondern auch der einzigartige
Restaurantbesitzer schnell herum. Beste Mund-Propaganda! Und schon ist man
beim Thema Empfehlung. Auch hier kann man viel von den großen Verführern
lernen, denn auch sie erkannten, dass man mit Hilfe Anderer viel leichter
und effektiver an Zielpersonen herankommt. Die Verführungs-Profis begaben
sich in das gesellschaftliche Umfeld der Zielperson, um nicht länger ein
Fremder zu sein und Vertrauen zu gewinnen. Der Graf von Grammont zum
Beispiel, ein Verführer des 17. Jahrhunderts, freundete sich zunächst mit
der Kammerzofe, dem Diener, einer Freundin oder sogar einem Liebhaber der
begehrten Dame an. So war es leicht für ihn, Informationen über seine
Zielperson zu gewinnen und sich ihr dann auf nicht bedrohliche Weise zu
nähern. Außerdem säte er gezielt Informationen im Bekanntenkreis der Dame,
die sie beeindruckten und neugierig machten.
Gefühle vermitteln
Alle Verkäufer wissen, dass sie nicht das
Produkt, sondern den Nutzen, die Wirkung oder ein bestimmtes Gefühl
verkaufen. Gefühle werden zu einem wesentlichen Teil durch die Stimme
transportiert. Die Stimme eines Verführers ist ein wichtiges Instrument,
um Gefühle zu vermitteln. Gezielt eingesetzt vermittelt sie Begeisterung,
Sicherheit, Freude … Und auch die Worte sollten mit Bedacht gewählt
werden! Die verführerische Rede ist eine Art von Hypnose: Sie lenkt den
kritischen Verstand des Menschen ab, schwächt damit seine Verteidigung,
seinen Widerstand und öffnet ihn für Suggestionen. Wichtige Elemente des
hypnotischen Sprachstils sind die Wiederholung, die Bekräftigung und die
bildhafte Sprache, die der eigenen Phantasie viel Spielraum lässt. Daher
müssen Schlüsselwörter immer wieder wiederholt und die Zielperson damit
positiv bestärkt werden („Sie haben völlig recht …“). Durch Bilder,
Geschichten oder Beispiele wird die Vorstellungskraft des Gegenübers
angeregt. Die verführerische Rede ist eine aktive, affirmative Sprache mit
vielen Verben, Imperativen (Appelle) und kurzen Hauptsätzen. Sie zielt
ohne Umschweife direkt ins Herz.
Bedürfnisse erkennen
Wenn Menschen das Gefühl haben, das jemand
etwas hat, was sie nicht haben, sei es eine Information oder ein Objekt
oder einfach nur eine besondere Qualität, dann sind sie offen und
empfänglich für die Verführung. Die perfekte Zielperson sind Personen, die
glauben, dass Sie etwas haben, was ihnen fehlt und die sich von der
Aussicht verzaubern lassen, dass gerade diese eine Person es ihnen bieten
kann. Zu guter Letzt sei noch einmal betont: Man kann keinen Menschen
gegen seinen Willen verführen, denn das Ziel der Verführung ist die
befriedigende Freude auf beiden Seiten! |