mit Komplimenten
gemacht). Aus der Vielfalt möglicher Beobachtungen wählt das Kompliment
bewusst positive Merkmale aus und bringt sie gegenüber dem Beobachteten
zum Ausdruck. Das Kompliment teilt dem Betreffenden mit, dass er nicht nur
wahrgenommen, sondern in den besonders hervorgehobenen Merkmalen auch
wertgeschätzt wird. Insofern ist das „beste Kompliment“ immer ein ganz
individuelles und nicht eines, das auf 1.000 andere Situationen genauso
passt. Indem Komplimente verraten, wie man auf andere wirkt, tragen sie
zur Entwicklung eines Identitätsgefühls bei („Wer bin ich?“).Echte
Komplimente werden in aller Regel gerne („mit Freude“) erteilt, haben also
meist ein positives Gefühl als Grundlage. Da ein passendes Kompliment in
der Regel beim Empfänger ebenfalls ein positives Gefühl (nämlich „Freude“)
auslöst, empfinden Komplimentgeber und Komplimentnehmer vorübergehend
ähnlich („emotionale Resonanz“), was Menschen sehr verbinden kann.
Offenbar erzeugen Komplimente zwischenmenschliche Sympathie und fördern
Beziehung, indem sie drei von fünf wesentlichen Voraussetzungen einer
optimalen Beziehung erfüllen: 1. Sie fördern das Sehen und Gesehenwerden,
2. Sie lenken die Aufmerksamkeit der Beteiligten auf ein gemeinsames
Thema, 3. Sie fördern das gemeinsame Teilen eines positiven
Gefühlszustandes (Die beiden noch fehlenden Merkmale sind: Gemeinsames
Handeln und Wechselseitiges Verstehen von Motiven und Absichten).
Komplimente sollten weitgehend zweckfrei, also
insbesondere nicht zur „Manipulation“ des anderen eingesetzt werden
(Stichwort: „Hinauskomplimentieren“). Insofern sind Komplimente vom „Lob“
zu unterscheiden. Das Lob wird typischerweise eingesetzt, um einen anderen
Menschen in einer Entwicklung zu bestärken, insbesondere zu einem
Verhalten zu veranlassen, an der meist nicht nur der Gelobte, sondern auch
der Lobende ein Interesse hat. Lobe findet man daher insbesondere auch in
hierarchischen Beziehungen, in denen der Gelobte einer anderen Person
untergeordnet ist (wie Eltern, Lehrern, Vorgesetzten). Beim Lob teilen
Lobender und Gelobter nicht unbedingt den gleichen Gefühlszustand.
Im
zwischengeschlechtlichen Bereich erteilen die Männer den Frauen vermutlich
häufiger Komplimente als umgekehrt. Dagegen ist es zwischen Männern selbst
eher unüblich, sich Komplimente zu machen. Männer setzen hier
wahrscheinlich, wenn überhaupt, eher das „Lob“ ein. Noch immer haben viele
Männer die Einstellung: „Wenn ich nichts sage, ist alles in Ordnung“ oder
„Ich melde mich schon, wenn etwas nicht mehr stimmt“. Frauen machen sich
gegenseitig wohl eher Komplimente. Und nicht zuletzt: Auch sich selbst
kann und sollte man Komplimente erteilen.
Wie bei
jeder anderen Information gehen auch Komplimente mit mindestens vier
unterschiedlichen Funktionen einher: Auf der Sachebene
transportieren sie eine Aussage über den Beschriebenen. Auf der Ebene der
Selbstbeschreibung verraten sie über den Komplimentgeber, dass
dieser seine Aufmerksamkeit auf den anderen gerichtet hat und offenbar
wohlwollend gestimmt ist. Auf der Appellebene lässt sich
heraushören, dass der Komplimentgeber beim Komplimentempfänger ein gutes
Gefühl, insbesondere Zufriedenheit, möglicherweise auch eine bessere
Selbstwahrnehmung fördern will. Auf der Beziehungsebene kommt zum
Ausdruck, dass der Komplimentgeber sich für den Komplimentempfänger
interessiert und ihm offenbar wohlgesonnen ist. Nicht jedes Kompliment
wird als solches überhaupt erkannt. Denn für Kommunikation gilt „Über den
Inhalt einer Botschaft entscheidet der Empfänger“. So kann der Satz „Der
Nachtisch ist dir besonders gelungen“ von dem Empfänger dieses
ursprünglich als Kompliment gedachten Satzes sogar als Kritik
interpretiert werden („Aha, also will er mir durch die Blume sagen, dass
ihm der Braten nicht geschmeckt hat.“). Mitunter lohnt es daher
nachzufragen, ob und wie ein Kompliment angekommen ist.
Die Art und
Weise von Komplimenten und deren Häufigkeit hängt immer auch von
kulturellen Umständen ab. Das sollte man in einer Zeit der Globalisierung
und angesichts eines zunehmenden Anteils ausländischer Mitbürger besonders
berücksichtigen. So ist ein Komplimentempfänger in China kulturell
offenbar dazu verpflichtet, ein Kompliment mehrfach zurückzuweisen, etwa
mit Bemerkungen wie „Sie übertreiben“ oder „Zuviel des Lobes“. Dagegen
nimmt man in Europa Komplimente eher dankend an und weist sie nicht erst
mehrfach zurück.
Wozu nutzen Komplimente?
Komplimente sind eine relativ einfache und sehr oft
erfolgreiche Form der Gesprächseröffnung, Kontaktpflege und
Gesprächslenkung. Sie bietet sich deshalb nicht zuletzt auch für
schüchterne Menschen an. Neben dem Lächeln gehören Komplimente sicher zu
den optimalsten Möglichkeiten, Kontakt aufzunehmen.
Komplimente wecken die
Aufmerksamkeit und das Interesse des Komplimentempfängers am
Komplimentgeber und stellen so eine Verbindung zwischen beiden her. Nicht
selten fühlt sich der Komplimentempfänger seinerseits motiviert, sich in
Form eines Gegenkompliments zu bedanken. Das wiederum setzt voraus, dass
auch er sein Gegenüber genauer wahrnimmt um Komplimentwürdiges zu
entdecken. So kann sich dann eine erfreuliche Dynamik entwickeln.
Indem Komplimente ausschließlich positive
Eigenschaften eines Beteiligten thematisieren, stellen sie persönlich
interessante und angenehme Gesichtspunkte in den Mittelpunkt des
Gesprächs, was sich fast immer auf die Beziehung und das
zwischenmenschliche Klima günstig auswirkt. Komplimente sind für alle
Beteiligten von Vorteil: Dem Komplimentgeber erleichtert das Kompliment
die Gesprächsgestaltung, zugleich schult er sein Auge für das Schöne und
Gelungene in dieser Welt. Beim Empfänger verbessert das Kompliment
Wohlbefinden und Selbstwertgefühl. Er erfährt, dass man ihn wahrgenommen
hat und die im Kompliment beschriebenen Eigenschaften schätzt.
Besonders beim Flirt
erzeugen Komplimente eine nicht nur angenehme, sondern auch prickelnd
erotische Atmosphäre. Komplimente können hier mitunter „spielerisch“
wirken. Sie verdeutlichen dem Gegenüber, dass man Interesse an ihm oder
ihr hat und dass man sich auf ihn oder sie bezieht, also eine „Beziehung“
möchte.
Wie gibt man richtig Komplimente?
Das aller Wichtigste
ist, Komplimente ehrlich und aufrichtig zu geben. Man spricht in diesem
Zusammenhang von „authentischem Verhalten“. In aller Regel spüren
Menschen, ob ein Kompliment von Herzen kommt oder übertrieben ist oder an
den Haaren herbeigezogen wird. Allerdings ist ein „strategisches
Kompliment“ immer noch besser als gar kein Kompliment, da es zumindest
etwas Wirkung entfaltet (ähnlich wie man eine gekaufte Massage genießen
kann, auch wenn eine Liebesmassage durch den Partner noch besser wäre).
Komplimente können sich auf fast alles beziehen: vom Aussehen, über das
Verhalten bis hin zu den Lebensumständen (wie z.B. der Wohnung, dem Beruf,
den Kindern, dem Auto usw.). Je mehr das Kompliment mit den persönlichen
Merkmalen, Gefühlen und Verhaltensweisen des Komplimentempfängers zu tun
hat, um so stärker wird es wirken. Denn ein schönes gekauftes
Kleidungsstück hat weniger mit einer Person zu tun als beispielsweise
deren sympathisches Lächeln oder ihre Schlagfertigkeit oder ihr Geschick
mit chinesischen Stäbchen umzugehen. Schon eine Bemerkung wie „Das haben
Sie gerade sehr schön ausgedrückt“ kann ein wertvolles Kompliment sein. Um
Komplimente geben zu können, ist es erforderlich, andere gut wahrnehmen
und so „Komplimentwürdiges“ entdecken zu können. Einen Sonderfall stellen
Menschen dar, die nach Komplimenten hungern und dies anderen auch
signalisieren (sogenanntes Fishing for compliments). Solche Menschen haben
meist ein sehr schwaches Selbstwertgefühl und hungern daher regelrecht
nach Komplimenten. Ihr Verhalten erschwert es, echte Komplimente zu
erteilen (die ja das Ergebnis einer neutralen Beobachtung und nicht einer
Bestellung sein sollten und in der Regel „mit Freude“ gegeben werden).
Mitmenschliche Gründe legen es oft nahe, das schwache Selbstwertgefühl
solcher Personen mit einem Kompliment zu stärken, auch wenn dies oft einen
schalen Geschmack hinterlassen wird. Interessanter hat das Wort
„Kompliment“ in seiner sprachlichen Herkunft mit „Auffüllen“ zu tun. Dies
würde sehr gut zu der Vorstellung, dass die Vorräte an Selbstwert bei
mancken Komplimenthungrigen Menschen sehr kärglich sind, also aufgefüllt
werden müssen.
Vom „Fishing for
Compliments“ sollte man unbedingt solche Menschen unterscheiden, die
aufrichtig und mit Recht auf etwas stolz sind. Solchen Personen braucht
man Komplimente nicht deshalb vorenthalten, weil man befürchtet, dass die
Adressaten vor Stolz platzen. Diese Sorge ist selten berechtigt. Mit
Komplimenten sollten man nie geizen. Denn man selbst wird dadurch nicht
ärmer, die zwischenmenschlichen Beziehungen dagegen an Freude und
Intensität reicher. Als Faustregel hat sich bewährt, nicht zu Bett zu
gehen, bevor man nicht wenigstens drei Komplimente erteilt hat. Diese
müssen nicht nur im Familien- und Bekanntenkreis verschenkt werden, auch
die Verkäuferin im Supermarkt oder ein Kunde in der Warteschlange am
Bahnhof können sich über ein unerwartetes Kompliment freuen. Wer sich mit
Komplimenten noch schwer tut, sollte sich gezielt darin trainieren. Dies
kann darin bestehen, sich mehrere Wochen lang täglich (!) konsequent dazu
anzuhalten, vor dem Schlafengehen anderen Menschen und sich selbst
mindestes 5 Komplimente pro Tag gemacht zu haben. Wer sich dies nicht zur
Gewohnheit macht, wird über kurz oder lang wieder komplimentfrei und
dadurch erfahrungsärmer weiter leben. Da komplimentfreudige Menschen ihr
inneres Navigationsgerät auf die Suche nach Positivem geeicht haben,
erleben sie die Welt oft als schöner und angenehmer als
„Komplimentanalphabeten“.
Wie nimmt man Komplimente an?
Vorab ist es entscheidend, ein Kompliment
überhaupt als solches zu erkennen. Denn manchmal sind Komplimente auch
verpackt, etwa wenn jemand am Ende einer Einladung zum Nachmittagskaffee
nur sagt „Das war ein schöner Nachmittag.“ Damit dürfte nicht nur der
Sonnenschein im Garten gemeint sein, sondern auch die gelungenen
Bemühungen der Gastgeberin. Am besten reagiert man auf ein Kompliment
durch ein aufrichtiges und klares „Danke“. Oder: „Schön, dass Ihnen das
gefällt.“ Oder: „Es freut mich sehr, das zu hören.“ Leider tun sich viele
Menschen schwer, Komplimente anzunehmen. Sie erröten, werden verlegen oder
misstrauen dem Kompliment. Vermutlich handelt es sich dann um Menschen,
die ein geringes Selbstwertgefühl haben – was wiederum auch darauf beruht,
dass sie im bisherigen Leben vergleichsweise wenig Komplimente erhalten
haben. Solche Personen müssen regelrecht üben, Komplimente nicht nur
dankbar, sondern stolz anzunehmen. Als Adressat eines Kompliments vergibt
man sich nichts, wenn man betont, wie sehr man sich über das Kompliment
freut (was ja in aller Regel auch den Tatsachen entspricht). Für den
Komplimentgeber ist dies eine erfreuliche Rückmeldung, da er so erfährt,
dass er durch sein Kompliment etwas Gutes bewirkt hat.
Warum tun sich manche Menschen schwer mit
Komplimenten?
Der Umgang mit Komplimenten ist eine
Übungssache. Die Situation ist vergleichbar mit einem Schüler, der es
nicht gelernt hat, sich aktiv im Unterricht zu melden. Ihm ist auch wenig
geholfen, wenn man ihm nur den Tipp gibt, dies künftig vermehrt zu tun.
Erst ausreichende Übung lässt das Ganze zu einer „Gewohnheit“ werden.
Wenn ein Mensch sich damit schwer tut, anderen
Komplimente zu machen, liegt dies nicht selten daran, dass der Betreffende
selbst bisher zu wenige Komplimente erhalten hat. Er weiß dann gar nicht,
wie sich so etwas anfühlt und wie gut man mit Komplimenten Beziehungen
gestalten kann. Möglicherweise hat der Betreffende auch schlechte
Erfahrungen gemacht, weil er erleben musste, dass Komplimente nicht echt
gemeint waren, sondern der Manipulation oder lediglich der Form dienten.
Wer so etwas erlebt hat und dadurch skeptisch wurde, unterstellt
automatisch, dass auch andere Menschen Komplimenten nur mit Misstrauen
begegnen werden.
Nicht zuletzt ist denkbar, dass vor allem
Vorurteile den Betreffenden abhalten, Komplimente zu machen. Denn
Komplimenten haftet mitunter etwas „Anrüchiges“ an, da man sie mit
„Einschleimen“ in Verbindung bringt. In diesem Punkt ist es wichtig sich
vor Augen zu führen, dass beim „Einschleimen“ in aller Regel keine ehrlich
gemeinte Aussage im Vordergrund steht, man eigentlich von einem
„Kompliment“ gar nicht reden darf. Hier wird das sog. Kompliment
missbraucht. Das ist auch der Fall, wenn man jemanden
„hinauskomplimentiert“, also ihn – verpackt in nette Worte – letztendlich
hinauswirft. Beide erwähnten Beispiele verdeutlichen, dass prinzipiell
gute Dinge sich fast immer auch missbrauchen lassen (so wie man ein Messer
zum normalen Schneiden, aber auch zum Morden verwenden kann). Manchen
Menschen kommen Komplimente auch „künstlich“ vor. Das mag zum einen daran
liegen, dass die Betreffenden noch wenig Erfahrungen mit
Komplimenterteilungen haben und sich dabei schwer tun. Zum anderen liegt
es vermutlich auch an der Geschichte der Komplimente, die ihren Ursprung
offenbar in höfischen Zeremonien hatten. Bei den letztgenannten waren
Ritual und Übertreibung tatsächlich für Komplimente charakteristisch. Wie
viele andere Kommunikationsformen (siehe die Begrüßungsarten, etwa in Form
eines Knicks) haben sich auch Funktion und Inhalt von Komplimenten im Lauf
der Jahrhunderte weiterentwickelt.
Kommen Leute, die Komplimente geben können, im
Leben weiter als andere?
Dazu gibt es noch keine Untersuchung.
Vermutlich trifft dies zu, da Komplimente Beziehungen fördern und die
Wertschätzung des Komplimentgebers begünstigen. Das „Weiterkommen durch
Komplimente“ dürfte sich vor allem auf den sozialen Bereich beziehen, da
sich technische und andere fachliche Fragestellungen allein durch
Komplimente nicht lösen lassen. |