Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Umgang mit Erröten ("Erythrophobie")
(als pdf-Datei zum Ausdrucken)

 

 

Zu erröten ist eine ganz normale Reaktion, die fast jeder kennt. Wie oft das problematische Erröten, die so genannte Erythrophobie, vorkommt, lässt sich nicht genau sagen. Denn viele Menschen kommen damit zurecht, ohne sich fachliche Hilfe zu holen, so dass man exakte Zahlen nicht kennt. In meiner Praxis begegne ich dem Thema regelmäßig, wobei dieses durchweg nicht der Hauptgrund ist, warum Menschen mich kontaktieren. Erröten muss auch nicht immer ein „Problem“ sein: Wenn es zwischen zwei Verliebten zum Erröten kommt, kann dies z. B. „erotisierend“ wirken und Ausdruck gegenseitiger Zuneigung sein. Auch Erröten bei Lob oder Applaus wird selten als „schlimm“ erlebt.

Wie kommt es zum Erröten?


Erröten hängt sehr oft mit Erfahrungen von „Scham“ zusammen. Diese können schon in der Kindheit eingesetzt haben, wenn man sich von anderen ausgelacht oder verspottet fühlte oder man sich als Versager vorkam. Wenn dann in einer solchen Situation die Umwelt auch noch mit „Du wirst ja ganz rot!“ auf das eigene Erröten reagierte, kann die Leidensgeschichte ihren Anfang genommen haben. Auch die Veranlagung, auf Stress mit einer gesteigerten Hautdurchblutung zu reagieren, kann eine Rolle spielen. Erröten kann zudem unbewusst „erlernt“ sein, das heißt, der Körper wurde darauf „konditioniert“, bei bestimmten äußeren oder inneren Reizen mit vermehrter Hautdurchblutung zu reagieren. Einen tieferen Sinn muss es für eine solche Reaktion keineswegs zwingend geben. Erröten ist fast immer ein Ausdruck vermehrter innerlicher „Erregung“ – und erregt kann man auch aus angenehmen Gründen sein! Beim „problematischen Erröten“ hat sich meist im Lauf der Zeit eine reflexhafte Reaktion entwickelt. Schon kleinste „Auslöserreize“ reichen aus, wozu eigene Gedanken gehören („Jetzt werde ich bestimmt gleich wieder rot“), um sofort in Gang zu erröten. Damit ist bereits angedeutet, dass das Erröten selbst am wenigstens „problematisch“ ist. „Problematisch“ wird es erst durch unsere eigene Bewertung dieses Vorgangs („Oh je, wie sehe ich jetzt aus?“ Was werden die anderen denken?“ „Werde ich jetzt bloß gestellt?“). Das Erröten verstärkt sich, je mehr Sorgen man sich macht und je häufiger man Situationen zu vermeiden versucht, in denen es zum Erröten kommen kann.

Wie lässt sich Erröten verhindern?

Die wichtigste Empfehlung lautet, das Erröten NICHT zu bekämpfen. Schon der Volksmund sagt „Was man beachtet, das wächst“. Daher sollte man möglichst auch nicht darüber grübeln oder sich im Vorhinein Sorgen machen. Beides wirkt wie ein „Mentaltraining“, dass die Neigung zum Erröten unnötig verstärkt. Erröten ist keine Krankheit, sondern eine harmlose körperliche Reaktion, die sich (leider) automatisch einstellt und nicht vorbeugend verhindert werden kann. Erröten wird uns in der Regel erst bewusst, „wenn es bereits passiert ist“. Wenn wir spüren, dass uns warm wird, sind wir auch schon dabei „rot anzulaufen“. Erröten unterliegt also nicht der bewussten Kontrolle.

Was sich durchweg mit Erfolg verändern lässt, ist der eigene Umgang mit dem Erröten. So kann man humorvoll damit umgehen und sich anderen beispielsweise schon prophylaktisch als „Hobby-Rotkopf“ vorstellen. Wer auf eine solche Weise mögliches Erröten mutig-frech vorwegnimmt, wird oft erleben, dass es dadurch gar nicht mehr zum Erröten kommt oder dieses nur noch in abgeschwächter Form auftritt. Wer leicht errötet, dem fehlt oft ausreichendes Selbstbewusstsein. In einem solchen Fall macht es mehr Sinn, dieses gezielt zu stärken und nicht das Erröten zu bekämpfen. Außerdem kann man sich durch entsprechende „Autosuggestionen“ bzw. Affirmationen ein wenig „umprogrammieren“, in dem man sich z.B. täglich mehrfach Sätze sagt wie „Auch wenn ich immer mal wieder erröte, schätze und akzeptiere ich mich. wie ich bin.“ „Kommentare zu meinem Erröten greife ich humorvoll auf, um schlagfertig darauf zu antworten.“ In Ausnahmefällen kann man sich auch einmal vorsorglich schminken – zur Regel sollte dies allerdings nie werden.

Was man regelrecht „trainieren“ kann, ist, sich bewusst in Situationen zu begeben, bei denen es typischerweise zum Erröten kommt, um dann in der noch zu beschreibenden Weise offen und mutig mit dem Erröten umzugehen. Diese Form des „Antischamtrainings“ ist hoch effektiv, wenn man konsequent und ausreichend lange übt. Die dabei entstehende Selbstsicherheit wirkt künftigem Erröten entgegen. Einen ähnlich günstigen Effekt kann man auch dadurch erzielen, dass man anderen Menschen so oft wie möglich von den eigenen Erfarhungen mit dem Erröten (möglichst humorvoll) berichtet. Das verringert die Scham, beugt künftigen Errötungssituationen vor und übt (mittels Humor) eine distanzierte Einstellung zum Erröten ein.

Wie sollte man auf eigenes Erröten reagieren?

Als erstes kann man sich vor Augen führen, dass mit einer großen Wahrscheinlichkeit kaum einer der Anwesenden das Erröten bemerken wird. Denn die meisten Zeitgenossen sind so mit sich selbst beschäftigt, dass sie das Verhalten ihrer Mitmenschen allenfalls oberflächlich registrieren. Außerdem nimmt man vor allem das wahr, was man aufgrund der aktuellen Situation gerade erwartet (und dazu gehört das Erröten anderer Menschen eher selten, weil es für die Anwesenden meist nicht so wichtig ist). Bei sich selbst sollte man darauf achten, dass man die eigene Aufmerksamkeit schleunigst vom Erröten weglenkt (beispielsweise indem man sich für die Augen- und Haarfarbe aller Anwesenden interessiert oder innerlich die nächste Mahlzeit plant). Schließlich kann es auch Sinn machen, eine Entspannungstechnik einzusetzen, mit deren Hilfe man das Erröten abmildern oder rückgängig machen kann. Die einfachste Technik ist betont langsames und tiefes Atmen, wobei man möglichst doppelt so lange aus- wie einatmen sollte. Manchmal hilft es auch, sich vorzustellen, wie angenehm sich eine frische Brise Wind oder ein kühlender Umschlag im Gesicht anfühlt. Dies sollte man allerdings schon vorab geübt haben. Wer sich mit der Technik bereits auskennt, kann sich im Geiste auch in die Vogelperspektive begeben und das momentane Geschehen aus gehörigem Abstand gelassener wahrnehmen. Man distanziert sich so ein wenig von der eigenen Betroffenheit. Aus der Vogelperspektive kann man sich auch gut zureden („Lass Sie doch reden.“ „Du stehst zu dir, wie du bist.“) Wer mutig ist, kann das Erröten auch humorvoll selbst ansprechen („Oh, solche Bemerkungen pumpen bei mir sofort Blut in den Kopf“ „Noch mehr solcher Vorschläge und mein Kopf platzt.“).

Sollte es ausnahmsweise zu einem dummen Kommentar durch andere kommen, antwortet man am besten „schlagfertig“. Um dies auch aus dem Stehgreif zu können, empfiehlt es sich, vorweg für solche Situationen mehrere allgemeine Bemerkungen vorzubereiten. Beispielsweise könnte man sagen: „Andere sind schon morgens blau, ich werde lieber gelegentlich rot.“ „Lieber rot, als leichenblass“. „Würden Sie lieber schwarzsehen? Ich halte rot für lebendiger.“ „“Kaltherzigkeit anderer lässt meine innere Heizung anspringen.“ „Rot ist nun mal die Farbe der Liebe“ usw. Wenn man etwas böswilliger sein will, könnte man auch sagen: “Wenn ich so blass wäre wie du, würde ich auch mit solchen Bemerkungen von mir ablenken.“ „Schon mal was von Fremdschämen gehört? Ich schäme mich gerade für die Dummheit deiner Bemerkung.“

Gibt sich Erröten von selbst?

Der Satz „Das gibt sich mit der Zeit“ gilt in der Regel nur für den Fall, dass man das Erröten konsequent ignoriert und es nicht – wie man in der Psychologie sagt – ständig neu „verstärkt“. Denn jedes Mal wenn man sich doch wieder aufregt oder schämt, wird die Stoppuhr gleichsam automatisch neu auf Null gestellt und fängt das Warten von vorne an (mit einem Nachteil: Die Wartezeit wird jedes Mal eher etwas länger). Wer es nicht schafft, das Erröten komplett zu ignorieren, sollte sich lieber auf die oben beschriebenen aktiven Strategien verlassen (über sich selbst schmunzeln, mögliches Erröten aktiv vorwegnehmen, schlagfertig auf Bemerkungen reagieren). Je häufiger man auf diese Weise Erfolg hat, umso eher wird sich das Problem verabschieden.