Die
therapeutische Beziehung kann als ein Modellversuch dienen, in
dem man neue Verhaltensmuster ausprobieren und überprüfen kann.
Lassen Sie sich dabei nicht von dem Begriff „therapeutisch“ blenden. Die
Beziehung zwischen Ihnen und mir ist genau so eine menschliche wie das Glas
Wasser, das ich Ihnen reiche, vielleicht einerseits ein „therapeutisches
Wasser“ sein mag, letztlich aber nichts anderes als Wasser bleibt. Meist
„reinszenieren“ Patienten ihre Probleme in der Therapie, so dass es
ausreicht, das Verhalten in der Therapie zu betrachten, um der Sache auf den
Grund zu kommen. Innere Konflikte werden oft äußerlich in Szene gesetzt.
So suchen Menschen mit extremer Trennungsangst den Therapeuten nur in
Begleitung einer weiteren Person auf, die dann möglichst noch mit in den
Behandlungsraum kommen soll. Personen, die schlecht Grenzen einhalten können
oder Trennungsprobleme haben, reden auf den Therapeuten auch dann noch
pausenlos weiter ein oder haben immer noch eine weitere Frage, wenn die
Sitzungszeit abgelaufen ist. Es macht ihnen auch nichts aus, zu jeder Tages-
und Nachtzeit den Therapeuten anzurufen. Wer als Kind immer „zwischen den
Eltern stand“, neigt dazu, sich mehrere Ärzte zu suchen und zwischen diesen
hin und her zu pendeln. Deswegen ist es oft viel hilfreicher, auf Ihr
„Beziehungsverhalten“ und weniger auf den Gesprächsinhalt zu achten.
Letzteres dient oft nur dazu, mich (den Mitspieler) zu einer bestimmten
Rolle zu bewegen (Besonders beliebt und verbreitet ist zum Beispiel das
Spiel „Ich armes Opfer“).
|