USA. Was macht man, wenn
operierte Patienten nicht strahlend auf eine gelungene Operation
reagieren, sondern innerhalb kürzester Zeit depressiv werden?
Aufmunternde Worte oder gar Vorhaltungen helfen dann oft nicht weiter. Des
Rätsels Lösung kann das Gefühl des Patienten sein, dass ihm ein solcher
Erfolg eigentlich nicht zusteht. Wie R. S. Blacher erläutert, tauchen
solche Überlegungen auf, wenn andere Familienmitglieder an der gleichen
Erkrankung gestorben sind oder wenn – wie im Falle einer
Organtransplantation – der Eingriff nur durch den Tod eines anderen möglich
wird.
„Überlebensschuld“ kann in
unterschiedlichen Situationen eine
Depression auslösen. So entsteht sie manchmal
in Kriegszeiten, wenn man als einziger überlebt, und im Alltag, wenn ein
einzelnes Familienmitglied erfolgreicher ist als andere. Auch AIDS-Kranke
reagieren mitunter ähnlich, wenn sie im Gegensatz zu Leidensgenossen auf
lebensverlängernde Medikamente ansprechen („Lazarus-Syndrom“). Das
Schuldgefühl ist oft mit der Vorstellung verbunden, dass ein Ziel nur auf
Kosten eines anderen Menschen erreicht wurde (etwa wenn arme Eltern sich für
die Ausbildung ihres erfolgreichen Kindes „aufopferten“ oder wenn man
als einziges von vielen Kindern studieren konnte). Unter Schuldgefühlen
leiden nicht selten auch gesunde Geschwister von Behinderten.
Wie Blachers Erfahrungen mit
solchen Patienten zeigen, hilft es oft erstaunlich schnell, wenn man den
Betroffenen die beschriebenen Zusammenhänge aufzeigt. Dabei gilt es vor
allem, die Vorstellung zu korrigieren, dass das Glück auf Kosten anderer
erkauft wurde. Die zuletzt genannte Annahme ähnelt der Idee des
„Nullsummen-Spiels“, bei dem jedem Gewinn immer ein Verlust bei einem
anderen entspricht.
R. S.
Blacher: „It isn´t fair”: Postoperative depression and other
manifestations of survivor guilt. General Hospital Psychiatry 2000 (22)
43-48
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