Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Über den Inhalt der Botschaft entscheidet der Empfänger
(Dieser Text als pdf-Dateil zum Download)


Viel Unglück in dieser Welt entsteht, weil sich Menschen missverstehen und dadurch ungünstig aufeinander reagieren. Sehr oft geht es darum, dass ein und derselbe Vorgang (Sachverhalt, Sache) unterschiedlich interpretiert (gedeutet) wird. Dabei ist es viel weniger das Verhalten unserer Mitmenschen als unser inneres „Interpretationsraster“, das uns glauben lässt, was in dieser Welt bzw. bei unserem Gegenüber gerade abläuft. Folgende von mir ausgedachte Geschichte veranschaulicht einen solchen Prozess.

Ein junger Mann geht morgens auf der Arbeitsstelle über einen langen Flur. Er ist ein fröhlicher und aufgeschlossener Mensch, dem es gelingt, anderen mit einem sympathischen Lächeln zu begegnen. Auf dem Flur trifft er zuerst Kollegin A, deren Schritte sich verlangsamen, während sich gleichzeitig ihre Gesichtszüge verhärten und die Muskulatur verkrampft. Die Hände ballen sich zu einer Faust und man merkt, dass es in ihr kocht. Der junge Mann schafft es dennoch, sein freundliches Lächeln aufrechtzuerhalten. Als sich beide gegenüberstehen, merkt man, dass Kollegin A die Fassung verliert. Plötzlich kann Sie nicht mehr an sich halten und schreit „Du, Schwein, unschuldige Frauen schon am frühen Morgen mit dreckigem Grinsen anzumachen“. Gleichzeitig rutscht ihr die Hand aus und sie schlägt dem jungen Mann ins Gesicht. Vierzehn Tage später begegnen sich beide vor Gericht, weil Kollegin A, den jungen Mann wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz angezeigt hat.

Glücklicherweise übersteht der junge Mann diesen Zwischenfall seelisch unbelastet. Er schafft es, schon Augenblicke später auf dem weiteren Weg entlang des Flurs erneut sympathisch zu lächeln. Das ist gut so, denn am Ende des langen Ganges begegnet ihm Kollegin B. Auch ihre Schritte verlangsamen sich, während sie dem jungen Mann ins Gesicht blickt. Anders als bei Kollegin A entspannen sich jedoch bei Kollegin B die Gesichtszüge. Außerdem beginnt sie zu lächeln. Als sich beide gegenüberstehen, verliert auch Kollegin B die Beherrschung und ruft „Nein, so etwas Schönes, schon am frühen Morgen mit einem so freundlichen Lächeln begrüßt zu werden!“. Gleichzeitig fällt sie dem jungen Mann um den Hals und gibt ihm einen Kuss. Vierzehn Tage später findet im Anschluss an das erwähnte Gerichtsverfahren eine Verlobungsfeier statt, auf der sich der junge Mann und Kollegin B die Ehe versprechen.

Zugegeben, das Ganze klingt konstruiert, dennoch dürfte es plausibel wirken. Das Beispiel will veranschaulichen, dass wir auf viele Entwicklungen (leider) keinen so großen Einfluss haben, insbesondere wenn diese von Meinungen („Bedeutungszuschreibungen“) anderer abhängen. Jeder nimmt nun einmal die Welt durch seine eigene Brille wahr, meist ohne sich dieser Tatsache bewusst zu sein. 

Viel aufschlussreicher als die Perspektive des jungen Mannes, der sich in beiden Fällen gleichbleibend freundlich verhielt, ist die Perspektive der beiden Frauen: Ihre jeweils unterschiedliche Deutung der Situation entschied letztlich darüber, ob die weitere Entwicklung mit Kampf und Ärger oder mit Freude und Glück verbunden war. Machen Sie sich daher laufend klar, wie Sie selbst durch Ihre jeweilige Deutung einer Situation dazu beitragen, sich das Leben leicht und schön oder schwer und unglücklich zu gestalten.