Depressionen und Diabetes
gehen außergewöhnlich häufig miteinander her. So ermittelten F. Cassidy
und Kollegen in einer Studie, dass fast 10 Prozent von 345 stationär
aufgenommenen manisch-depressiven Patienten zusätzlich an einem Diabetes
mellitus litten. Dieser Anteil war fast dreimal höher als in der
Allgemeinbevölkerung. Wie es zu dieser seltsamen Allianz kommt, weiß man
bislang nicht. Genetische Ursachen sind genau so möglich wie hormonelle (Hyperkortisonismus),
diabetisch bedingte Gefäßveränderungen, überlappende zerebrale
Funktionsstörungen oder Nebenwirkungen psychotroper Medikamente.
Die Ergebnisse einer japanischen Untersuchung sprechen dafür, dass
depressive Symptome unspezifische Vorläufer einer späteren Manifestation
eines Typ-2-Diabetes sein können. In die von N. Kawakami und Mitarbeitern
durchgeführte Studie flossen Angaben von 2.764 männlichen Angestellten
eines Industrieunternehmens ein. Alle waren schriftlich zu depressiven
Symptomen befragt worden. 2.380 Personen (= 86 Prozent) beteiligten sich
acht Jahre später erneut an einer Befragung. Dabei stellte sich heraus,
dass ein mittleres bis schweres Niveau depressiver Symptome mit einer um
den Faktor 2,3 erhöhten Wahrscheinlichkeit verbunden war, innerhalb der
nächsten acht Jahre an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken. Sollte sich ein
kausaler Zusammenhang zwischen beiden Phänomenen herausstellen, würde
sich damit eine neue Möglichkeit zur Prävention des Diabetes mellitus
eröffnen.
Wie therapeutische Studien andeuten, erscheint diese Perspektive
durchaus realistisch. So beschreiben F. Okamura und Kollegen drei
depressive Patienten, bei denen sich eine Insulinresistenz allein dadurch
besserte, dass sich die Kranken unter medikamentöser Behandlung von ihrer
Depression erholten.
In eine ähnliche Richtung weist auch eine Untersuchung von P. J.
Lustmann und Mitarbeitern, in der Typ-2-Diabetiker psychotherapeutisch
behandelt wurden. An der randomisierten Studie beteiligten sich 51
Patienten, die außer an ihrer Stoffwechselerkrankung auch unter einer
Major Depression litten. Bei den mit kognitiver Therapie behandelten
Diabetikern besserte sich nicht nur die Depression weitaus häufiger (85
Prozent) als in der Kontrollgruppe (27,3 Prozent). Auch die
Stoffwechsellage (beurteilt anhand des glykierten Hämoglobins) fiel bei
einer Nachuntersuchung signifikant günstiger aus.
F. Cassidy u.a.: Elevated frequency of diabetes
mellitus in hospitalized manic-depressive patients. Am. J. Psychiatry 1999
(156) 1417-1420; N. Kawakami u.a.: Depressive symptoms and occurrence of
type 2 diabetes among Japanese men. Diabetes Care 1999 (22) 1071-1076; F.
Okamura u.a.: Insulin resistance in patients with depression and its
changes in the clinical course of depression: a report on three cases
using the minimal model analysis. Internal Medicine 1999 (38) 257-260; P.
J. Lustman u.a.: Cognitive behavior therapy for depression in type 2
diabetes mellitus. A randomized controlled trial. Ann.
Intern. Med. 1998 (129) 613-621
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