Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Teil 28: Affektisolation und "Falsches Selbst" als Überlebensstrategien


Aufgrund meiner empfundenen (vielleicht nicht wirklichen!?) Familiensituation mit für mich primitiv anmutendem Verhalten, war ich lange Zeit sehr verschlossen und spezialisierte mich in der Technik, möglichst wenig von meinem Inneren preiszugeben. Ich erinnere mich daran, dass ich schon als Kind versuchte, möglichst gefühlsmäßig 'unangreifbar' zu sein und spielte die 'Coole' wie man heute wohl sagen würde, aber möglichst so echt, dass man es nicht merkt.

Ich griff teilweise aber auch zu etwas merkwürdigen Verhaltensweisen, um mich bemerkbar zu machen. Wenn mir etwas nicht passte (ca. mit 6 Jahren) oder ich vielleicht etwas durchsetzen wollte (aber evt. auch zu anderen Gelegenheiten, ich weiß es nicht mehr) hielt ich z.B. einfach die Luft an.

Es gab mir ein tolles Machtgefühl, glaube ich. Alle waren aufgeregt, ('das Kind hält die Luft an!), und sie baten mich, doch wieder zu atmen, oder sie schrieen mich beunruhigt an. Stur wie ich war, steigerte ich mich oft sehr in das Luftanhalten hinein. Ich nahm mir dann vor, nie mehr (!) zu atmen, bis ich es nicht mehr aushielt und nach Luft schnappen musste.

Einmal hatte ich es wohl so weit getrieben, dass ich vielleicht schon grün und blau war, jedenfalls hatte mein Vater wohl Angst bekommen, oder er wollte mich erziehen. Er fand, man solle mich nicht länger bitten zu atmen und es im Guten versuchen, sondern eine Trachtprügel müsste her. Er versohlte mir den Hintern und ich traute mich nie mehr, die Luft anzuhalten.

Insgesamt habe ich früher ca. bis zum 25. Lebensjahr weder Familienangehörigen, Lehrern oder Freunden von meinem Unglücklichsein erzählt. Meine Eltern fanden mich - so sagten sie immer - robust und unkompliziert -, mein Bruder war der Sensible, Feinfühlige. Ich fand es auch später innerhalb Freundschaften immer als Kompliment, wenn ich den Eindruck erweckte, dass ich unempfindlich und verschlossen bin, weil dann bestätigt wurde, dass ich mich in einer schauspielerischen Glanzleistung erfolgreich verstellt hatte. Niemand sollte Einblick in mein Wesen bekommen.

Ich sprach nie oder nur zögernd über Dinge, die mich bedrückten, weil ich es als Niederlage empfunden hätte, und tue es heute noch ungern, obwohl ich weiß, das dies kein angemessenes Sozialverhalten ist. Heute kann ich wenigsten über Dinge der Vergangenheit sprechen, die mich bedrückt haben.

Aber ich habe immer noch große Schwierigkeiten über gegenwärtige Dinge zu sprechen, die mir zu schaffen machen, bzw. es überhaupt wahrzuhaben oder wahrzunehmen. Es muss immer schon 'erledigt' sein, dann geht es einigermaßen.

Ich bin weit davon entfernt, diese Emotionen auch 'auszuleben' wie z.B. einfach zu heulen. Ich empfinde einfach nichts oder gehe darüber hinweg, aber die Gefühle sind da, ich weiß es!