Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Teil 10: Kindliche Selbsthilfe und schlechtes Gewissen


Meine Mutter war sehr unglücklich in ihrer Beziehung, das zeigte sie uns fast täglich, aber besonders nach so heftigen Auseinandersetzungen. Sie heulte dann oft tagelang, während mein Vater sich eine zeitlang nicht blicken ließ. Ich versuchte sie zu trösten, ihr etwas im Haushalt abzunehmen, aber sie ließ mich nicht. Ich durfte ihr nicht helfen, das war sehr schlimm. Ich musste mit ihr die Situation ertragen, nichts ließ sich verbessern. Reden ging auch nicht. Meine Mutter beklagte sich auch oft, dass mein Vater ja weggehen konnte, während sie wegen uns zuhause bleiben musste.

Wir gingen als Kinder dann auch oft draußen spielen (mit schlechtem Gewissen!). Wenn wir zuhause sein mussten, schlichen wir unglücklich in der Wohnung herum oder verkrochen uns in unser Zimmer.

Wir wollten unsere Mutter in dieser Zeit natürlich so wenig wie möglich behelligen. Dabei brauchten wir sie doch! Wir mussten Sie um so vieles bitten, auch wenn es ihr schlecht ging. Es war sehr unangenehm.

Essen und Pausenbrote bekamen wir immer ohne zu fragen. Geld war auch immer vorhanden. Schwierig war es mit Unterrichtsmaterialien, die besorgt werden mussten. Wir mussten oft tagelang darum betteln.

Aber besonders schlimm war es mit Unterschriften für Elternbriefe, Klassenarbeiten oder Sonstiges. Meine Mutter vertröstete uns immer wieder, 'jetzt nicht, habe keine Zeit, morgen unterschreibe ich' usw. usf. Oder ich traute mich nicht, sie anzusprechen, weil sie heulte. Ich versuchte immer günstige Momente zu erwischen, damit ich die längst fällige Unterschrift

für die Schule erhaschen konnte. Wenn meine Mutter eine schlechte Note unterschreiben sollte, dauerte es um so länger und sie schluchzte, um so lauter, wenn sie es erfuhr.

Wenn ich dann einen Moment abpasste, wo offensichtlich Zeit war samstags abends vorm Fernsehabend - mein Vater war dann meistens auch da - erklärten sie mir doch tatsächlich des Öfteren 'das wäre nicht so einfach mit der Unterschrift, die wäre viel Geld wert, da könne ja jeder kommen. Man könne doch nicht immer für alles eine Unterschrift geben'. Sie ließen einen auch in guter Stimmung dann oft noch tagelang 'zappeln. Andererseits war dann auch oft urplötzlich eine Unterschrift da. Es war eine schreckliche Zeit. Es viel mir immer schwerer nach den Unterschriften zu fragen, ich brauchte sie aber! Ich war in einer reinen Mädchenschule. (Die Volksschullehrerin hatte meinen Eltern gegenüber 'mindestens die RS!' durchgesetzt) Die Mädchen kamen aus meist wohlbehüteten Elternhäusern und mir schien es, als wäre ich die einzige, die immer sehr verspätet alles beibrachte. Die Lehrer waren alle sehr verständnisvoll und haben deswegen nie mit mir geschimpft. Sie wussten vielleicht mehr als ich dachte. Ich versteckte natürlich meine Probleme, erzählte in der Schule nichts davon.

Ich liebte die Schule und wollte sie nicht gefährden. Als die Qual zu groß wurde - und ich es technisch konnte (Pergamentpapier) fing ich an, - unter großer Angst - Unterschriften der Eltern zu fälschen. Große Angst und natürlich Gewissensbisse hatte ich der Lehrerin, die ich sehr mochte, gegenüber, weil ich sie betrog. Und große Angst, mein Vater würde mich totschlagen, wenn er es erführe. (Als er uns einmal bei einer Lüge ertappte, drehte er durch und verprügelte uns sehr, und das war ja jetzt noch viel schlimmer) Eine zeitlang schlug ich mich noch mit dieser Problematik herum, aber meine Lehrerin muss etwas gemerkt haben, was bei der wohl krakeligen Unterschrift bestimmt kein Wunder war. Ich weiß nur noch, dass meine Mutter, die sonst nie zu den Elternsprechstunden ging, in die Schule musste. Mir wurde nicht gesagt warum, aber ich denke meine Lehrerin hat mit meiner Mutter sicherlich über die gefälschten Unterschriften gesprochen. Denn ab dann war der Spuk mit den Unterschriften vor bei und alles ging immer zügig. Warum nicht gleich so?