Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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"Nervenbahnung (Neuroplastizität)"


Die Art und Weise, wie wir denken, fühlen und uns verhalten, ist in unserem Nervensystem mehr oder weniger festgelegt. Für das Ergebnis spielt ein große Rolle, wie stark oder schwach die Verknüpfung zwischen den beteiligten Nervenzellen ist: Je stärker die Verknüpfung ausfällt, umso unwahrscheinlicher ist, dass sich in unserem Denken, Fühlen und Verhalten etwas ändern wird. Dank der Erkenntnisse der modernen Hirnforschung wissen wir, dass die wiederholte „Benutzung“ zweier in Kontakt stehender Nervenzellen dazu führt, dass die Verbindung zwischen ihnen an Stärke zunimmt (Man spricht in diesem Zusammenhang auch von „Bahnung“). Es ist ähnlich wie bei einem Muskel, der durch häufige Aktivierung kräftiger wird. So erklärt sich, warum in unserem Nervensystem bei neuen Aufgaben vor allem solche Programme „anspringen“, bei denen bereits kräftige Verknüpfungen zwischen den beteiligten Nervenzellen bestehen. Auch hier passt der Vergleich mit den Muskeln: Wer nur kräftige Beinmuskeln hat, wird zum Heben schwerer Gegenstände vor allem diese einsetzen. Die Nachteil ist, dass die Beine immer kräftiger werden und andere Muskeln – mangels Benutzung – verkümmern.

Auch ein anderes Bild aus dem Alltag kann die Situation in unserem Gehirn gut veranschaulichen. Stellen Sie sich vor, dass sie mit einem vollen Reisebus in einem Skigebiet mit hohem Schnee ankommen. Schon beim Aussteigen erkennen Sie sofort, dass es zum Skilift nur zwei Wege gibt: einen breit getrampelten und gut begehbaren Pfad und die Stapfen eines Einzelgängers, der im hohen Schnee ein paar Stapfen hinterlassen hat. Welchen Weg werden die Neuankömmlinge wohl nehmen? Die Antwort fällt nicht schwer: Fast alle werden sich für den bequemen Weg entscheiden. Dies führt dazu, dass dieser noch besser ausgetrampelt und so für künftige Ausflügler noch attraktiver wird. Und ähnlich verhält es sich auch in unserem Gehirn. Wenn dort einmal ein Muster stabil angelegt ist (im Denken, Fühlen oder Verhalten), wird das Gehirn auf jeden noch so neuen Reiz reagieren, indem es ihn bevorzugt in den alten Bahnen verarbeitet. Und genau hier können Psychotherapie und Coaching einsetzen: Sie motivieren dazu, neue „Bahnen“ anzulegen, was anfänglich oft mühsam und schwierig erscheint (So wie es anstrengend ist, im hohen Schnee eine Spur zu treten). Je häufiger der Pfad jedoch begangen wurde, umso mehr wird er sich zu einem geräumigen Weg entwickeln. Im optimalen Fall ist er so breit und komfortabel, dass sich Neuankömmlinge (neue Reize, neue Informationen) spontan für die neue Bahn entscheiden. Wer kein Freund von Schnee ist, kann sich anstelle des hier vorgeschlagenen Bildes auch einen Wald voller Dickicht vorstellen, durch den einerseits ein breiter Weg, andererseits ein weitgehend verwachsener und bislang nur von wenigen genutzter Kriechpfad führt.


Thomas Cook - die ganze Welt des Reisens.


Die benutzten Bilder verdeutlichen ein weiteres: Zwar ist es lebenslang möglich, neue attraktive Wege im Gehirn zu „bahnen“, gleichzeitig bleiben die alten Pfade aber lange erhalten. Je mehr sie emotional eingebrannt sind, umso schwieriger ist es, sie durch neue Erfahrungen zu löschen oder zu „überschreiben“. So erklärt sich, warum es immer wieder (anfänglich häufiger als später) zu „Rückfällen“ in die alten Gleise kommt. Dies ist keine Tragödie, da die neue Bahn ja weiter existiert und schon beim nächsten Anlauf anstelle der alten benutzt werden kann. Zudem können Rückfälle dem Betroffenen verdeutlichen, dass er sich vorübergehend ein bisschen mehr auf das Gehen konzentrieren, an Weggabelungen (vor Entscheidungen) möglichst den neuen Weg wählen und sich nicht durch die „Macht der Gewohnheit“ auf alte Pfade verlocken lassen sollte.

Bei Ängsten und Depressionen können Nervenbahnungen besonders stabil und mächtig sein und die Betroffenen in starren Muster gefangen halten. In einem solchen Fall helfen oft Medikamente („Antidepressiva“, „Anxiolytika“, „Neuroleptika“) oder Ausdauersport weiter. Antidepressiva und Sport scheint gemeinsam zu sein, dass sie im Gehirn vermehrt „Nervenwachstumsfaktoren“ freisetzen. Letztere fördern die Neubildung und Neuvernetzung von Nervenzellen (so genannte Neuroplastizität).