Nach Abschluss Ihrer letzten "Geschichte" fasst
die Patientin ihre Erfahrungen beim Niederschreiben ihrer Kurzbiografie
wie folgt zusammen:
Das Aufschreiben der Geschichten hat mir - so viel kann ich bereits jetzt
sagen - sehr geholfen. Schon lange wühlten, würgten und rumorten die
'Geschichten' in meinem Gefühl und Gedanken.
Beim Aufschreiben, war es nötig, mir und dem evt.
Leser das gefühls- und verstandesmäßig Durchlebte genau klarzulegen. Das
Aufschreiben bringt zu einer Klarheit und Ordnung in Gedanken und Gefühlen
und kann auch beim Prozess des Durchdringens und Abschließens helfen. Es
wühlte mich einerseits sehr auf, beruhigte mich aber auch zunehmend mit
Fertigstellen der Geschichten.
Symbolisch habe ich mir einen Ordner angelegt, in
dem ich die Geschichten demonstrativ abgelegt habe, (vielleicht kann man
ja das Unbewusste etwas überlisten) in der Hoffnung, auch die Geschichten
ein stückweit "ablegen" zu können.
Das Aufschreiben zwang mich dazu, die Geschichten
noch einmal durchzudenken bzw. nach zu erleben und ich versuchte, diesen
Prozess zu unterstützen, indem ich mich möglichst tief in die damalige
Situation hineinversetzte.
Interessant war es, wie ich bzw. mein Körper auf die
'Geschichten' verschieden bzw. mehr oder weniger reagierte. Bei einigen
flossen Tränen, rebellierte mein Magen (Zufall?, oft noch stundenlang).
Manche bereiteten mir Schweißausbrüche.
Einige Geschichten kaute ich nächtelang 'vor' oder
'nach' (richtige Psychoarbeit') Manche brachten mich auch zu einer
sofortigen Verhaltensänderung (z.B. schlafe ich jetzt bewusst in einem
dunklen Raum, um meine Angst davor zu überwinden)
Wenn ich auch die 'Geschichten' alle im Kopf hatte,
so ist mir bei einzelnen Geschichten entweder etwas ganz Neues oder deren
Stellenwert neu bewusst geworden. Zurückgeführt auf die mehr oder weniger
emotionale Intensität, erschlossen sich mir einige besondere Geschichten
als sog. 'Schlüsselgeschichten'.
Zu einer besonderen Schlüsselgeschichte
kristallisierte sich dadurch Teil 3, aber auch 4, 5 und 7 heraus, was den
Aufbau einer evt. Angstbereitschaft anbelangt.
Teil 8 und 15 sind wohl die 'gegensätzlichen'
Schlüsselgeschichten, die halfen Selbstbewusstsein und
Unabhängigkeitsstreben aufzubauen.
Ausdrücklich freut es mich, dass ich fühle, in
meinem inneren Versöhnungsprozess mit meinen Eltern weitergekommen zu
sein.
Ich fühle und denke, das hilft mir auch zu
Beziehungen mit anderen Menschen weiter.
Mir ist aber auch klar geworden ist, dass - falls
meine Mutter früher sterben sollte als ich - ich nur zu ihrem Krankenbett
gehen werde, wenn sie es ausdrücklich wünscht.
Es bleiben einige Stachel und Zweifel, so z.B.: Wo
habe ich Fehler gemacht? (Kann ein Kind Fehler machen?) Wie schlimm muss
ich gewesen sein, dass man mich so ablehnt, oder habe ich mir die
Ablehnung nur eingebildet?
War/bin ich zu anspruchsvoll?
Ich finde, trotz teilweise schmerzhafter Erlebnisse
bin ich eigentlich 'ganz gut gelungen', habe viel erreicht und bin sehr
zufrieden damit.
Warum habe ich mich so entwickelt?:
Es gibt mehrere Möglichkeiten: (wie z.B.)
1. Es war alles gar nicht so schlimm, ich
übertreibe.
2. Ich bin psychisch einigermaßen stark und habe alles annähernd
verarbeitet.
3. Meine Erziehung war gar nicht so schlecht!
4. ........
Es bleiben Zweifel, aber das Aufschreiben der
Geschichten hat mich wieder darin bestärkt, meine Werte und Ziele
möglichst unbeirrt weiterzuverfolgen.
Die Ängste und Phobien die sich in letzter Zeit
immer häufiger gezeigt haben, erkläre ich mir jetzt so: Ich habe als Kind
und Jugendliche gelernt, stark zu sein. Ich musste stark sein, um Probleme
für mich selbständig lösen zu können, schon in sehr frühem Alter. Dadurch
habe ich auch tatsächlich Stärke entwickelt und Selbstbewusstsein
geschöpft.
Es war allerdings eher ein Vorgehen mit der
'Brechstange'. Gefühlsmäßig habe ich die Probleme m. E. nicht lösen
können, da ich sie nicht mit meinen Eltern, sondern 'gegen sie'
gelöst habe. Dies war natürlich auf den 'sprachlosen Raum' zurückzuführen,
indem wir uns befanden. Auch wenn ich das damalige Verhalten unter den
gegebenen Voraussetzungen heute noch richtig finde, da ich in der
damaligen Situation nicht anders handeln konnte, weiß ich heute, diese
Dinge wirken nach!
Ich hatte mir wohl ein Scheingebäude errichtet,
welches nur galt, wenn ich stark bin. Jetzt, wo ich 'schwächle' gerät das
Gebäude ins Wanken und muss neu abgestützt und 'unterfüttert' werden. Mir
ist bewusst geworden, - was ich vorher immer verdrängt habe - dass ich in
der Kindheit viele Ängste gespeichert haben muss (Grund dafür gab es ja
genug, wie ich gemerkt habe).
Durch fehlendes Urvertrauen bereiten mir
Situationen, in denen ich nicht die Oberhand behalte, Angst. Geringste
Gefühle der Schwäche lösen Panik bei mir aus.
Da die Wechseljahre eine Zeit des Abbaus und sich
'schwächer Fühlens' ist, trat wohl jetzt die Angststörung vielleicht auch
begleitet von einer bestimmten hormonellen Lage zunehmend auf.
Mir ist bewusst geworden, dass ich - wenn ich mich
verstandesmäßig auch gut aus meinen Problemen 'herausgearbeitet' habe, ich
gefühlsmäßig noch nacharbeiten muss. Dafür brauche ich professionelle
Hilfe.
Ich danke Herrn Dr. Mück für sein großes Engagement
und Unterstützung. Er hat in vielen Stunden seiner Freizeit im Rahmen der
internetgestützten Therapie meine Geschichten mit Überschriften versehen,
sie damit entsprechend eingeordnet und ins Internet gesetzt.
Er hat mich mit seinen vielen aufmunternden und
wohlwollenden Worten immer wieder von Geschichte zu Geschichte weiter
motiviert, an mir zu arbeiten, indem ich meine Lebensgeschichte
aufschreibe.