fzm - Jede zehnte bis
zwanzigste Krebserkrankung ist erblich bedingt. Die Menschen erkranken,
weil ein oder mehrere Gene die Entstehung des Tumors begünstigen. Häufig
besteht dann die Gefahr weiterer Tumoren, und auch enge Verwandte der
Krebspatienten sind krebsgefährdet. Eine humangenetische Untersuchung
würde vielfach Klarheit verschaffen. Doch nur wenige Betroffene nehmen
die Dienste der Humangenetiker in Anspruch, beklagt der Psychologe
Gregor Weißflog von der Universität Leipzig in einem Beitrag der DMW
Deutschen Medizinischen Wochenschrift (Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
2006).Ein erster Hinweis auf eine
erbliche Krebsform liegt laut Weißflog vor, wenn zwei oder mehr enge
Verwandte am gleichen Krebs erkranken. Ein weiteres Kennzeichen ist ein
ungewöhnlich junges Erkrankungsalter. Wenn dann eine der etwa 25
verschiedenen Krebserkrankungen vorliegt, bei denen eine Vererbung
möglich ist, sollten die Patienten von einem Humangenetiker untersucht
werden. Dieser führt dann eine Stammbaumanalyse durch. Häufig kann der
Verdacht auch durch einen Gentest bestätigt werden. Doch Beratungen sind
die Ausnahme: "Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass nur zwölf Prozent
der Patienten mit Verdacht auf einen erblichen Tumor eine Beratung
erhalten", berichtet Weißflog. Der Psychologe vermutet, dass viele Ärzte
die Patienten nicht auf die Möglichkeit hinweisen. Warum dies nicht
geschieht, darüber kann Weißflog nur spekulieren. Vielleicht seien viele
Ärzte unzureichend informiert oder Zeitdruck und andere Hemmnisse halte
sie davon ab, ihre Patienten ausreichend zu befragen. An
Fortbildungsmöglichkeiten oder Nachschlag-Manualen fehle es jedenfalls
nicht und auch die Richtlinien der Bundesärztekammer würden die Beratung
fordern. Wenn sie unterbleibe, dann habe dies für die Patienten und für
eventuell betroffene Angehörige negative Auswirkungen. Weißflog: "Für
einige genetisch bedingte Krebserkrankungen konnte bereits nachgewiesen
werden, dass die Sterberate durch eine Früherkennung gesenkt werden
kann."
G. Weißflog et al.:
Bedeutung der Identifikation von hereditären Tumorerkrankungen in der
onkologischen Routinediagnostik
Deutsche Medizinische Wochenschrift 2006; 131 (1/2): 26-28
Quelle: Thieme-Verlag |