Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Teil 22: Eltern wird man nicht los


Eigene Kinder habe ich mir nie zugetraut. Ich fürchtete, wer keine Liebe empfangen hat, kann auch keine geben. Jedenfalls seinen eigenen Kindern nicht. Ich hatte furchtbare Angst davor, genauso zu versagen, wie meine Eltern. Ich wollte meinen Kindern solch eine Familie auch nicht zumuten. Wenn ich das Thema 'Enkelchen' bei meiner Mutter oder meinem Vater in den wenigen Treffen ansprach, winkten sie beide ab, und sagten mir, Opa oder Oma, so alt würden sie sich noch nicht fühlen und wäre nichts für sie. Schon lange getrennt, waren sie sich auch hierin wieder einig.

Ich konnte mir Kinder ohne liebende Großeltern nicht vorstellen und fand es auch nicht wünschenswert. Ich bedaure es nicht, keine Kinder zu haben. Die Entscheidung war unter den gegebenen Voraussetzungen auch aus meiner heutigen Sicht richtig. Irgendwann habe ich den Kontakt zu meinen Eltern vollständig abgebrochen.

Ich hörte auf, mir Gedanken zu machen, wer schuld sei, dass wir uns so schlecht verstanden, ob ich undankbar, ungerecht oder zu empfindlich sei, wie meine Eltern behaupteten. Ich wollte auch ihnen keine Schuld geben, gehasst habe ich meine Eltern nie, sie taten mir dafür zu leid, und ich versuchte die Verachtung und den 'geistigen Ekel', den ich vor Ihnen empfand, zu bekämpfen. Ich fühlte mich einfach nach jedem Kontakt mit meinen Eltern absolut elend. Vielleicht ging es ihnen genau so.

Es endete immer im Streit. Ich konnte es z.B. nicht vertragen, wenn mein Vater mich bei jedem Treffen ziemlich schnell fragte, ob ich endlich verheiratet sei (nein, heiraten war wirklich lange nicht mein 'Ding'), oder meine Mutter (nachdem sie meinen Lebenspartner kennen gelernt hatte und wir schon einiges zusammen unternommen hatten), mich z.B. meinte warnen zu müssen und fragte, ob ich diesen 'Kellner' wirklich heiraten wolle. Mein späterer Mann führte selbständig ein frz. Spezialitätenrestaurant und sie wusste es. Nichts gegen Kellner, ich hätte meinen Mann dann auch geheiratet, aber ich ärgerte mich über die beabsichtigte Abwertung und Verletzung.

Ich begriff, dass es Teil des 'Programms' war, was meine Eltern mir auferlegten, mich schuldig, undankbar und ungerecht zu fühlen. Es war ein schizophrenes Programm, indem ich einerseits abgelehnt wurde, aber andererseits mich nicht wie ein abgelehntes Kind verhalten sollte.

Mir wurde klar, schizophrenen Verhaltensanweisungen oder Situationen (Zwickmühlen, dererlei gab es genug in meiner Erziehung) kann man nur entgehen, indem man den Rahmen sprengt. In der Situation mit meinen Eltern würde es immer wieder zum Streit kommen, es war müßig, darüber nachzudenken, wer schuld ist, denn es belässt einen in weiterer Abhängigkeit. "Schuld" - egal auf welcher Seite - ist meistens nicht zu klären, da die Dinge oft sehr vielfältig sind. Sie sollte nicht der Maßstab des eigenen Verhaltens sein, sondern die eigenen Werte und Ziele sind entscheidend.

Nur die Konzentration auf die eigenen Werte und Ziele bringen einen weiter!

Ich hatte auch ein gewisses Verständnis für das sonderbare Verhalten meiner Eltern. Sie waren zu unreif und konnten nicht anders.

Sie hatten ihre Kinder jung bekommen, waren selbst beides Kriegskinder. Sie hatten selbst auch seitens ihrer eigenen Eltern keine durchweg liebevolle Kindheit genossen. Sie waren im Faschismus groß geworden, der ihnen emotionell und materiell wenig geboten hat. Wer einmal Schulbücher damaliger Zeit aufschlägt, kann sich ein Bild davon machen, wie sehr diese Generation der Gehirnwäsche und emotionaler Fehlgeleitetheit ausgeliefert war und das in jeder Hinsicht.

Meine Eltern hatten das große Pech, dass sie nicht zueinander passten und beide hatten ein großes Bedürfnis etwas nachzuholen. Sie waren beide viel zu sehr mit sich beschäftigt, Kinder passten eigentlich nicht in ihr Leben, auch wenn sie sich vielleicht Kinder und eine gut funktionierende Familie gewünscht haben. Sie wollten sicher auch gute Eltern sein.