Vielen Menschen fällt es leichter, Fehler und Versagen anderer
wahrzunehmen, statt deren Fähigkeiten und Erfolge. Sie sehen zum Beispiel
nicht, dass jemand überhaupt etwas getan hat oder was jemand gut gemacht
hat. Vielmehr nehmen sie in erster Linie wahr, was nicht geschehen ist
oder wo Fehler vorliegen. So fällt es ihnen leichter, am Partner zu
kritisieren, was ihnen missfällt, als positiv hervorzuheben, was ihnen
gefällt. Es lohnt sich, dieser negativen Tendenz im Alltag bewusst zu
werden und die Aufmerksamkeit auf Positives beim anderen zu richten.
Dadurch fühlt sich dieser angenommen und geliebt. Umgekehrt kann er auch
Sie und andere besser akzeptieren.
Barmherziger mit sich umgehen!
Im
Allgemeinen behandeln wir andere Menschen genauso wie uns selbst. Es lohnt
daher, folgende Prinzipien zu beachten:
1.
Vorhandenes wertschätzen/den inneren Kritiker entthronen
2.
Mit
Unsicherheit/Störungen leben lernen
Diese
Fragen können Ihnen dabei helfen:
Sehe ich auch bei mir öfter, was ich nicht gut
kann (mein „Versagen“) und das, was ich noch nicht geschafft habe, als
das, was mir gelingt bzw. was ich schon erreicht habe?
Tipp:
Notieren Sie abends vor dem Zubettgehen, was Sie gut gemacht bzw.
geschafft haben. Rechnen Sie es nicht gegen das auf, was noch nicht so gut
geklappt hat! Anerkennen Sie Ihre Erfolge selbst! Sie müssen nicht
alles gut gemacht haben. Kein Mensch macht immer alles „gut“
und „richtig“! Gehen Sie barmherzig mit sich um. Gestatten Sie sich
Fehler, vor allem wenn Sie bereit sind, daraus zu lernen. Sie müssen nicht
perfekt sein!
Könnte es sein, dass
Sie oft so unzufrieden mit sich sind, weil Sie unrealistische
Erwartungen an sich stellen? Nehmen Sie sich oft mehr vor, als Sie
schaffen können?
Tipp:
Machen Sie sich bewusst, dass kein Tag ohne „Störungen“ verläuft. Fast
immer werden Sie von Alltäglichem, von überraschenden Bitten und
Erwartungen anderer und von Dingen, die schief laufen, „aus der Bahn
geworfen“. Machen Sie sich also bewusst, dass „Unvorhergesehenes“ zum
Alltag gehört. Dann werden Sie sich vielleicht weniger vornehmen und
dementsprechend weniger frustriert sein. Verabschieden Sie die Illusion,
dass immer alles nach Plan geht!
Der Umgang mit
anderen: Ein Lob auf das Lob
Übertragen Sie im nächsten Schritt, was Ihnen im Umgang mit sich selbst
gut getan hat auf Ihre Beziehung zu anderen. Versuchen Sie wahrzunehmen,
was Sie bisher übersehen haben: Was hat ihr Partner geschafft? Was ist
trotz aller Fehler im Diktat ihrer Tochter richtig (vielleicht sogar
besser als im letzten)? Was an der Arbeit ihres Mitarbeiters ist gelungen?
Vielleicht hilft es Ihnen, sich manchmal bewusst zu machen, dass sich der
andere bemüht hat und es sicher gut machen wollte. Oder: Schauen
Sie sich ihre/n Partner/in öfter mal genauer an: Was gefällt Ihnen an
ihr/ihm? Was mögen Sie an ihr/ihm? Geben Sie sich selbst Erfolgspunkte,
wenn Sie Positives an anderen Personen entdecken konnten. Durch diese
Fähigkeit, verhelfen Sie nicht nur dem anderen zu einem glücklicheren
Leben, sie erleichtern es auch sich selbst, glücklicher zu sein. Denn Sie
machen sich bewusst, was um Sie herum positiv ist, was Sie mögen, was
Ihnen gut tut, statt sich auf das Negative und Stimmungsverderbende zu
konzentrieren. Oft laufen Menschen ein Leben lang dem Glück hinterher,
weil sie die kleinen, glücklichen Momente ihres Lebens nicht wahrnehmen!
Vielleicht können Sie sich in diesem Prozess zu etwas mehr Dankbarkeit
trainieren. Genießen Sie, was Sie haben, statt sich über das zu
beschweren, was Ihnen (immer noch) fehlt.
Einen
weiteren großen Schritt machen Sie, wenn Sie das von Ihnen erkannte
Positive dem andern gegenüber auch ausdrücken. Diese Fähigkeit stärkt das
Wohlbefinden des andern und die Beziehung zwischen Ihnen beiden. Das
ausgesprochene Lob gibt auch Ihnen selbst einen Grund zur Freude!
Hinderungsgründe
-
Manche Menschen sind in ihrer Kindheit nur selten oder nie gelobt
worden. Vermutlich wurden sie von ihrer Umwelt kaum, auf jeden Fall
aber zu wenig wahrgenommen oder es wurde vor allem das angesprochen, was
fehlte oder nicht gut genug erschien. Dadurch blieb es ihnen fremd,
selbst Lob zu verteilen. Aber es ist nie zu spät, etwas zu lernen! Was
hindert Sie daran, künftig Positives am andern zu sehen und
auszudrücken?
-
Vielleicht denken Sie, der andere könnte annehmen, dass Sie sich nur bei
ihm „einschmeicheln“ wollen. Solche Strategien gibt es natürlich.
Wenn Sie aber ehrlich bleiben, also nicht falsche Komplimente machen,
wird Ihr Gegenüber mit der Zeit spüren, dass Sie es ernst meinen.
-
Vielleicht fühlen Sie sich dem andern gegenüber minderwertig und
denken, dass man nur Komplimente machen kann, wenn man überlegen ist.
Aber warum soll das denn so sein? Jeder kann jeden loben. Vielleicht
müssen Sie sich einfach erst daran gewöhnen und eine gewisse Scham
überwinden.
-
Möglicherweise fühlen Sie sich dem andern gegenüber überlegen und
denken, er oder sie hätte es nicht verdient, ein Kompliment zu erhalten.
Mit dieser Einstellung dürfte allerdings kein Lehrer je einem Schüler
ein Lob erteilen. Wie giftig eine solche Haltung wäre, wird Ihnen sofort
einleuchten, wenn Sie sich an mangelndes Lob in der eigenen Kindheit
erinnern.
-
Vielleicht befürchten Sie, Ihr Gegenüber könnte durch „zu viel Lob“
überheblich werden, sich Ihnen gar überlegen fühlen oder sich
künftig weniger bemühen. Falls Sie so denken, sollten Sie sich fragen,
ob es Ihnen nicht selbst an Selbstbewusstsein, Selbstsicherheit und
Vertrauen in die Beziehung zum anderen mangelt.
Tragen Sie in die
Tabelle ein, was Sie an sich selbst, an Ihrem momentanen Leben und an
wichtigen Bezugspersonen schätzen:
Mir gefällt: |
an mir selbst |
an meiner
Lebenssituation |
an meinen
Bezugspersonen |
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