Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Meine "Grundannahmen" über Essstörungen


Fotos: www.bilderbox.at


1)      Der Begriff „Essstörungen“ verleitet dazu, das „Problem“ im Essen zu sehen und dort zu „bekämpfen“. Ähnlich wie Schmerzen auch nur ein Symptom sind, das als „Warnsignal“ auf die eigentliche Krankheit verweist, sind „Essstörungen“ häufig auch nur ein Anzeichen für „tiefer liegende Probleme“. Wer sich nur auf das Essen konzentriert, setzt deshalb leicht an der falschen Schraube an.

2)      Essstörungen haben selten eine einzige Ursache: Vererbung, erlerntes Verhalten („Frustfressen“ aber auch „Essgenuss“) und Umwelteinflüsse (Konsumterror, gesellschaftlicher Schlankheitswahn) können gleichermaßen eine Rolle spielen. Es macht deshalb wenig Sinn, eine Hauptursache zu suchen und sich auf diese zu konzentrieren.

3)      Essstörungen lassen sich als Fehlregulationen der Impulskontrolle beschreiben: entweder wird dem Essdrang zügel- und hilflos nachgegeben (Bulimie, Adipositas) oder durch ein Übermaß an Kontrolle (Magersucht) werden Gefühle von Euphorie und Macht erzeugt (das „Triebleben“ zu beherrschen, der Welt nicht hilflos ausgeliefert zu sein). Mitunter kennt man diese Erfahrung als „Nichtessgestörter“ auch vom Fasten.

4)      Menschen mit Essstörungen können sich meistens nur schlecht körperlich selbst wahrnehmen (Körperschema-Störung). Deshalb spüren sie kaum, was ihnen (nur an Nahrung?) fehlt und wann sie eigentlich satt sind. Nicht selten finden man in der Vorgeschichte Selbstverletzungen. Damit verbunden ist häufig die Unfähigkeit, Gefühle auszudrücken. Unausgedrückte (oder gar unterdrückte) Gefühle können die (körperliche) Erregung (Unsicherheit) steigern (so wie der Versuch, nicht zu lachen, das Lachen oft verstärkt). Die erhöhte Erregung ist zwar körperlich deutlich messbar (erhöhter Puls, veränderter Hautwiderstand, vermehrte Muskelanspannung), dennoch wird sie von vielen Betroffenen kaum wahrgenommen.

5)      Tendenziell sind Essgestörte eher introvertierter. Sie neigen dazu, sich emotional von anderen abzuschotten (vielleicht weil äußere Impulse sie schneller erregen). Sie geben ihrem „Spürsinn“ wenig Gelegenheit. Vielmehr sind sie schnell mit rationalen Erklärungen für ihre Symptome zur Hand. Überdurchschnittlich oft haben Essgestörte ein sehr geringes Selbstwertgefühl. Mit Frustrationen können sie nur schlecht umgehen.

6)      Essen hat für Essgestörte eine übermäßige Bedeutung. Essen dient nicht nur dem Überleben; vielmehr wird es zum bedeutungsträchtigen Symbol (für eigenes Versagen, für eigene Mängel, als Beruhigungsmittel, als Ausdruck von Macht, als Provokateur von Konflikten). Wer glaubt, dass allein schon ein „Waschbrettbauch“ und ein „knackiger Hintern“ Lebensprobleme erledigt, irrt meistens.

7)      Wie viele Symptome, die irgendwann einmal als „Störungen“ erlebt werden, können auch Essmuster mitunter einmal sehr sinnvoll gewesen sein. Möglicherweise waren sie einmal die „bestmögliche Verhaltensweise“. Dennoch kann die Zeit sie überholen (So mag der „Schrei nach der Flasche“ zu einem Baby passen und wohlwollend von der Umwelt beantwortet werden; bei Erwachsenen wird das gleiche Schreien jedoch eher Kopfschütteln oder Ärger auslösen. Die Veränderung alter Muster wird in der Regel erst dann möglich, wenn dem oder der Betroffenen zwischenzeitlich günstigere Alternativen zur Verfügung stehen. Psychotherapie kann diese aufzeigen. 

8)      Einmal gebahnte Verhaltensmuster sind kaum noch „zu verlernen“. „Rückfälle“ sind deswegen immer möglich. Niemand ist jedoch gezwungen, alte Muster ständig aufzuwärmen.

9)      Obwohl man pauschalierend von „Essstörungen“ spricht und es sicherlich viele Gemeinsamkeiten gibt, hat jeder Betroffene sein ganz individuelles Muster und sind fast immer individuell zugeschnittene Hilfen geboten. Erst ein individueller Ansatz erhöht beim Betroffenen das Erlebnis, in seiner Einmaligkeit wertgeschätzt zu werden. Jeder Mensch hat seine eigenen Vorstellungen von dieser Welt und deren Funktionieren. Neue Informationen müssen an das vorhandene Weltbild anknüpfen, um angenommen zu werden. „Anschluss“ finden sie meist dann, wenn die entsprechende „Erkenntnis“ mit ausreichend bewegenden emotionalen Erfahrungen verbunden ist.