1983 habe ich für die
Zeitschrift "Medical Tribune" (Nr. 46 vom 18.11.1983, S. 52) einen
Beitrag zum Thema "Telefonieren in der Praxis - Was sich da alles
verbessern lässt" verfasst. Viele der an Ärzte und Arzthelferinnen
gerichteten Anregungen sind auch heute noch gültig und lassen sich
meist problemlos auf andere Lebensbereiche übertragen. Hier sind sind
die wichtigsten Auszüge:
.....Die nächste wichtige Überlegung
betrifft den Standort. Wenn viele Telefonate anfallen, sollte immer
auf eine ausreihende Geräuschabschirmung geachtet werden. Für
Rechtshänder empfiehlt es sich, den Apparat links aufzustellen. Die
rechte Hand steht dann für Aufzeichnungen zur Verfügung. Ein dreh‑ und
ausziehbarer Telefonträger ist spart Platz und gestattet mehreren
Benutzern einen problemlosen Zugriff.
Die Ausrüstung mit einem ständig
aktualisierten Register der wichtigsten Rufnummern ist
selbstverständlich. Notrufnummern sollten sichtbar aushängen, ein
Kalender und eine Uhr in Blickweite sein. Da es zeitraubend und teuer
ist, Telefonzentralen anzuwählen und dabei lange auf Verbindungen zu
warten, lohnt es sich, von allen wichtigen Gesprächspartnern die
Durchwahl in Erfahrung zu bringen. Sehr hilfreich kann auch ein
teilweise über den Buchhandel beziehbares Verzeichnis der
niedergelassenen Ärzte sein.
Außer Papier und Kugelschreiber gehört
auch eine Buchstabiertafel (für In und Ausland) neben das Telefon.
Gelegentlich bewähren sich so genannte Telefonnotizblocks. Sie können
über den Schreibwarenhandel bezogen werden und enthalten markierte
Felder (z. B. für Datum, Uhrzeit, Name und Telefonnummer des Anrufers,
Kurzinhalt des Gesprächs und Erledigungsvermerk). Bei größeren
Telefonanlagen sollte immer auch eine Gebrauchsanleitung (etwa für
Weitervermittlungen) bereitliegen.
2. Die Annahme von Anrufen
Leider kommt es im stressgeplagten
Medizinbetrieb nur all zu oft vor, dass das ständige Klingeln des
Telefons als Belastung empfunden und der Anruf dementsprechend
schroff entgegengenommen wird. Dass der Anrufer ja nicht hinter die
Kulissen blickt, er meistens größere Probleme hat und Hilfe sucht,
wird gerne vergessen.
Man sollte es sich daher zur Regel
machen, sich vor der Abnahme des Hörers positiv einzustimmen. Vor
allem Freundlichkeit, Wärme und Zugewandtheit sind gesprächsfördernde
Haltungen. Wer dies leicht vergisst, der schreibe einfach „Sei
freundlich“ auf seinen Apparat, Übrigens soll sich auch Lächeln am
Telefon sehr bewährt haben. Und noch eines: Je kürzer man das Telefon
klingeln lässt, um so angenehmer wird der Anrufer berührt sein. Denn
das rasche Abheben lässt auf eine ständige Präsenz und effiziente
Handeln rückschließen.
Beim Meiden am Telefon ist es sinnvoll,
mit einer kurzen Pause oder einem höflichen „Grüß Gott" zu beginnen.
Damit ermöglicht man es dem Anrufer, sich voll auf das Weitere,
insbesondere den Namen des sich Meldenden, zu konzentrieren. Vor allem
Personen mit einsilbigen Namen sollten wenigstens ein Wort ihrem Namen
voranschicken (z.B. ,hier"). Wer schon im Moment des Abhebens seinen
oder den Namen der Einrichtung nennt, kann sicher sein, dass er nicht
verstanden wird, das Gespräch also bereits mit einem Missverständnis
beginnt. Zu einer informativen Meldung gehört auch, dass die eigene
Funktion oder der Arbeitsbereich, in dem man tätig ist, genannt wird.
Wird der Name des Gesprächspartners nicht
verstanden, dann empfiehlt es sich, sogleich darum zu bitten, diesen
zu buchstabieren. Ein solches Vorgehen ist effektiver als ein
mehrfaches fruchtloses Wiederholen und dient der sofortigen und
korrekten verwaltungsmäßigen Erfassung.
Da am Telefon Gestik und Mimik als
Kommunikationshilfen wegfallen, ist es um so wichtiger, langsam und
deutlich zu sprechen. Wer sich kurzer Wörter und kurzer Sätze bedient,
Tätigkeits‑ anstelle von Hauptwörtern benutzt und sich möglichst
konkret ausdrückt (etwa mit Hilfe von Beispielen), wird besonders gut
verstanden. Dies gilt vor allem auch für die Verständigung mit
Ausländern. Wer das Gesagte mehrmals wiederholen muss, verliert im
Endeffekt viel Zeit und wird regelmäßig sehr ungeduldig.
Die Stimme ist die Visitenkarte der
Gesprächspartner und wird immer auch der Einrichtung zugerechnet, der
die Telefonierenden angehören. (Merksatz: Die Stimme der
Arzthelferin ist die des Arztes!) Es ist bekannt, dass tiefere
Stimmlagen als besonders angenehm und Vertrauen erweckend empfunden
werden. Man sollte sich diese Erkenntnis zunutze machen und bewusst
eine Nuance tiefer als sonst üblich sprechen. Die Sprechmuschel
gehört ungefähr fünf Zentimeter vor den Mund. Wer dazu neigt,
besonders laut oder leise zu sprechen, sollte dementsprechend den
Abstand korrigieren. Nebengeräusche kann man vermindern, indem man die
Sprechmuschel mit der freien Hand abschirmt.
Sofern es sich nicht um einen tatsächlich
belästigenden Anruf handelt, sollte man es den Gesprächspartner wissen
lassen, dass sein Anruf begrüßt wird. Die frühzeitig gestellte Frage
„Was kann ich für Sie tun" hilft Zeit und Geld sparen, da sie
unmittelbar auf das Wesentliche lenkt.
3. Das leidige Problem der
Weitervermittlung
Wird eine Weitervermittlung nötig, so
gehört es zum Anstand, dem Anrufer mitzuteilen, an wen und
gegebenenfalls warum man ihn weiterleitet. Auch wird der Anrufer es
besonders zu danken wissen, wenn man ihn darüber informiert, wie weit
es erforderlich ist, dass er seinem nächsten Gesprächspartner nochmals
das gesamte Anliegen schildert. Dass bereits weitervermittelt wird,
bevor der Anrufer sein Anliegen zu Ende vorgetragen hat, sollte auf
jeden Fall vermieden werden.
Blieb die Weitervermittlung wegen
Abwesenheit des Gesuchten erfolglos, so ist allen Beteiligten gedient,
wenn dem Anrufenden wenigstens noch die Durchwahl seines gewünschten
Gesprächspartners mitgeteilt wird. Vermittlungswünsche sollten im
übrigen immer mit einem "gerne' kommentiert werden: Das verbessert mit
minimalem Aufwand die Gesprächsatmosphäre.
Bevor man sich dazu entschließt, einen
Anrufer warten zu lassen (weil der Arzt z. B. momentan unabkömmlich
ist oder erst Unterlagen aus dem Archiv besorgt werden müssen), sollte
man immer überlegen, ob es nicht sinnvoller ist, einen erneuten Anruf
zu einem späteren Zeitpunkt zu erbitten. Denn dies erspart dem
Anrufenden verlorene Wartezeit und verhindert, dass die Leitung für
andere wichtige Gespräche blockiert ist. Handelt es sich um ein
Ortsgespräch, so ist es oft ökonomischer, selbst einen Rückruf
anzubieten: Dann kann nämlich der Arzt selbst den günstigsten
Zeitpunkt auswählen.
Die Wichtigkeit eines
Gespräches lässt sich etwa mit der folgenden Frage abschätzen: Ist
Ihr Anruf so dringlich, dass ich den Arzt in der augenblicklichen
Untersuchung unterbrechen (bzw. aus der Visite herausrufen) soll?»
Entscheidet man sich dann dafür, dem
Anrufer ein Abwarten anzubieten, so ist zweierlei zu beachten: 1. Der
Hörer sollte so abgelegt werden, dass der Anrufer nicht an den Interna
der Praxis bzw. der Station teilnehmen kann (auch wenn dies die
Wartezeit sehr interessant gestalten mag!). 2. Der Wartende darf
niemals „verhungern“. Nach dem Ablauf von ungefähr je einer Minute
ist daher die freundliche Mitteilung angebracht, dass man weiter mit
der Vermittlung befasst sei. Bei längerem Warten empfiehlt es sich
anzufragen, ob der Anrufer weiter ausharren möchte.
Entschließt er sich für einen erneuten
Anruf oder erbittet er einen Rückruf, so sollte man vor der Beendigung
des Gespräches unbedingt den Grund des Anrufes erfragen und eine
vorläufige Nachricht' notieren. Der Hinweis, dass sich der Arzt dann
besser auf das Gespräch vorbereiten könne, wird, sofern es sich nicht
um „Tabuthemen“ handelt, immer zu einer ausreichenden Auskunft führen.
Gelegentlich erweist
es sich als hilfreich, freie „Telefonzeiten" im Tagesablauf zu
reservieren, in denen man mit Sicherheit für Anrufe erreichbar ist.
Mit dem für alle einsichtigen Argument, dass voraussichtlich noch
zahlreiche andere Anrufer auf ein Freiwerden der Leitung warten,
lassen sich die Gespräche dann auch relativ kurz halten.
4. Was tun mit unliebsamen
Gesprächspartnern?
Ein heikles Problem betrifft die Frage,
wie man auf solche Anrufe reagiert, vor denen der Arzt verschont
bleiben möchte (z.B. Vertreter von Firmen, bestimmte Personen aus dem
Privatbereich). Ein erster sinnvoller Ansatz zur Lösung dieses
Problems besteht darin, der Arzthelferin oder Stationsschwester eine
Auflistung dieser Personen zu übergeben. Im übrigen ist es nicht nur
ökonomisch unsinnig, sondern auch unfair, den Anrufer immer wieder
auf später zu vertrösten (etwa weil der Arzt noch immer nicht
erreichbar sei"1 Die Antwort, der Arzt sei zur Zeit so sehr
beschäftigt, dass er darum bitte, Verständnis zu haben und von
weiteren Anrufen abzusehen, stellt eine befriedigendere Lösung dar.
Kommt es dennoch zum Gespräch, so empfiehlt es sich, von vornherein
mit dem Anrufer eine eindeutige zeitliche Begrenzung der Unterredung
zu vereinbaren (z.B. fünf Minuten).
Im übrigen sollte man immer überlegen, ob
es nicht rationeller ist, den Vorgang schriftlich abzuwickeln
(Beispiel: Einholen von Firmeninformationen),
5. Auch Anrufen will überlegt sein
Viele der voran stehenden Hinweise gelten
auch für den Fall, dass man selbst anruft. Vorweg gehört jedoch immer
die Überlegung, ob der Anruf wirklich nötig ist. Möglicherweise lässt
sich die erwünschte Information ja auch schriftlich anfordern (z. B.
Arztbrief). Auf der anderen Seite sollte sich ein Arzt nie scheuen,
auch einmal aus eigener Initiative einen Patienten anzurufen. Jeder
Patient wird darin ein Interesse des Arztes an seiner Person erkennen
und ihm dies zu danken wissen.
Zu den Selbstverständlichkeiten des
Telefonierens gehört eine optimale Vorbereitung (z.B. erforderliche
Unterlagen, keine Geräusche im Hintergrund) und eine klare
Formulierung des telefonischen Anliegens (Verzicht auf weitschweifige
Einleitungen und unnötige Ausschmückungen). Direkt am Anfang des
Gespräches ist es wichtig, sich von zweierlei zu überzeugen: a) ob man
mit dem richtigen Partner verbunden ist und
b) ob für den anderen der Zeitpunkt
günstig gewählt ist. Wenn es sich um ein Ferngespräch handelt, sollte
man dies dem anderen gegenüber deutlich zum Ausdruck bringen. Er wird
dann daran mitarbeiten, das Gespräch straff zu führen und die Kosten
des Telefonats zu senken.
Der Anrufer sollte
niemals mit einem Redeschwall überschüttet werden. Durch häufigeres
Rückfragen ist sicherzustellen, dass der andere das Anliegen
verstanden hat. Die zwei großen Nachteile eines jeden Telefonats
dürfen nie aus dem Auge verloren werden: die mangelnde Eindeutigkeit
und die fehlende Beweiskraft. Eine Zusammenfassung des Gespräches und
häufigere Wiederholungen sollten daher nicht gescheut werden. Für die
Konzeption des Gespräches ist es
hilfreich, sich daran zu erinnern, dass Anfang und Ende von
Mitteilungen am besten erinnert werden. Durch gezieltes Einlegen von
Pausen ist es möglich, die vorangegangenen Aussagen zu betonen.
6. Spezielle Tipps für das
Gesprächsverhalten
Es ist äußerst wichtig, eine überlegte
Körperhaltung einzunehmen. Denn die Stimme verrät, ob man schlaff,
verspannt oder gelangweilt am Apparat sitzt.
Es zahlt sich aus, den Partner persönlich
(z.B. als Chefarzt oder Kollegen), möglichst auch mit dem Namen
anzusprechen. Dies sollte im Verlauf der Unterredung mehrfach
erfolgen. Damit erweist man eine Referenz an die Persönlichkeit des
anderen und steigert dessen Aufmerksamkeit. Letzteres erreicht man
auch, indem man die eigenen Argumente in Frageform vorbringt.
Spricht der andere, so ist es wichtig, ihm
zu signalisieren, dass man „aktiv" zuhört (etwa indem man das Gesagte
mit den eigenen Worten kurz zusammenfasst).
Zu den Grundregeln eines produktiven
Gespräches gehört, dass man den anderen nie in Verlegenheit bringt.
Zu diesem Zweck sollte man sich einer diplomatischen Ausdrucksweise
bedienen: z. B. statt „So etwas gibt es doch nicht“ besser „Sind Sie
ganz sicher?“ oder statt „Sie müssen doch einsehen ... „ besser:
„Können Sie sich nicht vorstellen, dass...“'
Ein weiteres nützliches Gesprächsprinzip
besteht darin, die Dinge nicht nur aus der eigenen Perspektive heraus,
sondern unter Berücksichtigung der Interessenlage des Partners so zu
formulieren: z. B. statt „Ich empfehle Ihnen... " besser „Für Sie
selbst wäre es besser...“
Wird man versehentlich einmal unhöflich,
so sollte man es sich zur unabdingbaren Regel machen, sich umgehend
dafür zu entschuldigen (etwa indem man mit einem Hinweis auf die
eigene Arbeitsüberlastung um Verständnis für den Ausrutscher bittet).
Man
sollte sich nie scheuen, mit dem Partner eine zeitliche Begrenzung des
Gespräches zu vereinbaren. An den Schluss der Unterredung gehört die
Frage „War dies alles, was Sie wünschten?“ und ein Dank für den Anruf
bzw. das Gespräch.
7. Juristische Anmerkungen
Im medizinischen Bereich ist der Hinweis
wichtig, dass telefonische Auskünfte nur mit Bedacht erteilt werden
dürfen: Denn die gesetzliche Schweigepflicht gebietet es, nur dem
Kranken selbst Auskünfte zu geben (Ausnahme: der Patient hat die
Schweigepflicht gegenüber bestimmten Personen aufgehoben). Wer sich
also der Identität eines Anrufers nicht sicher ist, sollte diesen um
einen persönlichen Besuch bitten.
Ein schwieriges Problem stellt auch die
Situation dar, in der dem Arzt ein Gespräch zugestellt wird, während
er gerade mit einem anderen Patienten befasst ist. Auch hier gebietet
es häufig die Schweigepflicht, entweder das Gespräch zu verlegen oder
den anwesenden Patienten für einen Augenblick aus dem Zimmer zu
bitten.
Gerne wird vergessen, dass auch der
angerufene Patient nicht immer frei sprechen kann. Wenn man einmal
eine solche Situation vermutet, sollte man sich daher nicht scheuen
zu fragen, ob beim Angerufenen noch eine weitere Person im Raum
anwesend ist.
Literatur: Herbert Steiner: Richtig
telefonieren, Der erfolgreiche Weg zur rationellen inner- und
außerbetrieblichen Verständigung. Econ-Verlag. Wien-Düsseldorf, 1972;
Rolf Leicher: Wirksamer, überzeugender und billiger telefonieren.
Wilhelm Heine Verlag, München 1982 |